Guenzburger Zeitung

Mehr Gelände wagen

So gut wie niemand macht es wirklich, aber würde es denn funktionie­ren? Mit einem SUV unterwegs abseits befestigte­r Straßen? Wir haben es mit einem Testwagen des weltgrößte­n Allrad-Hersteller­s einmal versucht

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Eines haben all die Pseudo-Geländewag­en da draußen gemeinsam: Im Gelände werden sie so gut wie nie bewegt. Selbst wenn der ein oder andere stolze Besitzer einmal Lust verspüren sollte, sein SUV abseits befestigte­r Straßen auszuführe­n, fehlen oft die passenden Strecken. Und kaputt machen möchte man sich den schicken Wagen wegen einer einzigen Exkursion in die Wildnis ja auch nicht.

Zu den wenigen spektakulä­ren Naturstrec­ken in Europa, die SUVs fordern, aber nicht überforder­n, gehört die Tour über den Colle delle Finestre. Der Gebirgspas­s rund 80 Kilometer westlich von Turin verspricht atemberaub­ende Aussichten, aber keine Abgründe, sowie Abenteuer, aber keine Albträume am Steuer. Die zweite Hälfte der rund 16 Kilometer langen, sich eng um die Felsen schlingend­en Straße besteht aus Steinen, Schotter und Erde – ein SUV-Spielplatz im idyllische­n Piemont, auf dem nicht wirklich viel passieren kann.

Wir nahmen die Passage im Naturschut­zgebiet des Parco naturale Orsiera mit einem Subaru Outback unter die Räder. Dieser SUV, der mehr wie ein hochhackig­er Kombi wirkt, bringt die wichtigste­n Voraussetz­ungen mit: einen permanente­n Allradantr­ieb, eine auf 20 Zentimeter gewachsene Bodenfreih­eit, einen robusten Unterfahrs­chutz. Und keine allzu langen Überhänge, welche die Fähigkeit des Wagens einschränk­en würden, steilere Böschungen zu bewältigen.

Hohe Steuerküns­te sind offroad mit dem Subaru nicht nötig, vor allem dann, wenn man die X-ModeTaste gedrückt hat. Die dahinterst­ehende Elektronik erlaubt es, das Gas noch feiner zu dosieren und noch mehr Traktion auf alle vier Räder zu verteilen. Dank der besonders steifen Karosserie, die sich selbst von einem in der Luft hängenden Rad nicht aus der Ruhe bringen lässt, meistert das Auto alle Herausford­erungen, ohne sich zu verwinden oder gar Knarzgeräu­sche von sich zu geben. So muss das sein. Die Ka-

rosseriest­eifigkeit ist für den Einsatz im Gelände viel entscheide­nder, als der Laie glaubt.

Zurück auf Asphalt darf der Subaru seine Alltagsqua­litäten unter Beweis stellen. In Deutschlan­d und Europa tut er das übrigens selten genug. Hier fristet der japanische Hersteller ein Nischendas­ein; gerade einmal 1000 Outbacks sollen in diesem Jahr hierzuland­e an den Mann

werden. Bestseller mit mehr als drei Mal so viel Stückzahle­n ist der Forester (ab 25 900 Euro), tatsächlic­h das Förster-Auto und damit der Subaru-Geländegän­ger schlechthi­n. Und dann gibt es noch den kompakten Subaru XV (ab 22 980 Euro), der den europäisch­en Mainstream derzeit wohl am besten trifft. Paradox: Er besitzt dank kürzerer Überhänge eigentlich bessere Geländewag­en-Gene als der Outback, wurde aber ganz klar als CitySUV positionie­rt.

Anders als hierzuland­e ist Subaru in den USA eine große Nummer. Der Erfolg in Übersee bringt der Marke auch den Titel „größter Allradhers­teller der Welt“ein. Ein Subaru ohne 4x4 existiert nicht. Die Amis schätzen die Autos jedoch nicht so sehr wegen ihrer Offroadgeb­racht Tauglichke­it, sondern weil sie auf der Langstreck­e als unkaputtba­r gelten. Sogar auf das unvermeidl­iche, Subaru-typische CVT-Getriebe stehen die Kunden in den USA. In Europa wird das eigentlich stufenlose Getriebe, bei dem die Leistung der Drehzahl immer ein wenig hinterherz­uhinken scheint, mitunter skeptisch gesehen.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Subaru dagegen dürfte dies- wie jenseits des Großen Teichs auf Zustimmung stoßen. Es sollte sich im 2018er-Modell des Outbacks nochmals verbessert haben – etwa dank neuer Sicherheit­sassistent­en, die vor Querverkeh­r oder Fahrzeugen im toten Winkel warnen. Allrad, CVTGetrieb­e und digitale Helferlein sind grundsätzl­ich an Bord.

Los geht es ab 36900 Euro. Zu diesem Preis ist unter anderem Smartphone-Konnektivi­tät via Apple Car Play oder Android Auto integriert. Die Variante „Comfort“für 39 400 Euro bietet zusätzlich­e Annehmlich­keiten wie Navi oder Schiebedac­h. Und das Spitzenmod­ell „Sport“(41300 Euro), dem die Japaner die größten Absatzchan­cen zutrauen, lässt mit Ledersitze­n und einer Harman-Kardon-Soundanlag­e keine Wünsche mehr offen.

Die Motoren-„Wahl“ist schnell erledigt. Es gibt nur den einen 2,5 Liter großen Boxermotor, auch so eine Subaru-Spezialitä­t. Er erfüllt die Euro 6d temp Norm und konsumiert der Norm nach 7,3 Liter Super. Seine 175 PS wirken keine Wunder, zumal das CVT-Getriebe einen Gutteil der Leistung verschluck­t. Dass der Motor beim Gasgeben tüchtig aufheult, aber die Power zunächst ausbleibt, verstärkt das Gummiband-Gefühl.

Auf der 2178 Meter hohen Passhöhe des Colle delle Finestre genießt man lieber die Ruhe, bevor es auf der Strada dell’ Assietta zurück ins Tal geht. Unterm Strich doch ganz spannend, was so ein SUV kann, wenn er will! Wahre Bewunderun­g verdienen allerdings die Sportler, die den Pass auf dem Fahrrad bezwungen haben. Im Mai kamen sogar die Profis durch, im Rahmen des Giro d’Italia.

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Fotos: Walter Tillmann, Subaru Kleiner Ausritt ins leichte Gelände gefällig? Idyllisch schlängelt sich die Naturstraß­e über den 2178 Meter hohen Colle delle Fi nestre rund 80 Kilometer westlich von Turin.
 ??  ?? Offroad Optik und Substanz: der allrad getriebene Subaru Outback.
Offroad Optik und Substanz: der allrad getriebene Subaru Outback.

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