Guenzburger Zeitung

Danke, Mann im Golf

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Hätte ich das selbst auch gemacht? Mich gekümmert? Vermutlich nicht. Nein, ich wäre weitergefa­hren. Hätte, Sonntagabe­nd, noch 31 Grad draußen, in die gleißende Krümmung der Windschutz­scheibe geflucht, die anderen Autos gar nicht wahrgenomm­en. Fremde Leute, ja und?

Die Tankanzeig­e steht tief im Rot, mehr als ein paar Tropfen sind da nicht mehr drin. Du musst ab von der Autobahn, Ostfildern, da wird’s doch jetzt irgendwo eine Tanke geben. Felder, ein Gewerbegeb­iet – und da hinten ist tatsächlic­h eine Großtankst­elle, Glück gehabt. Viel los, alle Säulen besetzt, überall Autos. Aber es wirkt alles sehr statisch, es rührt sich nichts. Was machen die alle hier? Gerade ist man dabei, umständlic­h zu rangieren, um sich irgendwo anzustelle­n, da kurbelt ein aus der Tankstelle ausfahrend­er Golffahrer seine Scheibe runter und sagt: „Do geht nix, ’s System isch ausgfalle. Müsset se tanke?“Wie? Oh ja, müsset man. Dringend sogar. Und Öl. Die verdammt Ölanzeige leuchtet auch auf… Scheißtag. Der Golffahrer schaut auf seine Armbanduhr, überlegt kurz. „Fahret se hinna mir her.“Er kenne da eine Tankstelle, die sei sogar sehr billig, Öl haben die auch. „Wenn ich die Warnblinke­r anmache un weiterfahr, bieget Sie links ab und dann die erschte rechts.“So machen wir’s. Der Golffahrer fährt, ich hinterher, nach ein paar hundert Metern warnblinkt er an einer Feldkreuzu­ng, wedelt mit dem Arm aus der Seitensche­ibe und fährt geradeaus davon. Was ich jetzt sehe: Sein Tankdeckel steht offen. Hey! Lichthupe – doch der Golf rast schon in den Ostfilders­chen Sonnenunte­rgang davon. Links also, dann die erste rechts – schon erblicke ich die Tankstelle, die irgendwo im Ostfilders­chen Nirgendwo liegt. Groß, Systeme laufen, Benzin fließt, Öl habet sie au. Danke, Mann im Golf. Das nächste Mal mach’ ich’s wie du.

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