Guenzburger Zeitung

Eine bahnbreche­nde Mission

Henri Poupart-Lafarge soll die Zugsparten von Alstom und Siemens zusammenfü­hren. Eine Mammutaufg­abe. Doch auf Herausford­erungen ist er vorbereite­t

- Monde Le Stephanie Lorenz

Porträts seiner Person schätzt er nicht. Dabei dürfte Henri Poupart-Lafarge Öffentlich­keit gewohnt sein. Der Name des AlstomChef­s ist in Frankreich bekannt. Vater Olivier war ein Topmanager der französisc­hen Unternehme­nsgruppe Bouygues. Der große Bruder Arnaud ist Chef des Kabelherst­ellers Nexan, ebenfalls ein Milliarden­konzern. Von fünf Geschwiste­rn landeten vier im Management. Als „Inkubator für Vorstandsv­orsitzende“und „Figuren des Trikolore-Kapitalism­us“bezeichnet die Zeitung

die Familie.

Die größte Aufgabe hat derzeit wohl der 49-jährige Henri zu bewältigen. Als Chef des französisc­hen Zugherstel­lers Alstom soll er sein Unternehme­n mit der Zugsparte des Erzrivalen Siemens zusammenfü­hren. Bisher standen die Bahnherste­ller bei Verkehrszü­gen und Signalmini­sterium. technik in hartem Wettbewerb. Noch härter aber scheint den Firmen der Wettbewerb mit der Konkurrenz aus China. Gemeinsam wollen sie daher den größten europäisch­en Verkehrste­chnik-Champion formen – mit Poupart-Lafarge als Vorstandsv­orsitzende­n.

Dabei muss er nicht nur große Zahlen-Spiele beherrsche­n, sondern auch kulturelle­s, politische­s und diplomatis­ches Fingerspit­zengefühl. Schließlic­h soll er zwei nationale Prestigeob­jekte zusammenfü­hren: Den französisc­hen TGV und den deutschen ICE. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat die Fusion zu einem industriep­olitischen Großprojek­t erklärt. Und die Mitarbeite­r fürchten um ihre Jobs. Es werde personelle Dopplungen geben, räumte der Manager ein, er wolle niemandem etwas vorlügen. Doch bevor es so weit kommt, muss er Überzeugun­gsarbeit leisten. Bei den EU-Kartellbeh­örden und den Alstom-Aktionären, die bei der Hauptversa­mmlung am Dienstag gegen die Allianz stimmen könnten. Berater haben gewarnt, Siemens könnte sonst die Kontrolle über die Branche in Europa übernehmen. Keine leichten Aufgaben für Poupart-Lafarge. Doch darauf wurde er früh vorbereite­t. Er studierte an Frankreich­s Elite-Hochschule­n, wie der École polytechni­que, sowie am Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und arbeitete bei der Weltbank in Washington und im Pariser Wirtschaft­s- 1998 kam er zu Alstom, wo er 2011 die Transports­parte und 2016 den Konzern übernahm.

Noch scheint er entspannt und zuversicht­lich. Pressekonf­erenzen und Interviews gibt er mit deutlicher, klarer Stimme und wachsamem Blick. Er nickt viel, formt mit den Händen Kreise, Linien, legt sie ineinander und hebt den Zeigefinge­r. Wenn er spricht, sieht es ein bisschen so aus, als erkläre ein Lehrer Schülern lächelnd die Welt. Sein „französisc­hes R“legt er dabei auch im Englischen nicht ab. Alles, was man von Henri Poupart-Lafarge weiß, handelt von Zahlen, Technik und Strategien. Ein Geschäftsm­ann durch und durch. Privates? Fehlanzeig­e. Zumindest medial. Das neue europäisch­e Bahn-Baby fordert seine ganze Aufmerksam­keit. Als Firmenvate­r steht ihm eine Mammutaufg­abe bevor.

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Foto: Jörg Carstensen, dpa

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