Blindgänger in Leipheim: Er muss gesprengt werden
Das Kinderfest-Wochenende hat für die Einsatzkräfte in Leipheim mit zusätzlicher Arbeit begonnen. Nach einem Stromausfall war man bei der Fehlersuche auf eine Abwehrrakete im Boden gestoßen. Entschärft werden konnte sie nicht
Zusätzlich zum Kinderfest hatten die Einsatzkräfte noch einige Arbeit. Eine Panzerabwehrrakete war gefunden worden.
Leipheim Es ist ein Zufall mit Auswirkungen gewesen: Nach einem Stromausfall wurde in Leipheim am Freitagabend mit einem Bagger nach einem Schaden an einer Stromleitung im Bereich Jakob-WeheStraße/Fonyoder Straße gesucht – und eine kleine, stark korrodierte Panzerabwehrrakete aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gefunden. Daraufhin sperrten die alarmierten Sicherheitskräfte den Fundort, das Sprengkommando verschaffte sich zunächst mithilfe eines Fotos einen ersten Eindruck. Da der sichernde Vorstecker fehlte, war klar: Es ist ein Blindgänger, der nicht weit transportiert werden kann. In der (einbrechenden) Dunkelheit wäre es nicht möglich gewesen, die Rakete unschädlich zu machen. Die Aufgabe wurde auf den Samstag verlegt, der Stromausfall mit der Umschaltung auf ein anderes Netz beendet.
An diesem Samstagmorgen beginnt der Einsatz um 7 Uhr. Das Sprengkommando untersucht zunächst, ob der Blindgänger zumindest ein kurzes Stück weggebracht werden kann oder an Ort und Stelle gesprengt werden muss. Eine Entschärfung ist nicht möglich. Das Brisante: In unmittelbarer Nähe stehen nicht nur viele Wohnhäuser, sondern auch das RummelsbergerStift. Das Gute: Auf der anderen Seite beginnt das Areal des ehemaligen Fliegerhorsts mit dem Sportplatz. Das Sprengkommando entschließt sich, die Rakete dorthin zu bringen. So kann eine größere Evakuierung vermieden werden.
So müssen nur die Bewohner dreier Häuser ihr Zuhause vorübergehend verlassen, bei drei weiteren genügt es, wenn die Menschen im Inneren bleiben. Ein Bürogebäude wird geräumt, Straßen und eine Firma werden gesperrt und die Fahrer von Lastwagen, die am Rand des Sportplatzes Pause machen, müssen sich auch für einige Zeit einen anderen Platz suchen. Und die Bewohner des Stifts werden vorsorglich vor dem Spreng-Knall gewarnt.
sich Polizei und Feuerwehr um diese Maßnahmen kümmern, haben die Einsatzleitung und weitere Kräfte zwischen zwei ehemaligen Fahrzeughallen der Bundeswehr Position bezogen. Der Eigentümer des Geländes, auf dem sie stehen, kommt auch vorbei und erkundigt sich, warum sie hier sind.
Die Polizei ist mit 21 Beamten aus Günzburg inklusive Autobahnpolizei, aus Burgau, Krumbach und Neu-Ulm im Einsatz, die Feuerwehr Leipheim mit 27 und die Feuerwehr Günzburg mit drei Kräften. Auch 20 Leute vom Rettungsdienst (Rotes Kreuz, Johanniter, Katastrophenschutz) sind da. Ebenso Kreisbrandinspektor Albert Müller und Roman Gepperth vom Landratsamt sowie ein Vertreter der Stadt. „Das Wochenende beginnt mit viel Arbeit, zusätzlich zum Kinderfest“, sagt Leipheims Feuerwehrkommandant Martin Schmitz. Die Veranstaltung wäre aber nicht tangiert.
Das Sprengkommando sorgt in der Zwischenzeit dafür, dass die Druckwelle bei der Sprengung und Splitter sich nicht zu weit ausbreiten, unter anderem werden große Wasserbehälter aufgestellt. Ein MitWährend arbeiter des Energieversorgers erzählt, während auch er auf die Sprengung wartet, dass sich ein Messwagen an den Stromkreis anschließen kann, um den Fehler in der Leitung zu lokalisieren. An der Stelle, an der die Rakete unter einem Randstein zum Vorschein kam, sei schon einmal gearbeitet worden, damals ging es um die Internetversorgung. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn man direkt auf den Blindgänger gestoßen wäre, sagt er. Polizeieinsatzleiter Stefan Müller wird per Funk informiert, dass sich die Sprengung ein wenig verzögert. Der Sportplatz ist umzäunt, aber Schaulustige haben eine Lücke im Zaun gefunden. Sie müssen noch in Sicherheit gebracht werden. Wenn der Sprengmeister so weit ist, soll es Warnsignale per Tröte geben. Von der Stelle aus, an der die Einsatzleitung steht, ist sie nicht zu hören, deshalb wird Müller von den näher stehenden Kollegen informiert. Als sie signalisieren, dass es losgeht, greift er zum Funkgerät und sagt durch: „Die Sprengung steht unmittelbar bev...“Weiter kommt er nicht, er wird um 10.46 Uhr von einem Knall unterbrochen. Kurz darauf kommt die Meldung: Es ist alles gut gegangen.
Während die meisten Einsatzkräfte jetzt abrücken können, fahren die Verantwortlichen kurz noch rüber zum Sportplatz. Dort erklärt ihnen Sprengmeister Michael Filips – beziehungsweise Feuerwerker, wie man offiziell sagt –, dass die Panzerabwehrrakete aus einer amerikanischen Bazooka verschossen worden war. Die Splitter konnten bei der Sprengung dank der Vorkehrungen aus Wasser und Sand nun auf einen Fünf-Meter-Radius begrenzt werden. Wäre der Blindgänger an seiner Fundstelle unkontrolliert explodiert, „hätte es Tote und Verletzte geben können“.
Filips musste ihn in einem bestimmten Winkel selbst zum Sportplatz tragen, erzählt er. Eine Sprengung am Fundort wäre auch angesichts einer dort verlaufenden Gasleitung zu haarig geworden. Dem Mitarbeiter der Stromfirma rät er, (auch) weitere Arbeiten von einer Kampfmittelträumfirma begleiten zu lassen. Nicht, dass neben dem Blindgänger mehr liegt. Leipheim sei im Zweiten Weltkrieg schließlich ein umkämpftes Gebiet gewesen, hier könne noch so einiges zum Vorschein kommen. Der Mitarbeiter der Stromfirma nimmt den Rat gerne an, nicht dass doch etwas passiert. Filips und sein Team müssen aber weiter. Im Bereich Nürnberg wurde eine alte Flak-Granate entdeckt. Auch ein Job für das Sprengkommando Ingolstadt.