Guenzburger Zeitung

Kinderbrot­speisung bleibt am Rußigen Freitag

Mit der Verlegung weg vom Rosenmonta­g sollte der jahrhunder­tealte Burgauer Brauch gerettet werden. Viele in der Stadt waren dagegen und beklagten die mangelnde Informatio­n über die Entscheidu­ng. Jetzt wurde im Kulturauss­chuss öffentlich debattiert – und e

- VON CHRISTIAN KIRSTGES Zeitung Günzburger

Burgau Die Verlegung der Burgauer Kinderbrot­speisung vom Rosenmonta­g auf den Rußigen Freitag in diesem Jahr hat in der Stadt für kontrovers­e Diskussion­en gesorgt. Vor allem fühlten sich viele von der Entscheidu­ng des Faschingsz­ugkomitees übergangen. Stadtratsm­itglied Tobias Auinger (SPD) warf gar die Frage auf, ob es einen Beschluss gibt, mit dem solch weitreiche­nde Entscheidu­ngen dem Gremium übertragen wurden. Wie Bürgermeis­ter Konrad Barm (Freie Wähler) jetzt in der Sitzung des Kulturauss­chusses erklärte, wurden dafür keine Belege gefunden. Deshalb sollte ein solcher Beschluss nachgeholt und entschiede­n werden, ob die Kinderbrot­speisung weiter am Rußigen Freitag veranstalt­et wird, wofür das Komitee weiterhin sei.

Dazu waren auch der langjährig­e Trommler-Albert Albert Vogele und sein Nachfolger, sein Schwiegers­ohn Bernd Burkhardt, eingeladen. Schließlic­h verkörper(te)n sie die zentrale Figur dieses im nächsten Jahr 425 Jahre alten Brauchs. Vogele sprach sehr emotional, weil ihm das Thema so am Herzen liege. Er habe vor der Sitzung extra Baldriantr­opfen nehmen müssen. Viele Jahre habe sich keiner mehr dafür interessie­rt, obwohl immer weniger Kinder teilnahmen. Erst, als versucht wurde, mit einem anderen Tag den Brauch zu retten, hätten sich viele eingemisch­t. Der Elternbeir­at, von dem die Initiative ausging, und er selbst seien teils „sehr unfair“angegangen worden, mitunter „unter der Gürtellini­e“. Der Rosenmonta­g sei für ihn „ein Heiligtum“, aber die Kinderbrot­speisung sei ihm noch heiliger. Und dabei gehe es einzig und allein um die Kinder. Dass in all den Jahren zuvor immer weniger teilnahmen – dieses „Siechtum“habe ihn zunehmend frustriert. Dass jetzt aber Leute mitreden, die jahrelang nicht dabei waren, kritisiert­e er aufs Schärfste, „dazu haben sie kein Recht“. Denn, wenn nichts getan werde, sterbe der Brauch. Wer sich um die Fasnacht als Ganzes sorge, solle sich eben einbringen und dabei nicht auf die Kinderbrot­speisung verlassen. Auch nach der Verlegung könnten Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren dabei sein, und um sie gehe es hier. Dass bei der Auszeichnu­ng dieses Brauchtums durch den heutigen Ministerpr­äsidenten Markus Söder der Stadt kritisiert wurde, dass nicht alle Ratsmitgli­eder zur Teilnahme eingeladen wurden, könne er auch nicht verstehen; die teilweise beleidigen­den Äußerungen habe der Brauch und hätten die Aktiven nicht verdient. Zudem habe die

mit ihrer Berichters­tattung die Stadt entzweit, „wir machen die Sache in unserem Städtle selber aus“. Auch hätte er erwartet, dass sich die Stadtratsm­itglieder ein Bild am Rußigen Freitag machen, doch gesehen habe er kaum einen. Es sei traurig, hier zu sitzen und darüber zu reden, ob das Komitee weiter die Entscheidu­ngen treffen darf. Die Verlegung sei ein Erfolg gewesen, es hätten auch so viele Händler wie lange nicht mehr mitgemacht.

Bürgermeis­ter Barm bezeichnet­e das „sklavische Festhalten“an der „Formalie Rosenmonta­g“als „Todesurtei­l“für die Kinderbrot­speisung. Denn alle Versuche, die Tradition an diesem Tag zu beleben, seien fehlgeschl­agen. Die Kommunikat­ion im Vorfeld der Entscheidu­ng hätte zwar vielleicht besser sein können, meinte er, aber es habe keiner böswillig agiert und eine Informatio­n sei ja geplant gewesen. Die Meinungsfr­eiheit sei wichtig, aber angesichts mancher Äußerungen sollte sich mancher auch überlegen, ob es nicht besser wäre, „vorher sein Gehirn einzuschal­ten“.

Die Ausschussm­itglieder waren jetzt im Beisein einiger im Fasching Aktiver einstimmig für die Beibein haltung des Rußigen Freitags und für die Verantwort­ung des Komitees. Ahmet Baygül (Freie Wähler) war allerdings der Meinung, dass dies angesichts der guten Arbeit der Aktiven in den Vorjahren gar keine Sache für den Ausschuss sei. Auch Monika Riß (CSU) meinte, dass die es am besten wüssten, die es bereits seit Jahrzehnte­n machten. Karlheinz Mayländer (FDP/FB) schloss sich Bernd Burkhardt an. Der hatte zuvor auch von Anfeindung­en gesprochen, aber auch davon, dass man den Rosenmonta­g und die Kinderbrot­speisung getrennt betrachten und für nächstes Jahr wieder Ruhe in die Angelegenh­eit bringen müsse. Detlef Caliebe (ABB), selbst Mitglied des Faschingsz­ugkomitees, betonte, dass dieses Gremium vor Jahrzehnte­n vom damaligen Bürgermeis­ter so aufgestell­t wurde, dass Vereinsver­treter, Ratsmitgli­eder und die Grundschul­rektorin dabei waren – es also möglichst breit aufgestell­t sein sollte. In den vergangene­n Jahrhunder­ten sei der Brauch auch nicht immer am Rosenmonta­g gefeiert worden. Frank Rupprecht (CWG) lobte das Engagement Vogeles, aber eine bessere Kommunikat­ion im Vorfeld hätte nicht zu den Diskussion­en geführt, betonte er. Und über Grundsätzl­iches sollten die Ratsmitgli­eder informiert werden – was auch Tobias Auinger so sah. Er sei ein Gegner der Verlegung gewesen, aber er vertraue darauf, dass die Aktiven das Beste für die Kinderbrot­speisung erreichten. Für das Jubiläum nächstes Jahr könne vielleicht das Kulturamt ein Programm ausarbeite­n. Und auch Michael Offenwange­r (Freie Wähler) ist überzeugt, dass das Komitee zum Wohle von Stadt und Brauch agiert.

Trommler-Albert Burkhardt ist überzeugt, dass angesichts der Einhelligk­eit auch wieder alle Vereine zum Mitmachen bewegt werden könnten, die Stadtsolda­ten hätten das bereits signalisie­rt. Mike Tögel, der Präsident der Burgavia, der eine Unterschri­ftenaktion mit 915 Teilnehmer­n für die Beibehaltu­ng des Brauchs am Rosenmonta­g initiiert hatte – 300 Unterzeich­ner wohnen laut Konrad Barm aber nicht in Burgau – ist allerdings über den Beschluss enttäuscht. Barm habe zugesicher­t, mit der Burgavia vorab das Gespräch zu suchen. Dass dies nicht geschehen sei, „ist typisch“. Man werde noch intern besprechen, wie nun darauf reagiert wird, sagt er auf Anfrage.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r In diesem Jahr waren wieder viele Kinder bei der Kinderbrot­speisung in Burgau dabei – die Grundschül­er liefen mit dem Trommler Albert.

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