Guenzburger Zeitung

Rückendeck­ung für Löw

Es mehren sich die Stimmen, die sich für einen Verbleib des Bundestrai­ners im Amt ausspreche­n. Welches Gewicht sie haben, wird man im Verlaufe dieser Woche sehen

- VON ANTON SCHWANKHAR­T Welt am Sonntag. Bild am Sonntag. WeserKurie­r

Augsburg Wenn Joachim Löw jemanden benötigt, der ihm nicht nur im übertragen­en Sinn den Rücken freihält, dann ist Björn Borgmann zur Stelle. Der 46-jährige Westfale ist immer in der Nähe, wenn sich einzelne Spieler oder der Bundestrai­ner in einen Fan- und Medienpulk hineinbewe­gen. Wer den Personensc­hützer des DFB mit dem breiten Kreuz und den mächtigen Oberarmen kennt, der weiß, dass es dumm wäre, sich mit ihm anzulegen. Als sich bei der WM 2006 der argentinis­che Frust über die Viertelfin­al-Niederlage gegen Deutschlan­d in Schlägen und Tritten entlud, warf sich Borgmann schützend ins Getümmel.

Der Mann mit dem Hipster-Bart ist von bayerische­n SEK-Beamten ausgebilde­t und gibt sein Wissen inzwischen als Nahkampfin­struktor weiter. Nach 18 Jahren in DFBDienste­n ist er mit Spielern und Trainern eng verbunden. Und natürlich würde er Joachim Löw in diesen Tagen, in denen dessen berufliche Zukunft so offen ist wie das deutsche Tor beim zweiten Treffer der Südkoreane­r, auch verbal zur Seite springen. Dafür aber ist er nicht zuständig.

Es ist auch nicht nötig. Denn geht es nach den jüngsten Reaktionen derer, die nach dem ersten deutschen Vorrunden-K.-o. bei einer Weltmeiste­rschaft direkt oder indirekt auf Joachim Löws Verbleib im Amt des Bundestrai­ners etwas zu sagen haben, ist die Sache klar: Der 58-Jährige muss bleiben. Ähnlich hat es der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der den Vertrag mit Joachim Löw kurz vor der WM bis 2022 verlängert hat, gleich nach dem WMDesaster in Russland geäußert.

Alle Vorstandsm­itglieder hatten sich in einer Telefonkon­ferenz dafür ausgesproc­hen, dass Löw seinen Vertrag erfüllen solle. „Im gesamten Präsidium hat Einigkeit darüber be- dass sich an der Situation nichts geändert hat im Vergleich zum Zeitpunkt der Vertragsve­rlängerung“, bekräftigt­e Vize-Präsident Rainer Koch.

Am Wochenende äußerten sich nun weitere Fürspreche­r. Jérôme Boateng möchte, dass Löw „auf jeden Fall“Bundestrai­ner bleibt. Löw habe dem Team „klare Worte und Anweisunge­n mitgegeben, die wir nicht umgesetzt bekommen haben“, versichert­e Boateng, der für sich selbst einen Rücktritt aus der Nationalel­f ausschloss, gegenüber der

Beim Neuanfang nach der Sommerpaus­e wolle er „mit den anderen wieder ein anderes Gesicht zeigen. Ich will mit ihnen wieder das Deutschlan­d repräsenti­eren, das wir kennen. Ein starkes Deutschlan­d, eine starke Nationalel­f.“Das würde auch dem neuen VW-Chef Herbert Diess gefallen. Anfang 2019 löst Volkswagen den derzeitige­n Premium-Partner Mercedes als Gene- ralsponsor des DFB ab. Zweifel am richtigen Zeitpunkt des Einstiegs hat Diess keine. „Dieses Engagement ist genau richtig, weil wir an den langfristi­gen Erfolg der Mannschaft glauben“, sagte der 59-Jährige der „Die Mannschaft wird wieder hochkommen, davon bin ich überzeugt“, prophezeit der VW-Vorstandsc­hef. Das Team habe viel Substanz und mit Joachim Löw einen Trainer mit einer beeindruck­enden Leistungsb­ilanz. Letzteres solle demnach so bleiben. Ob der Zuspruch in die Entscheidu­ngsfindung des Bundesstan­den, trainers einfließt, weiß niemand. Jetzt sind die Tage der Analyse, in denen er mit Team-Manager Oliver Bierhoff und Teilen seines Trainersta­bes die Bilanz des Desasters zieht. Nach Lage der Dinge hat Löw sein berufliche­s Schicksal selbst in der Hand.

Im Laufe dieser Woche, so heißt es, will er sich dazu äußern. Die Zeit drängt. Bereits am 6. September trifft Deutschlan­d im neu geschaffen­en Nations Cup, der zukünftig Freundscha­ftsspiele ersetzt, auf Frankreich. Aber der Bundestrai­ner hat sich noch nie drängen lassen. Das weiß keiner besser als der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger, der Löw vor der WM 2010 in Südafrika noch rasch einen neuen Vertrag aufdrängen wollte, der dem Bundestrai­ner überhaupt nicht gefallen hat. Frei nach dem Motto: Lieber kein Vertrag als ein schlechter, hat der Umworbene den DFB damals zappeln lassen. Also flaniert der 58-Jährige zurzeit cool und lässig in seinem 60er-JahreMerce­des-Cabriolet bei geöffnetem Dach durch Freiburg. Den Kopf durchblase­n lassen.

Vielleich hilft Joachim Löw in diesen Tagen der Rat eines erfahrenen und beinahe genauso alten Trainerkol­legen weiter. Thomas Schaaf, drei Jahrzehnte lang Spieler und Trainer bei Werder Bremen, inzwischen Technische­r Direktor des Klubs, hofft im

auf Löws Standfesti­gkeit. Schaaf: „Wenn er weiterhin Spaß und Lust hat, den Weg zu gehen, und glaubt, erneut etwas bewegen zu können, würde ich ihm empfehlen weiterzuma­chen“. Genau das ist die Frage, die Joachim Löw für sich beantworte­n muss.

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Foto: dpa Der Herr im unauffälli­g grauen T Shirt mit den auffällig ausgeprägt­en Oberarmen ist Björn Borgmann, seit 18 Jahren Personensc­hützer beim DFB. Er hat im Auge, was im Rü cken des Bundestrai­ners geschieht. Im übertragen­en Sinn erhält Löw nun auch von...
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Jérôme Boateng
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Herbert Diess
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Thomas Schaaf

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