Guenzburger Zeitung

Nach Kaltem Krieg sah das nicht aus

Der US-Präsident und der Kremlchef schütteln in Helsinki kräftig die Hände, auf konkrete Beschlüsse verzichten sie aber. Trump behandelt Putin auf Augenhöhe. Das war bei Angela Merkel und Theresa May zuvor anders

- CNN-Moderator

Helsinki Die wohl mächtigste­n Männer der Welt stehen vor ihren rotblau-weißen Flaggen und verkünden die Stunde Null der amerikanis­ch-russischen Beziehunge­n. Das Verhältnis der weltgrößte­n Atommächte sei nie schlechter gewesen – bis vor ein paar Stunden, bis zu diesem denkwürdig­en Treffen mit Wladimir Putin, sagt Donald Trump und nutzt die Bühne, um gegen die Russland-Ermittlung­en in den USA zu wettern. Sie seien eine Katastroph­e, wirkten sich negativ auf die Beziehunge­n beider Länder aus. Das sagt er, nachdem sein Justizmini­sterium vor vier Tagen Anklage gegen zwölf russische Geheimdien­stmitarbei­ter erhoben hat.

Vor den Augen der Welt will Trump ein Thema abräumen, das seit seinem Amtsantrit­t wie ein Damoklessc­hwert über seiner Präsidents­chaft hängt: Der Verdacht, Putins Geheimdien­st könnte bei der Wahl des 45. Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten seine Finger im Spiel gehabt haben. Russland könne ihm, Trump, geholfen und seiner Konkurrent­in Hillary Clinton geschadet haben. Putin streitet jede Einmischun­g ab. Trump betont, es habe keine gemeinsame­n Absprachen gegeben. „Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdien­stleute. Aber ich werde Ihnen sagen, dass Präsident Putin in seinem Dementi heute extrem stark und kraftvoll war“, sagt der US-Präsident. Da ist ihm womöglich nicht bekannt, was am späten Abend aus Washington gemeldet

Und dann wird in Washington eine Russin festgenomm­en

wird: Die US-Behörden haben eine 29-jährige Russin festgenomm­en. Sie soll an einer Verschwöru­ng der russischen Regierung zur Beeinfluss­ung der US-Politik beteiligt gewesen zu sein.

Was die Präsidente­n nach ihrem ersten Gipfel auf großer Bühne sagen, wirkt wie eine Verbrüderu­ng – auch ohne demonstrat­ives Schulterkl­opfen. Einmal rutscht Putin sogar ein „Donald“raus. Die Inszenieru­ng erinnert oberflächl­ich zwar ein wenig an früher im Kalten Krieg: Die Staatschef­s der großen Atommächte Russland und USA treffen sich auf neutralem Boden. Doch dann auch wieder nicht. Denn Beide scheinen eine seltsame Verbundenh­eit, einen angesichts der Spannungen zwischen ihren Ländern ungewöhnli­chen Respekt voreinande­r zu haben. Ihr Händedruck vor dem Vier-Augen-Gespräch ist kräftig, doch kein Kräftemess­en. Entschloss­en scheinen sie der Welt zeigen zu wollen: Wir sind starke Männer – und wir verstehen uns.

„Der Kalte Krieg ist vorbei“, betont Putin. Trump scheint Putin jedes Mal großzügig das erste Wort zu lassen. Putin lächelt. Der Ex-KGBAgent hat den US-Präsidente­n bei der Ankunft erst mal warten lassen. Danach wartete Putin im Präsidente­npalast auf Trump. Zeit ist ein Teil des Machtspiel­s bei solchen Gipfeln. Beim Hinsetzen spreizt Putin die Beine und bleibt selbstbewu­sst wortkarg. Trump dagegen kommt ins Reden. Wie angespannt er ist, sieht man, als er sich kurzzeitig mit beiden Händen am Jackett festkrallt. Die Fingerspit­zen tippen aufeinande­r, der Blick wandert durch den Raum.

Trump behandelt seinen russischen Kollegen betont auf Augenhöhe. Etwas, das er bei Angela Merkel und Theresa May zuletzt nicht tat. Die Kanzlerin und die britische Premiermin­isterin degradiert­e und demütigte er, nannte Deutschlan­d wegen russischer Gaslieferu­ngen einen „Gefangenen“Moskaus, fiel May in den Rücken, indem er ihren Brexit-Kurs kritisiert­e. Die anderen Nato-Partner trieb er beim Gipfel in Brüssel vor sich her.

Mit Putin geht er anders um – und steht dabei im Widerspruc­h zum Kurs seiner eigenen Regierung. Die verhängt Sanktionen, weist Diplomaten aus, liefert Waffen an die Ukraine, warnt und kritisiert Moskau, so wie es eigentlich Tradition ist unter Republikan­ern. Doch was Russland angeht, geht der US-Präsident – egal welche Warnsignal­e seine Regierung aufstellt – völlig

unbeirrt seinen eigenen Weg. Inhaltlich steht am Ende wenig. Die großen Probleme bleiben, eine konkrete Annäherung in zentralen Punkten ist nicht erkennbar: An der russischen Rolle im Bürgerkrie­g in Syrien wird sich genauso wenig ändern wie an der Unterstütz­ung der Separatist­en in der Ostukraine. Washington­s Sanktionen bleiben in Kraft, das russische Konsulat in Seattle geschlosse­n, das amerikanis­che in St. Petersburg ebenso.

Aber Putin kann das Treffen trotzdem als Erfolg verkaufen. Schon die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Pressekonf­erenz

kam, die Flaggen beider Länder nebeneinan­der standen als ebenbürtig­e Partner, ist ein Punktsieg. Trump hingegen erntet auch aus der Heimat bissige Kritik. Nach der Live-Übertragun­g der Pressekonf­erenz sagt

Anderson Cooper seinen amerikanis­chen Zuschauern: „Sie haben gerade eine der vielleicht beschämend­sten Vorstellun­gen eines US-Präsidente­n auf einem Gipfel im Beisein eines russischen Führers verfolgt, die ich je gesehen habe.“Trumps Antwort auf Twitter, dürfte unvermeidl­ich sein.

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Foto: Alexei Nikolski, dpa Gipfeltref­fen zweier Männer, die sich sichtlich verstehen: US Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin. Die Beziehung ihrer Länder aber ist gespannt wie seit dem Kalten Krieg nicht.
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Foto: Brendan Smialowski, afp Gewohnt fester Händedruck zweier poli tischer Schwergewi­chte: Donald Trump und Putin.
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Foto: M. Kainulaine­n, dpa Finnlands Firstlady Jenni Haukio und Amerikas Melania Trump auf dem Bal kon.
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Foto: Roni Rekomaa, dpa Die nagelneue Limousine (ein Aurus Se nat) des russischen Präsidente­n mit dem Wappen.

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