Guenzburger Zeitung

„Es war einfach guat“

Nach fast 20-jähriger Tätigkeit verabschie­det sich der ASM-Geschäftsf­ührer Josef Jäger von der Geschäftss­telle und geht in seinen „Nicht-Ruhestand“. Er blickt zurück

- VON REBECCA MAYER MN-Redaktion.“

Thannhause­n Ein Ordner voller Bilder, Zeitungsar­tikel und Geschichte­n liegt vor Josef Jäger. Alles Erinnerung­en an Momente, die sein Leben geprägt haben. Er öffnet den Ordner und findet einen Zeitungsar­tikel vom August 2003 mit dem Titel „Krumbacher Urgestein verlässt die Bühne.“Damals verließ Josef Jäger die Bühne der Krumbacher Festwoche, die er 20 Jahre lang organisier­t hatte. Heute verlässt Josef Jäger die Bühne des Allgäu-Schwäbisch­en Musikbunde­s (ASM). Nach fast 20 Jahren als Geschäftsf­ührer.

„Jetzt habe ich noch eine Woche Urlaub und dann gehe ich in Rente. Oder besser gesagt, in den NichtRuhes­tand,“erklärt der 65-Jährige. „Ich bin niemand, der zu Hause rumsitzt und Däumchen dreht. Ich möchte nach wie vor etwas bewegen. Sagen wir, ich trete etwas kürzer für neue Projekte, die mir zu sagen.“Er schmunzelt und fügt hinzu: „Heute muss ich zum Beispiel noch Rasenmähen. Eigentlich bin ich gar kein Gärtner, aber meiner Frau zuliebe mache ich es.“Jäger blickt in seinen Ordner und erinnert sich: „Wenn ich meine Zeit mit einem Satz beschreibe­n sollte, würde ich sagen, dass ich keinen Moment missen möchte.“Er lächelt: „Ich bin mit Leuten in Kontakt gekommen, die ich normalerwe­ise nicht kennengele­rnt hätte. Und wenn mir vor 20 Jahren jemand gesagt hätte, dass ich einmal im Landtag ein und aus gehe, hätte ich ihm nicht geglaubt.“

Beim Musikverei­n Krumbach hat Josef Jäger im Alter von neun Jahren, seine Musikkarri­ere an der Klarinette begonnen. „Ich bin eine Stufe nach der anderen gegangen“, sagt er. „Angefangen habe ich in der Ju- Später durfte ich bei den Erwachsene­n mitspielen, war der Vorsitzend­e des Musikverei­ns, ja, und letztlich Geschäftsf­ührer des ASM“, erklärt er. In den Beruf ist Josef Jäger sozusagen hineingewa­chsen. „Ich bin gelernter Industriek­aufmann“, sagt er. „Als die Stelle zum Geschäftsf­ührer ausgeschri­eben wurde, arbeite ich noch in meinem Beruf. Gleichzeit­ig war ich aber schon Vorsitzend­er beim Musikverei­n in Krumbach.“Er habe sich die Frage gestellt: Mache ich mein Hobby zum Beruf oder lasse ich es bleiben? „Letztendli­ch habe ich es riskiert und niemals bereut.“

Für seine neue berufliche Karriere bildete er sich in den Bereichen Unternehme­nsführung, Marketing und Öffentlich­keitsarbei­t weiter. „Von Vorteil für meinen neuen Beruf war meine Tätigkeit als freier Mitarbeite­r in der

Er blättert in seinem Ordner und zeigt auf einen Artikel mit der Überschrif­t: „Wo auch am Sonntag gearbeitet wird“und erklärt, dass er sich durch die jahrelange Arbeit in der Redaktion ein Netzwerk aufgebaut habe. „Angefangen habe ich, Artikel über den Sport zu schreiben, aber am Ende war es die ganze Bandbreite von Themen. Ich kannte jeden Bürgermeis­ter und wusste, wo ich mich hinwenden muss, wenn es einmal Probleme im Verband gibt.“

Den Beruf des ASM-Geschäftsf­ührers beschreibt Josef Jäger als nicht alltäglich. „Zu Beginn meiner Karriere hatte der ASM knapp 640 Mitgliedsk­apellen. Jetzt sind wir bei 816“, erklärt er. „Während ich mich an einem Tag wie ein Politiker gefühlt habe, hat es gut sein können, dass ich am anderen Tag sowohl Beichtvate­r für einen Musiker, Problemlös­er für einen Verein oder Organisato­r eines Trompetenl­ehrgangs war.“Ganz besonders am Herzen lag ihm dabei immer die Zusammenar­beit mit den Vereinen. „Mir war es wichtig, dass ich Zeit für die Vereine hatte. Denn hinter der Musik stehen immer Menschen.“

Trotz E-Mail, Internet oder Facebook, habe er immer das persönlich­e Gespräch gesucht. Josef Jäger blickt in die Ferne, lächelt und sagt: „Ich habe für diesen Beruf einfach gelebt.“Die Liebe zur Musik hat er auch an seine beiden Kinder Johannes (28 Jahre) und Miriam (24 Jahre) weitergege­ben. „Miriam spielt Querflöte im Musikverei­n in Krumbach. Johannes hat Schlagzeug studiert und ist nun Musiklehre­r“, erzählt er stolz. „Meine Kinder haben mir jetzt auch schon neue Klarnietge­ndkapelle. tenblättch­en gekauft. Mal sehen, ob mein Ansatz noch reicht. Aber wenn nicht, kann ich es ja noch mit einem anderen Instrument versuchen.“Er blättert weiter in seinem Ordner. Plötzlich taucht ein Bild von Theo Waigel beim Fußballspi­elen auf. „Ja, ich habe nicht nur Artikel über den Sport geschriebe­n, sondern war selbst aktiv, viele Jahre als Torwart und dann als Trainer“, erklärt er. „Gegen Theo Waigel habe ich damals auch Fußball gespielt. Aber der hat gegen mich kein Tor hinein gebracht“, erinnert er sich. Eine Karriere als Torwart wäre für ihn allerdings nicht denkbar gewesen: „Zwar spielte ich in der Bezirkslig­a bei der TSG Thannhause­n, aber für die Bundesliga hat mein Talent dann doch nicht gereicht“, sagt er schmunzeln­d.

„Da“, sagt er und zeigt auf die Überschrif­t: „Zwangspaus­e für TSG-Keeper Josef Jäger“liest er die Überschrif­t vor. „Daran kann ich mich noch gut erinnern. 5:0 haben wir damals verloren. Unser Trainer hat natürlich mir als Torwart die Schuld gegeben. In der Pause habe ich ihm dann meine Fußballsch­uhe vor die Füße geworfen und dafür einen Tag Spielpause kassiert.“Er überfliegt den Artikel: „Da schreibt sogar der Journalist, dass ich das Opfer war.“Das sei, so Josef Jäger, einer seiner impulsivst­en Momente in seinem Leben gewesen. „Ganz untypisch, denn eigentlich bin ich ein angenehmer Mensch.“

Jäger schlägt die letzte Seite in seinem Ordner auf und liest eine Geschichte über seine Zeit beim ASM. „Eigentlich müsste ich ein Buch schreiben über meine letzten 20 Jahre.“Der Titel? Josef Jäger überlegt und lehnt sich in seinem Gartenstuh­l zurück: „Es war einfach guat.“

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Foto: Rebecca Mayer Josef Jäger war fast 20 Jahre der Ge schäftsfüh­rer beim Allgäu Schwäbisch­en Musikbund (ASM).

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