„Für mich ist es das Normalste auf der Welt“
Warum Stephan Schmid seit fast 20 Jahren barfuß unterwegs ist. Auch beim Landkreislauf verzichtet er auf Schuhe
Burgau/Gundremmingen Als Stephan Schmid beim Landkreislauf 2017 in Mindelzell für die Mannschaft „KKG Gundremmingen laufen lassen“seine 3,8 Kilometer lange Runde durch die Mindelauen drehte, zog er nicht nur bewundernde, sondern auch erstaunte und mitleidige Blicke auf sich. Dabei war der 58-Jährige nicht der Schnellste und auch nicht der Langsamste der insgesamt 1050 Staffelläufer. Und er war weder der kleinste noch der größte, weder der jüngste noch der älteste Rundendreher. Was Schmid an diesem Tag ins Blickfeld rückte: Er nahm den mit Feld-, Wald- und Teerweg ausgestatteten Rundkurs barfuß unter die Sohlen und das mit einer scheinbaren Leichtigkeit, als hätte er den besten, teuersten und optimal gedämpften Laufschuh geschnürt. „Für mich würde das heißen: Barfuß durch die Hölle“, hatte ein Zuschauer beim Anblick des KKG-Läufers versichert.
Ganz anders sieht das Schmid. Für ihn ist das seit nunmehr fast 20 Jahren „das Normalste auf der Welt“. Weil er seinerzeit beim Joggen vermehrt Probleme wegen zu hoher Pulswerte hatte, musste er sich was einfallen lassen. In der Kardiologie in Ulm kam man den Ursachen auf die Spur: Die Hauptschlagader war zu 80 Prozent zu und drei Stents mussten gesetzt werden. „Der Arzt hat mir damals zum Geburtstag gratuliert“, erinnert sich Schmid heute mit einem Schuss Galgenhumor an die damalige, äußerst brenzlige Situation. Kürzer treten hieß es fortan, doch sage man das mal einem engagierten und ehrgeizigen Läufer. Die Bremse zog der Burgauer dadurch, dass er künftig barfuß seine Runden drehte und damit automatisch langsamer unterwegs war.
Inzwischen hat er seinen Puls wieder unter Kontrolle und kommt beim Sport auf einen per Pulsmesser kontrollierten Durchschnittswert von 140. Freilich muss er bei den Laufzeiten Abstriche machen. „Früher habe ich zehn Kilometer unter 45 Minuten geschafft, heute benötige ich dafür halt 58“, verrät der 59-Jährige. Das spiele aber keine Rolle, schließlich habe das Barfußlaufen einen positiven Nebeneffekt bewirkt. Dazu Schmid: „Seitdem habe ich keine Probleme mehr mit dem Kreuz.“
Aber wie ist das nun, wenn es barfuß auf die Laufstrecke geht? „Für mich nichts Besonderes mehr. Meine Fußsohlen haben inzwischen mehr eine Leder- als Hornhaut, ohne dass dabei das Gefühl verloren gegangen ist“, berichtet Schmid. Teerstraßen mag er gar nicht, am liebsten sind ihm fein gesplittete Wege oder Waldboden. So wie auf seiner Hausstrecke, einem Wildpfad zwischen Goldbach, Schöneberg und Ettenbeuren. Von Verletzungen an seinen Beinen, die eine ärztliche Behandlung erfordern, blieb er bisher verschont, kleinere Blessuren, wie etwa Dornen in den Sohlen, ist er gewohnt. Selbst Bergtouren, etwa auf das Riedberger Horn, unternimmt er ohne Schuhe, wobei ihm das Aufsteigen keine Probleme bereitet, während er den Abstieg als schwierig bezeichnet. Auch Kälte lässt ihn weitgehend kalt. „Minus acht Grad sind dann aber schon grenzwertig, vor allem wenn man mal stehen muss“, hat Schmid erfahren müssen.
Barfußlaufen beschränkt sich bei dem 58-Jährigen nicht nur auf die sportlichen Aktivitäten. Zuhause ist er fast das ganze Jahr barfuß anzutreffen und selbst auf Reisen verzichtet er auf Schuhwerk. So ist es nicht verwunderlich, dass er schon unzählige anerkennende und respektvolle, aber auch besorgte Kommentare („Wie kann man bloß“) zu hören bekam. Jüngst bei einer Städtereise nach Amsterdam war die Reiseleiterin besorgt, ob er die Besichtigung denn ohne Verletzungen überstehen werde und in Mailand verwehrte man ihm gar den Zutritt in den Dom.
Beim Landkreislauf am kommenden Samstag in Balzhausen will der 58-jährige Stephan Schmid zusammen mit Daniela Schauler, Martin Neuer, Markus Koppold, Stefan Gsell, Jana Zengerle-Frank, Felix Schmid und Justin Morais wieder für ein Mixed-Team des Kernkraftwerkes Gundremmingen (dort hat er bis vor Kurzem als Messtechniker gearbeitet) an den Start gehen. Barfuß natürlich, versteht sich!