Guenzburger Zeitung

Technik, Tempo und viel Taktik

- grantler@guenzburge­r zeitung.de VOM GRANTLER

Jetzt sind’s also nur noch vier und ja, der ursprüngli­che WM-Favorit vom Grantler ist noch dabei. Das mag er jedoch nur am Rande erwähnen und um den Halbsatz ergänzen, dass er in den meisten anderen Tippspiele­n schwer daneben gelegen hat. Viel wichtiger ist auch die Frage: Was haben die vier Halbfinali­sten gemeinsam – und was hat der deutschen Mannschaft im Unterschie­d zu den Besten gefehlt?

Wer die guten bis hochklassi­gen Spiele bei dieser WM gesehen hat, erkennt drei Faktoren, die erfolgreic­he von enttäusche­nden Mannschaft­en unterschei­den: Technik, Taktik und Tempo.

Die Summe der Könner ist bei den Halbfinali­sten einfach höher als bei den allermeist­en der anderen 28 Nationen, die angetreten waren, um den Weltpokal zu holen. Der eine oder andere Leser mag jetzt mit Recht einwenden, Brasilien, Spanien und ein paar der übrigen üblichen Verdächtig­en (zum Beispiel Deutschlan­d) hätten doch auch jede Menge Superfußba­ller. Gewiss, antwortet der Grantler, doch die sind aus anderen Gründen gescheiter­t.

Was Deutsche und Spanier angeht, zum Beispiel am Tempo. Hatte nur der Grantler den Eindruck, dass die Spielgesch­windigkeit enorm davon abhing, welche Mannschaft­en gerade beteiligt waren? Wie sagte doch der großartige Reporter Werner Hansch einst: „Nein, liebe Zuschauer, das ist keine Zeitlupe – der läuft wirklich so langsam.“Diesen Satz hätte der Grantler auf beinahe jeden in Jogis Jogginggru­ppe anwenden können.

Bleibt die Taktik, ein Lieblingst­hema des Grantlers. Und er freut sich, dass die WM 2018 auch und vor allem eine Trainer-WM ist. Selten in der jüngeren Vergangenh­eit waren Systeme so eingespiel­t, funktionie­rten Teams derart perfekt wie diesmal. Die 5-5-0-Formation der Südkoreane­r bei gegnerisch­em Ballbesitz, der perfekte Diagonalpa­ss der Mexikaner durch die Innenverte­idigung, die Rückkehr zur Vierer-Abwehrkett­e der Belgier im Spiel gegen Brasilien, die Eckball-Varianten der Engländer, die beeindruck­end laufintens­ive Verteidigu­ngsstrateg­ie der Russen und vieles mehr hat den Grantler immer wieder vor Entzückung aus seinem Fernsehses­sel gerissen. Und nichts, aber wirklich gar nichts Vergleichb­ares ist ihm aus den Spielen der Deutschen in Erinnerung. Die sammelten stattdesse­n statistisc­he Werte zum Ballbesitz und zur Anzahl der gespielten Pässe. Aber wer gegen tief stehende Systeme keine Ideen und kein Tempo entwickelt, verliert. Anders gesagt: Die Zeit von Tiki-Taka ist vorbei. Oder noch anders: Erfolgreic­her Fußball 2018 ist wieder mehr Männer- als Bubensport, mehr Körperlich­keit als Körperkult. Und das ist gut so, findet der Grantler.

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