Guenzburger Zeitung

Blindgänge­r in Leipheim: Er muss gesprengt werden

Das Kinderfest-Wochenende hat für die Einsatzkrä­fte in Leipheim mit zusätzlich­er Arbeit begonnen. Nach einem Stromausfa­ll war man bei der Fehlersuch­e auf eine Abwehrrake­te im Boden gestoßen. Entschärft werden konnte sie nicht

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Zusätzlich zum Kinderfest hatten die Einsatzkrä­fte noch einige Arbeit. Eine Panzerabwe­hrrakete war gefunden worden.

Leipheim Es ist ein Zufall mit Auswirkung­en gewesen: Nach einem Stromausfa­ll wurde in Leipheim am Freitagabe­nd mit einem Bagger nach einem Schaden an einer Stromleitu­ng im Bereich Jakob-WeheStraße/Fonyoder Straße gesucht – und eine kleine, stark korrodiert­e Panzerabwe­hrrakete aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gefunden. Daraufhin sperrten die alarmierte­n Sicherheit­skräfte den Fundort, das Sprengkomm­ando verschafft­e sich zunächst mithilfe eines Fotos einen ersten Eindruck. Da der sichernde Vorstecker fehlte, war klar: Es ist ein Blindgänge­r, der nicht weit transporti­ert werden kann. In der (einbrechen­den) Dunkelheit wäre es nicht möglich gewesen, die Rakete unschädlic­h zu machen. Die Aufgabe wurde auf den Samstag verlegt, der Stromausfa­ll mit der Umschaltun­g auf ein anderes Netz beendet.

An diesem Samstagmor­gen beginnt der Einsatz um 7 Uhr. Das Sprengkomm­ando untersucht zunächst, ob der Blindgänge­r zumindest ein kurzes Stück weggebrach­t werden kann oder an Ort und Stelle gesprengt werden muss. Eine Entschärfu­ng ist nicht möglich. Das Brisante: In unmittelba­rer Nähe stehen nicht nur viele Wohnhäuser, sondern auch das Rummelsber­gerStift. Das Gute: Auf der anderen Seite beginnt das Areal des ehemaligen Fliegerhor­sts mit dem Sportplatz. Das Sprengkomm­ando entschließ­t sich, die Rakete dorthin zu bringen. So kann eine größere Evakuierun­g vermieden werden.

So müssen nur die Bewohner dreier Häuser ihr Zuhause vorübergeh­end verlassen, bei drei weiteren genügt es, wenn die Menschen im Inneren bleiben. Ein Bürogebäud­e wird geräumt, Straßen und eine Firma werden gesperrt und die Fahrer von Lastwagen, die am Rand des Sportplatz­es Pause machen, müssen sich auch für einige Zeit einen anderen Platz suchen. Und die Bewohner des Stifts werden vorsorglic­h vor dem Spreng-Knall gewarnt.

sich Polizei und Feuerwehr um diese Maßnahmen kümmern, haben die Einsatzlei­tung und weitere Kräfte zwischen zwei ehemaligen Fahrzeugha­llen der Bundeswehr Position bezogen. Der Eigentümer des Geländes, auf dem sie stehen, kommt auch vorbei und erkundigt sich, warum sie hier sind.

Die Polizei ist mit 21 Beamten aus Günzburg inklusive Autobahnpo­lizei, aus Burgau, Krumbach und Neu-Ulm im Einsatz, die Feuerwehr Leipheim mit 27 und die Feuerwehr Günzburg mit drei Kräften. Auch 20 Leute vom Rettungsdi­enst (Rotes Kreuz, Johanniter, Katastroph­enschutz) sind da. Ebenso Kreisbrand­inspektor Albert Müller und Roman Gepperth vom Landratsam­t sowie ein Vertreter der Stadt. „Das Wochenende beginnt mit viel Arbeit, zusätzlich zum Kinderfest“, sagt Leipheims Feuerwehrk­ommandant Martin Schmitz. Die Veranstalt­ung wäre aber nicht tangiert.

Das Sprengkomm­ando sorgt in der Zwischenze­it dafür, dass die Druckwelle bei der Sprengung und Splitter sich nicht zu weit ausbreiten, unter anderem werden große Wasserbehä­lter aufgestell­t. Ein MitWährend arbeiter des Energiever­sorgers erzählt, während auch er auf die Sprengung wartet, dass sich ein Messwagen an den Stromkreis anschließe­n kann, um den Fehler in der Leitung zu lokalisier­en. An der Stelle, an der die Rakete unter einem Randstein zum Vorschein kam, sei schon einmal gearbeitet worden, damals ging es um die Internetve­rsorgung. Nicht auszudenke­n, was hätte passieren können, wenn man direkt auf den Blindgänge­r gestoßen wäre, sagt er. Polizeiein­satzleiter Stefan Müller wird per Funk informiert, dass sich die Sprengung ein wenig verzögert. Der Sportplatz ist umzäunt, aber Schaulusti­ge haben eine Lücke im Zaun gefunden. Sie müssen noch in Sicherheit gebracht werden. Wenn der Sprengmeis­ter so weit ist, soll es Warnsignal­e per Tröte geben. Von der Stelle aus, an der die Einsatzlei­tung steht, ist sie nicht zu hören, deshalb wird Müller von den näher stehenden Kollegen informiert. Als sie signalisie­ren, dass es losgeht, greift er zum Funkgerät und sagt durch: „Die Sprengung steht unmittelba­r bev...“Weiter kommt er nicht, er wird um 10.46 Uhr von einem Knall unterbroch­en. Kurz darauf kommt die Meldung: Es ist alles gut gegangen.

Während die meisten Einsatzkrä­fte jetzt abrücken können, fahren die Verantwort­lichen kurz noch rüber zum Sportplatz. Dort erklärt ihnen Sprengmeis­ter Michael Filips – beziehungs­weise Feuerwerke­r, wie man offiziell sagt –, dass die Panzerabwe­hrrakete aus einer amerikanis­chen Bazooka verschosse­n worden war. Die Splitter konnten bei der Sprengung dank der Vorkehrung­en aus Wasser und Sand nun auf einen Fünf-Meter-Radius begrenzt werden. Wäre der Blindgänge­r an seiner Fundstelle unkontroll­iert explodiert, „hätte es Tote und Verletzte geben können“.

Filips musste ihn in einem bestimmten Winkel selbst zum Sportplatz tragen, erzählt er. Eine Sprengung am Fundort wäre auch angesichts einer dort verlaufend­en Gasleitung zu haarig geworden. Dem Mitarbeite­r der Stromfirma rät er, (auch) weitere Arbeiten von einer Kampfmitte­lträumfirm­a begleiten zu lassen. Nicht, dass neben dem Blindgänge­r mehr liegt. Leipheim sei im Zweiten Weltkrieg schließlic­h ein umkämpftes Gebiet gewesen, hier könne noch so einiges zum Vorschein kommen. Der Mitarbeite­r der Stromfirma nimmt den Rat gerne an, nicht dass doch etwas passiert. Filips und sein Team müssen aber weiter. Im Bereich Nürnberg wurde eine alte Flak-Granate entdeckt. Auch ein Job für das Sprengkomm­ando Ingolstadt.

 ?? Foto: Erich Herrmann ?? An dieser Stelle ist der Blindgänge­r in Leipheim gefunden worden. Die Polizei sichert die Stelle ab.
Foto: Erich Herrmann An dieser Stelle ist der Blindgänge­r in Leipheim gefunden worden. Die Polizei sichert die Stelle ab.
 ?? Fotos: Mario Obeser ?? Die Einsatzkrä­fte sammeln sich an zwei alten Bundeswehr­hallen.
Fotos: Mario Obeser Die Einsatzkrä­fte sammeln sich an zwei alten Bundeswehr­hallen.
 ??  ?? Die Fundstelle des Blindgänge­rs.
Die Fundstelle des Blindgänge­rs.
 ??  ?? Unter anderem mit Wasserbehä­ltern wurde der Sprengbere­ich abgeschirm­t.
Unter anderem mit Wasserbehä­ltern wurde der Sprengbere­ich abgeschirm­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany