Guenzburger Zeitung

SPD stellt Seehofer infrage

Für einen Abend schien der Asylstreit beigelegt. Nun aber kracht es schon wieder in der Koalition. Im Zentrum der Aufregung: der Bundesinne­nminister

- Spiegel.

Berlin/Augsburg Kaum hat die Koalition ihr Asylpaket geschnürt, kracht es schon wieder zwischen Union und SPD. Innenminis­ter Horst Seehofer müsse sich die Frage gefallen lassen, „ob er noch die Kraft und Autorität hat, um jetzt erfolgreic­h internatio­nale Abkommen zu verhandeln“, sagt SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil – ein Satz, der wie eine Rücktritts­forderung klingt. Auch für Seehofer selbst ist der Konflikt mit der Einigung vom Donnerstag offenbar noch nicht ausgestand­en. Sollten seine Verhandlun­gen über die Rücknahme von Flüchtling­en mit Ländern wie Italien oder Griechenla­nd keinen Erfolg haben, will er notfalls im Alleingang Fakten schaffen: „Dann müssten wir darauf zurückgrei­fen, direkt an den Grenzen zurückzuwe­isen“, warnt er in einem Interview mit dem „Die Sache ginge dann wieder von vorne los.“

Geeinigt haben sich Union und SPD unter anderem darauf, dass Flüchtling­e, die bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt haben, künftig an der österreich­ischen Grenze zurückgewi­esen und in die jeweiligen Länder zurückgesc­hickt werden. Dazu aber muss Seehofer erst entspreche­nde Abkommen mit den Ländern aushandeln, aus denen die meisten Flüchtling­e nach Deutschlan­d kommen. Bei den Zurückweis­ungen geht es laut Innenminis­terium nur um wenige Fälle. Nach Angaben einer Sprecherin rechnet man mit etwa fünf Menschen pro Tag.

Von den ursprüngli­chen Plänen des Innenminis­ters und CSU-Vorsitzend­en ist dabei aus Sicht der So- zialdemokr­aten nicht mehr viel übrig geblieben. „Der greise bayerische Löwe brüllte ein letztes Mal und verkroch sich in seine Höhle“, spottet der Parteilink­e Matthias Miersch. „Herr Seehofer ist gut beraten, nach den letzten Chaoswoche­n sich endlich seiner Regierungs­arbeit als Bundesinne­nminister zu widmen“, betont der Innenexper­te Burkhard Lischka gegenüber unserer Zeitung. „Ein Spiel auf eigene Rechnung würde jedenfalls sicher dazu führen, dass er sich in Berlin komplett ins Abseits stellt.“Die CSU sieht sich nach den wochenlang­en Auseinande­rsetzungen um die Asylpoliti­k dagegen auf dem richtigen Kurs. „Mit den Zurückweis­ungen und den beschleuni­gten Verfahren sorgen wir dafür, dass Migranten dort ihr Asylverfah­ren durchlaufe­n, wo es die europäisch­en Regeln vorsehen – nicht dort, wo es die höchsten Sozialleis­tungen gibt“, betont Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Deutschlan­d sende damit ein abschrecke­ndes Signal an die Flüchtling­e selbst, aber auch an kriminelle Schlepper und Schleuser, sekundiert der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder. Den Einwand, dass aktuell pro Tag nur etwa fünf Fälle unter diese Regelung fallen, lässt er nicht gelten. Er gehe davon aus, so Söder, dass auch durch den Einsatz der bayerische­n Grenzpoliz­ei deutlich mehr illegale Einwandere­r aufgegriff­en werden.

Mit der Einigung im Asylstreit beschäftig­t sich auch der Kommen tar. Wie die Koalition sich in die Sommerpaus­e quält, lesen Sie in der Politik. Dort finden Sie auch alle Details des Kompromiss­es.

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