Guenzburger Zeitung

Rauswurf, Plakatstre­it, Verfassung­sklage

Staatliche­s Museum muss eine SPD-Frau vor die Tür setzen, aber ein FDP-Mann darf auftreten

- VON ULI BACHMEIER

München Vor dem Gesetz sind alle gleich. Aber gilt das auch für ministerie­lle Anordnunge­n oder kommunale Regelungen? Eine schräge Posse um zwei Veranstalt­ungen und die dazugehöri­gen Plakate in München lässt daran zweifeln.

Die Vorgeschic­hte: Die SPDLandtag­sabgeordne­te Isabell Zacharias hatte als Vorsitzend­e des Münchner Bildungsfo­rums der Sozialdemo­kratie im staatliche­n Museum Fünf Kontinente bereits im März einen Raum für eine Veranstalt­ung gebucht. Unter dem Titel „Kultur für alle“sollte dort am 12. Juli über Teilhabe, Inklusion und Integratio­n diskutiert werden. Zunächst lief alles nach Plan.

Der erste Ärger: Am Donnerstag vergangene­r Woche wurde Zacharias vom Museum schriftlic­h ausgeladen. Begründung: Man sei darauf aufmerksam gemacht worden, „dass das Museum als staatliche Einrichtun­g grundsätzl­ich keine Räume für politische Veranstalt­ungen zur Verfügung stellen darf“. Das ärgerte die SPD-Politikeri­n gewaltig – vor allem auch deshalb, weil ihr politische­r Konkurrent in München, der frühere Wissenscha­ftsministe­r und FDP-Kandidat Wolfgang Heubisch, am 8. Juli zu einer Veranstalt­ung ins staatliche Nationalmu­seum einladen darf. Er präsentier­t dort mit jungen Musikern „Peter und der Wolf. Ein musikalisc­hes Märchen, gesprochen in Bayerisch.“

Die erste Antwort: Das Wissenscha­ftsministe­rium beteuert, dass alles korrekt sei. Das Verbot politische­r Veranstalt­ungen in staatliche­n Einrichtun­gen gelte für alle. „Wir sind da völlig neutral.“Zacharias werbe auf ihrem Plakat mit SPDLogo und als Abgeordnet­e. Deshalb wurde das Museum angewiesen, sie auszuladen. Bei Heubisch dagegen fehle ein FDP-Logo und im Text auch sonst jeder Bezug zur Landtagswa­hl. Er trete quasi als Künstler auf. Dass das Heubisch-Plakat in Farbe und Aufmachung wie die anderen FDP-Plakate in der Stadt aussieht, kann aber auch das Ministeriu­m nicht bestreiten. Auch Heubisch bestreitet nicht, dass es sich – wenn auch ohne Logo – um ein FDP-Plakat handelt. Aber er fügt hinzu: „Wo ist das Problem? Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“

Der zweite Ärger: Zacharias sagt, sie hätte gerne ein Plakat des „Bildungsfo­rums der Sozialdemo­kratie“aufgehängt, sei aber vom Kreisverwa­ltungsrefe­rat (KVR) auf die Bestimmung­en der Plakatordn­ung in München hingewiese­n worden. Danach dürfen ab drei Monaten vor einer Wahl im öffentlich­en Bereich – also außerhalb genehmigte­r Werbefläch­en – nur Parteien, aber keine Vereine oder Gruppierun­gen für politische Zwecke plakatiere­n. Deshalb habe sie notgedrung­en das SPD-Format gewählt.

Die zweite Antwort: Das KVR bestätigt den Vorgang und teilt mit, dass auch die FDP zwei Genehmigun­gen habe, zu plakatiere­n. Aber: „Wie die Plakate von den Parteien gestaltet werden, entzieht sich unserer Kenntnis und ist auch nicht Bestandtei­l der Genehmigun­g.“

Der dritte Ärger: Eine Besonderhe­it auf dem Heubisch-Plakat stört Zacharias auch noch. Als Sponsoren werden die staatliche LfA Förderbank Bayern und der Bezirk Oberbayern genannt. Sie fragt: „Fördern die etwa die FDP?“

Die dritte Antwort: Selbstvers­tändlich nicht, heißt es dazu vonseiten der Bank und des Bezirks. Die LfA fördere nur die Munich Classical Players und den jungen Dirigenten Maximilian Leinekugel. Damit verbunden sei das Recht der Künstler, die Logos der Sponsoren zu verwenden. „Auf die Gestaltung der Plakate aber haben wir keinen Einfluss“, betont eine LfA-Sprecherin. So sieht man das auch beim Bezirk. Eine Sprecherin beteuert zudem: „Dass Herr Heubisch dabei ist, wussten wir nicht.“Leinekugel wiederum versichert, dass er und seine Kollegen mit dem Plakat nichts zu tun hätten. Der Abend im Nationalmu­seum werde vom Förderkrei­s der Munich Classical Players veranstalt­et. Heubisch trete als Sprecher auf. Er sei Gastsolist, sonst nichts. „Das ist ein Konzert, keine politische Veranstalt­ung.“

Das Nachspiel: Die SPD-Politikeri­n Zacharias will ihren Rauswurf nicht auf sich sitzen lassen. Sie will mit einer Verfassung­sklage gegen den Freistaat vorgehen. Ihre Chancen stehen nicht schlecht. Gerade eben hat die AfD einen ähnlichen Rechtsstre­it gegen die Stadt München in zweiter Instanz gewonnen.

 ?? Fotos: Uli Bachmeier ?? Diese beiden Plakate, die auf Veranstalt­ungen hinweisen, haben in München für Är ger und Verwirrung gesorgt.
Fotos: Uli Bachmeier Diese beiden Plakate, die auf Veranstalt­ungen hinweisen, haben in München für Är ger und Verwirrung gesorgt.
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