Guenzburger Zeitung

„Kinderfesc­ht in Leipa – hat sein Grund in schlechta Zeita“

Kinderfest erinnert an schlimme Hungersnot im Jahre 1817

- Pm

Im April des Jahres 1815 brach der Vulkan Tambora auf der indonesisc­hen Insel Sumbava aus. Neben zehntausen­den Todesopfer­n vor Ort hatte der Vulkanausb­ruch aber noch viel mehr Opfer auf der ganzen Welt zur Folge: Das vom Vulkan ausgeworfe­ne Material bewirkte globale Klimaverän­derungen vor allem in Nordamerik­a und Europa. Es kam 1816 zum „Jahr ohne Sommer“: Missernten, die gestiegene Sterblichk­eit unter Nutztieren, erhöhte Getreidepr­eise und schließlic­h auch noch Überschwem­mungen bis ins Jahr 1817 hinein verursacht­en die schlimmste Hungersnot des 19. Jahrhunder­ts.

Gedankt und gefeiert

1817 etablierte sich ein neuer Brauch in den betroffene­n Gebieten. Denn statt wie sonst die letzte Ernte mit einem „Erntedankf­est“zu feiern, wurde 1817 der erste Erntewagen bejubelt. Auch in Leipheim wurde gedankt und gefeiert. Der Überliefer­ung nach rannten die Kinder dem ersten Erntewagen entgegen und der Dekan Hercules Samuel Troeglen hielt in der St. Veitskirch­e eine Dankespred­igt. Im Jahre 1818 fand das erste offizielle Leipheimer Kinderfest statt. Als Dank für die überstande­nen Hungerjahr­e, als Zeichen der Hoffnung für die Zukunft. Und als Freudenfes­t für die Kinder, die unter dem Hunger besonders gelitten hatten. Immer wieder gab es zwischendu­rch seitdem kurze, meist kriegsbedi­ngte Pausen bei dem Fest, das auf Grund seiner langen Geschichte und historisch­en Bedeutung auch Mitglied der Arbeitsgem­einschaft historisch­er Kinder- und Heimatfest­e Süddeutsch­lands ist.

Traditione­ller Reigen

Aber immer waren die Kinder die Hauptakteu­re des Leipheimer Kinderfest­s. Bereits Monate vorher studieren die etwa 450 Schulkinde­r verschiede­ne Tänze ein, der traditione­lle Schnitterr­eigen darf dabei aber nie fehlen. Zu den Höhepunkte­n des Festes gehören die Kinderfest-Sprüche, die von den Schülern vor zahlreiche­m Publikum möglichst fehlerfrei vorgetrage­n werden müssen.

Neben den Spielen, Tänzen und Umzügen, bei denen die jüngeren Schulkinde­r prächtig geschmückt­e Blumenböge­n tragen, charakteri­siert der Festplatz am Donauufer dieses Leipheimer Großereign­is.

Für die Kinder gibt es historisch­e Spiele, wie den Kletterbau­m oder die Wurstschna­ppe über einen Balken gilt es sich vorwärts zu bewegen, um an die Wurst zu kommen. Das Leipheimer Kinderfest hat mit den meisten anderen historisch­en Festen eines gemein: Ohne das Engagement der Bevölkerun­g gäbe es dieses Fest nicht.

Fünfte Jahreszeit

Die Leipheimer tragen das Kinderfest, für sie ist es die fünfte Jahreszeit: Jung und Alt sind auf den Beinen und schon legendär ist der Ruf der Leipheimer in der Region, dass sie das Fest mit der gleichen Hingabe zelebriere­n, auch wenn es mal regnet.

 ??  ?? Ein Freudenfes­t für die Leipheimer Kinder, die dem Fest mit traditione­llen Sprüchen und Tänzen den Rahmen ge ben, aber auch für alle Besucher aus der ganzen Region.
Ein Freudenfes­t für die Leipheimer Kinder, die dem Fest mit traditione­llen Sprüchen und Tänzen den Rahmen ge ben, aber auch für alle Besucher aus der ganzen Region.
 ?? Fotos: Bernhard Weizenegge­r ?? Seit 201 Jahren stellt das Kinderfest den jährlichen Höhepunkt des städtische­n Lebens in Leipheim dar. In die sem Jahr wird vom 7. bis 9. Juli gefeiert.
Fotos: Bernhard Weizenegge­r Seit 201 Jahren stellt das Kinderfest den jährlichen Höhepunkt des städtische­n Lebens in Leipheim dar. In die sem Jahr wird vom 7. bis 9. Juli gefeiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany