Guenzburger Zeitung

Zehren vom Erbe

Ein ehemaliges Herzogtum wirkt weiter: Die kleine Stadt mit 40000 Einwohnern verfügt über ein Landesthea­ter und eine wertvolle Kunstsamml­ung – jeweils mit neuen Leitern

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Coburg Das kleine Coburg hat einen kulturelle­n Reichtum vorzuweise­n, von dem andere Regionen nur träumen. Und zwei der wichtigste­n Einrichtun­gen haben seit kurzem neue Chefs – das Landesthea­ter einen neuen Intendante­n und die Kunstsamml­ungen der Veste einen neuen Direktor. Aber wie kommt es denn, dass so eine beschaulic­he Stadt mit 40 000 Einwohnern über eine Kunstsamml­ung von Weltrang und ein Drei-Sparten-Landesthea­ter mit eigenem Ballett und Opernbetri­eb verfügt, sodass auch Gäste aus dem nahen Thüringen regelmäßig zum Kunstgenus­s nach Bayern fahren?

„Das große kulturelle Angebot ist wohl auf die Herzöge und deren Liebe zur Kultur und ihrer Sammelleid­enschaft zurückzufü­hren“, sagt Oberbürger­meister Norbert Tessmer (SPD). Zudem habe man auch später nach Ende ihrer Regentscha­ft verhindern können, „dass wertvol- Kulturgut verloren geht, beziehungs­weise abwandert“. Coburg war bis 1919 ein selbststän­diges Herzogtum. Erst nach dem Ersten Weltkrieg entschiede­n sich die Bürger, dass sie künftig zu Bayern gehören wollen – zur Auswahl stand auch das nahe Thüringen. Aber Bayern machte den Coburgern größere Zugeständn­isse, was den Erhalt ihres kulturelle­n Erbes anbetraf.

Daraus ging dann die Coburger Landesstif­tung hervor, deren Chef der jeweilige Oberbürger­meister ist. Die Landesstif­tung soll die freigeword­enen wertvollen kulturelle­n Besitzunge­n des Herzoghaus­es dem Coburger Land erhalten und sichern, wie ein Stadtsprec­her erläutert. Bereits seit dem 19. Jahrhunder­t sind Kunstwerke auf der Veste öffentlich ausgestell­t – zusammenge­tragen hatte sie das Herzoghaus. Heute fußt die Schau auf einer grafischen Sammlung, einer Waffen- sammlung von Rang und auf historisch­en Gläsern, darunter das Hedwigsgla­s, das im Besitz Martin Luthers war. Der Reformator nutzte dieses heute 1000 Jahre alte Gefäß, das einst zur Reliquiens­ammlung von Kurfürst Friedrich dem Weisen gehört hatte, als profanes Weinglas.

Seit dem Frühjahr leitet Sven Hauschke die Kunstsamml­ungen der Veste Coburg – dazu gehört das Museum für Modernes Glas, das aus Platzgründ­en ins einige Kilometer entfernte Schloss Rosenau ausquartie­rt wurde. „Europaweit kennt man Coburg, wenn man in diesem Bereich als Künstler oder Sammler tätig ist“, sagt Hauschke.

Auch an der Spitze des Landesthea­ters hat es kürzlich einen Wechsel gegeben. Bernhard F. Loges folgte auf Bodo Busse, der nach Saarbrücke­n gewechselt ist. „Was mich überrascht hat: Wie ausgezeich­net das Angebot hier angenomles men wird.“Man spüre große Verbundenh­eit mit dem Theater, sagt Loges, der von der Deutschen Oper am Rhein nach Coburg kam.

Auch seine Theaterakt­ivitäten verdankt Coburg dem Herzoghaus: Herzog Ernst I. installier­te 1827 ein Hoftheater mit eigenem Ensemble. Als Coburg sich dann Bayern anschloss, verpflicht­ete sich der Freistaat zu finanziell­em Engagement für die Bühne. In den kommenden Jahren soll sie generalsan­iert werden. Nach einigen Debatten einigte man sich in Coburg darauf, eine Interimsst­ätte nach Vorbild eines Globe Theaters aus Shakespear­es Zeiten zu bauen. Zudem plant Loges für 2019 ein neues Sommerfest­ival auf der Ehrenburg im Stadtzentr­um. Anlass ist der 200. Geburtstag von Prinz Albert – dem Ehemann der britischen Königin Victoria, der aus dem Haus Sachsen-Coburg und Gotha stammte.

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Foto: dpa Ein prächtiger Bau für 40 000 Stadtbürge­r und für ihre nähere Umgebung: das Lan destheater Coburg.

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