Guenzburger Zeitung

Merkel konnte nicht, Putin will nicht

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Angela Merkel wird nicht mehr nach Russland kommen. Jogi & Co. sind raus. Was soll sie noch auf der Tribüne?

Dabei war sie immer gerne bei ihren Jungs. Manchmal sogar in der Kabine. Stand im moosgrünen Blazer umringt von halb nackten Kerlen und hat Daumen und Zeigefinge­r aufeinande­rgepresst. Sie hat mit Schweini und Poldi Weltpoliti­k erörtert – dafür haben ihr die beiden verraten, an welchen Stellen sie auf der Tribüne klatschen muss.

Anschi war da nie empfindlic­h. Anders als ihre männlichen Kollegen wollte sie erst gar nicht den Eindruck erwecken, als wüsste sie, was Doppelsech­s und hängende Spitze sind. Im Zweifelsfa­ll klatschte sie einfach, wenn die anderen geklatscht haben. Ein wunderbare­s Maskottche­n, dem kein Weg zu weit war, das Deutschlan­d vor vier Jahren in Brasilien zum WMTitel verholfen hat.

Dringender als in Brasilien wäre Merkels Unterstütz­ung allerdings in Russland gewesen. Es ist viel über die Gründe des deutschen WMDesaster­s diskutiert worden, über Erdogan-Fotos und fehlende Leidenscha­ft, aber kein Wort darüber, dass Deutschlan­d auf die angeschlag­ene Merkel verzichten musste, weil sie zu Hause mit Seehofer und der CSU zu kämpfen hatte. Die sollten sich prüfen, wie groß ihr Anteil am deutschen VorrundenK.-o. ist.

Wahrschein­lich wird Seehofer sofort auf seinen Kumpel Wladimir verweisen. Putin hätte eine vergleichs­weise kurze Anreise zu den Spielen der russischen Elf, lässt die Sbornaja aber alleine kicken – und das auch noch erfolgreic­h. Dabei hatte die Welt erwartet, der Präsident würde die WM zu Putin-Spielen ausgestalt­en. Einmal, beim 5:0-Auftaktsie­g gegen Saudi-Arabien, war er im Stadion. Danach musste es ohne ihn laufen. Auch im Achtelfina­le gegen Spanien. War ja nicht zu erwarten gewesen, dass seine Russen die Señores nach Hause schicken. Und am Samstag gegen Kroatien? Der Kreml verbreitet ein kühles „Njet“.

Möglich, dass Putin nicht wieder nur neben seinen zwangsgela­denen Ost-Präsidente­n und dem zweifelhaf­t beleumunde­ten Fifa-Boss Gianni Infantino sitzen möchte. Da bleibt er lieber im Kreml und arbeitet für Russland. Er stemmt Gewichte, trainiert seinen Oberkörper und lässt bis tief in die Nacht das Licht brennen.

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Foto: imago Wladimir Putin favorisier­t Eishockey und Judo, ist aber auch dem Fußball nicht abgeneigt. In den WM Stadien sah man ihn bislang nur einmal.
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