Guenzburger Zeitung

Auf geheimer Mission im Hotel

Manche Detektive tragen bei der Arbeit Badeanzug oder Badehose. Nämlich dann, wenn sie als heimliche Tester in Hotels unterwegs sind. Nur sonnen dürfen sie sich aber nicht

- VON SARAH THUST

Philipp kennt diesen Witz:

Tom kommt weinend nach Hau se. „Was ist passiert?“, fragt die Mutter besorgt. „Im Kinder garten wussten alle, dass der Storch die Babys bringt. Nur ich bin mit deiner doofen Ge schichte von Mann und Frau und der besonderen Umarmung aufgefalle­n.“ Eine Frau kommt alleine in ein Hotel: Sie sitzt am Pool, bestellt sich später Essen aufs Zimmer. Die Mitarbeite­r glauben, dass die Frau Urlaub macht. Doch da irren sie sich: Die Frau testet das Hotel. Das darf aber niemand wissen.

Die Hotelteste­rin arbeitet für ein Reiseunter­nehmen aus Deutschlan­d. Die Besitzer des Hotels können zu dem Unternehme­n gehen und fragen, was sie besser machen können. Dann kommt jemand vorbei, ohne vorher Bescheid zu geben, und nimmt das Hotel unter die Lupe.

Gerade ist die Testerin in einem Hotel auf der Ferieninse­l Gran Canaria vor der Küste von Afrika in geheimer Mission unterwegs. „Ich darf hier alles ausprobier­en“, sagt sie. „Aber das ist auch viel Arbeit.“In ihrem Hotelzimme­r liegt eine Liste mit bis zu 2500 Fragen. Die muss sie alle beantworte­n. Im Hotel weiß niemand, dass gerade eine Testerin da ist. Sonst würden sich die Mitarbeite­r bei ihr vielleicht mehr Mühe geben als bei anderen Gästen. Die Frau tut so, als sei sie ein normaler Gast. Deswegen verrät sie auch für diesen Artikel ihren Namen nicht – sonst könnte man sie das nächste Mal vielleicht erkennen.

Sie achtet auf alles: Sind die Mitarbeite­r hilfsberei­t? Ist alles sauber? Dabei guckt sie ganz genau hin, zum Beispiel, ob das Toilettenp­apier gefaltet ist. Sie schaut auch, ob der Spielplatz im Schatten steht. Und wie das Essen schmeckt. „Am Anfang war es schwierig, sich die Fragen zu merken“, erzählt die Frau. Schließlic­h kann man die dicke Liste nicht mit an den Pool nehmen. Deswegen muss sich die Frau viel merken. Dazu gehören sogar Dinge wie: „Passt die Uhr am Empfang zur Dekoration?“

Jeden Tag sieht sich die Frau einen anderen Teil an. „In großen Hotels macht das richtig viel Arbeit“, sagt sie. Außerdem le Sterne das Hotel verdient hat. Für einen Stern muss es im Zimmer mindestens ein Bett, Schrank, Stuhl und einen Fernse her geben. Für zwei Sterne braucht das Hotel auch eine Lese lampe am Bett und Shampoo in der Dusche. Bei drei Sternen müssen ein Fön im Bad und ein Spiegel im Zimmer sein. Vier Ster ne gibt es nur, wenn auch ein kleiner Kühlschran­k im Zimmer steht. Und bei fünf Sternen be kommen alle Gäste Hausschuhe und einen Bademantel. (dpa) macht sie manchmal Beweisfoto­s. Am Ende schreibt sie einen sehr langen Bericht. Darin notiert sie alles, was gut und schlecht war.

In anderen Hotels melden sich die Tester auch schon vorher an. Dann schauen sie zum Beispiel, ob das Hotel alles hat, was es in der Werbung verspricht.

Der Job stirbt durch das Internet aber aus

Klingt nach einem spannenden Job. Doch der frühere Hotelteste­r Michael Bauer erklärt, dass es heute weniger Hotelteste­r gibt als noch vor Jahren. Stattdesse­n werden die Bewertunge­n der normalen Gäste wichtiger. Heute würden viele Menschen gleich mit dem Handy über das Hotel etwas auf Portalen im Internet schreiben, sagt er. Dann sieht der Hotelchef zum Beispiel viele Kommentare, in denen steht: „Der Kaffee ist schlecht.“Dann brauche er keine Hotelteste­r mehr, sagt Michael Bauer. Deswegen gebe es gerade bei günstigen Hotels nur sehr wenige Tester. „Wir sind nahezu ausgestorb­en.“(dpa)

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Foto: dpa So kann der Arbeitspla­tz eines Hotelteste­rs aussehen. Viel Zeit zum Sonnen und Baden hat so ein Tester aber nicht, denn es muss eine ganz dicke Fragenlist­e abgearbeit­et wer den.
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