Kinderbrotspeisung bleibt am Rußigen Freitag
Mit der Verlegung weg vom Rosenmontag sollte der jahrhundertealte Burgauer Brauch gerettet werden. Viele in der Stadt waren dagegen und beklagten die mangelnde Information über die Entscheidung. Jetzt wurde im Kulturausschuss öffentlich debattiert – und e
Burgau Die Verlegung der Burgauer Kinderbrotspeisung vom Rosenmontag auf den Rußigen Freitag in diesem Jahr hat in der Stadt für kontroverse Diskussionen gesorgt. Vor allem fühlten sich viele von der Entscheidung des Faschingszugkomitees übergangen. Stadtratsmitglied Tobias Auinger (SPD) warf gar die Frage auf, ob es einen Beschluss gibt, mit dem solch weitreichende Entscheidungen dem Gremium übertragen wurden. Wie Bürgermeister Konrad Barm (Freie Wähler) jetzt in der Sitzung des Kulturausschusses erklärte, wurden dafür keine Belege gefunden. Deshalb sollte ein solcher Beschluss nachgeholt und entschieden werden, ob die Kinderbrotspeisung weiter am Rußigen Freitag veranstaltet wird, wofür das Komitee weiterhin sei.
Dazu waren auch der langjährige Trommler-Albert Albert Vogele und sein Nachfolger, sein Schwiegersohn Bernd Burkhardt, eingeladen. Schließlich verkörper(te)n sie die zentrale Figur dieses im nächsten Jahr 425 Jahre alten Brauchs. Vogele sprach sehr emotional, weil ihm das Thema so am Herzen liege. Er habe vor der Sitzung extra Baldriantropfen nehmen müssen. Viele Jahre habe sich keiner mehr dafür interessiert, obwohl immer weniger Kinder teilnahmen. Erst, als versucht wurde, mit einem anderen Tag den Brauch zu retten, hätten sich viele eingemischt. Der Elternbeirat, von dem die Initiative ausging, und er selbst seien teils „sehr unfair“angegangen worden, mitunter „unter der Gürtellinie“. Der Rosenmontag sei für ihn „ein Heiligtum“, aber die Kinderbrotspeisung sei ihm noch heiliger. Und dabei gehe es einzig und allein um die Kinder. Dass in all den Jahren zuvor immer weniger teilnahmen – dieses „Siechtum“habe ihn zunehmend frustriert. Dass jetzt aber Leute mitreden, die jahrelang nicht dabei waren, kritisierte er aufs Schärfste, „dazu haben sie kein Recht“. Denn, wenn nichts getan werde, sterbe der Brauch. Wer sich um die Fasnacht als Ganzes sorge, solle sich eben einbringen und dabei nicht auf die Kinderbrotspeisung verlassen. Auch nach der Verlegung könnten Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren dabei sein, und um sie gehe es hier. Dass bei der Auszeichnung dieses Brauchtums durch den heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder der Stadt kritisiert wurde, dass nicht alle Ratsmitglieder zur Teilnahme eingeladen wurden, könne er auch nicht verstehen; die teilweise beleidigenden Äußerungen habe der Brauch und hätten die Aktiven nicht verdient. Zudem habe die
mit ihrer Berichterstattung die Stadt entzweit, „wir machen die Sache in unserem Städtle selber aus“. Auch hätte er erwartet, dass sich die Stadtratsmitglieder ein Bild am Rußigen Freitag machen, doch gesehen habe er kaum einen. Es sei traurig, hier zu sitzen und darüber zu reden, ob das Komitee weiter die Entscheidungen treffen darf. Die Verlegung sei ein Erfolg gewesen, es hätten auch so viele Händler wie lange nicht mehr mitgemacht.
Bürgermeister Barm bezeichnete das „sklavische Festhalten“an der „Formalie Rosenmontag“als „Todesurteil“für die Kinderbrotspeisung. Denn alle Versuche, die Tradition an diesem Tag zu beleben, seien fehlgeschlagen. Die Kommunikation im Vorfeld der Entscheidung hätte zwar vielleicht besser sein können, meinte er, aber es habe keiner böswillig agiert und eine Information sei ja geplant gewesen. Die Meinungsfreiheit sei wichtig, aber angesichts mancher Äußerungen sollte sich mancher auch überlegen, ob es nicht besser wäre, „vorher sein Gehirn einzuschalten“.
Die Ausschussmitglieder waren jetzt im Beisein einiger im Fasching Aktiver einstimmig für die Beibein haltung des Rußigen Freitags und für die Verantwortung des Komitees. Ahmet Baygül (Freie Wähler) war allerdings der Meinung, dass dies angesichts der guten Arbeit der Aktiven in den Vorjahren gar keine Sache für den Ausschuss sei. Auch Monika Riß (CSU) meinte, dass die es am besten wüssten, die es bereits seit Jahrzehnten machten. Karlheinz Mayländer (FDP/FB) schloss sich Bernd Burkhardt an. Der hatte zuvor auch von Anfeindungen gesprochen, aber auch davon, dass man den Rosenmontag und die Kinderbrotspeisung getrennt betrachten und für nächstes Jahr wieder Ruhe in die Angelegenheit bringen müsse. Detlef Caliebe (ABB), selbst Mitglied des Faschingszugkomitees, betonte, dass dieses Gremium vor Jahrzehnten vom damaligen Bürgermeister so aufgestellt wurde, dass Vereinsvertreter, Ratsmitglieder und die Grundschulrektorin dabei waren – es also möglichst breit aufgestellt sein sollte. In den vergangenen Jahrhunderten sei der Brauch auch nicht immer am Rosenmontag gefeiert worden. Frank Rupprecht (CWG) lobte das Engagement Vogeles, aber eine bessere Kommunikation im Vorfeld hätte nicht zu den Diskussionen geführt, betonte er. Und über Grundsätzliches sollten die Ratsmitglieder informiert werden – was auch Tobias Auinger so sah. Er sei ein Gegner der Verlegung gewesen, aber er vertraue darauf, dass die Aktiven das Beste für die Kinderbrotspeisung erreichten. Für das Jubiläum nächstes Jahr könne vielleicht das Kulturamt ein Programm ausarbeiten. Und auch Michael Offenwanger (Freie Wähler) ist überzeugt, dass das Komitee zum Wohle von Stadt und Brauch agiert.
Trommler-Albert Burkhardt ist überzeugt, dass angesichts der Einhelligkeit auch wieder alle Vereine zum Mitmachen bewegt werden könnten, die Stadtsoldaten hätten das bereits signalisiert. Mike Tögel, der Präsident der Burgavia, der eine Unterschriftenaktion mit 915 Teilnehmern für die Beibehaltung des Brauchs am Rosenmontag initiiert hatte – 300 Unterzeichner wohnen laut Konrad Barm aber nicht in Burgau – ist allerdings über den Beschluss enttäuscht. Barm habe zugesichert, mit der Burgavia vorab das Gespräch zu suchen. Dass dies nicht geschehen sei, „ist typisch“. Man werde noch intern besprechen, wie nun darauf reagiert wird, sagt er auf Anfrage.