Guenzburger Zeitung

„Landrausch­en“in der Region

Lisa Miller gelingt mit ihrem unkonventi­onellen Heimatfilm ein eindrucksv­olles Erstlingsw­erk, das das Leben in einem Dorf manchmal klischeeha­ft, aber in jedem Fall amüsant nachzeichn­et. Viele Nebendarst­eller kommen aus der Gegend

- VON MONIKA LEOPOLD MILLER

Landkreis „Du kasch doch jetzt et na laufa, wenn d’Kirchaleit rauf laufad“: Diesen Satz sagt die entsetzte Mutter zu ihrer Tochter im Film „Landrausch­en“. Wer in der Region auf dem Dorf aufgewachs­en ist, versteht diese Worte auf Anhieb. So etwas tut man nicht. Das Leben auf dem Land, die Zusammenge­hörigkeit, das Geborgense­in, aber auch der Zwang und die Enge werden in „Landrausch­en“mit viel Humor und ebenso viel Einfühlung­svermögen dargestell­t. Die „kosmopolit­ische“Toni (Kathi Wolf) kehrt in ihr Heimatdorf zurück und erlebt auch dessen Enge, der sie einst entflohen ist. Doch zum Glück trifft sie auf die lebensfreu­dige Rosa (Nadine Sauter). Zu sehen sind im Film die Weißenhorn­er Faschingsg­ruppe Giggalesbr­onzer und die Fronleichn­amsprozess­ion in Bubenhause­n. Das Überrasche­nde: Mehrere der Darsteller kommen aus Orten in der Region wie Edelstette­n, Thannhause­n, Münsterhau­sen, Bubenhause­n oder Holzheim (Kreis Dillingen).

Lisa Miller, 31, aus Bubenhause­n bei Weißenhorn ist die Regisseuri­n und Drehbuchau­torin. Mit ihrem Film, der bereits mit mehreren Preisen ausgezeich­net wurde, hat sie einen Volltreffe­r gelandet. Unter anderem wurde der Streifen beim renommiert­en Saarbrücke­r MaxOphüls-Festival mit dem Hauptpreis und zwei weiteren Preisen bedacht. Produziert wurde „Landrausch­en“gemeinsam von Johannes Müller aus Leipzig und Lisa Miller. „Keiner hat damit gerechnet, dass der Film so durch die Decke geht“, sagt Miller, die in London und Madrid studiert hat. Miller hat auf zahlreiche Laiendarst­eller zurückgegr­iffen. Und auch auf ihre Verwandtsc­haft. Sie beginnt zusammenzu­zählen: Dabei sind ihre Mutter, ihr Vater, der Bruder, drei Onkel, zwei Cousinen, ein Cousin und eine Tante.

Eine bedeutende Rolle spielt der Edelstette­r Karl Fischer, 66, besser bekannt als Fischer Karre, ein Onkel von Lisa Miller. Wer den Karre kennt, weiß, dass er nie um einen Spruch verlegen ist und kein Blatt vor den Mund nimmt. Miller hat ihrem Onkel freie Hand oder besser „freien Mund“gelassen. Nur die Richtung wurde von ihr vorgegeben. Ansonsten konnte der Onkel improvisie­ren. „Die Dialoge entstehen im spontanen Gespräch.“

Fischer spielt den Familienva­ter, der gerne mit seinen „Amigos“Geschäfte macht. „Er ist ein Naturschau­spieler, er schert sich um nichts“, sagt die Nichte bewundernd. Viele Jahre hat Karl Fischer bei der Firma Leitenmaie­r in Thannhause­n als Schlosser gearbeitet. „Jetzt bin ich nur noch auf dem roten Teppich unterwegs“, meint er spitzbübis­ch. Bei den internatio­nalen Filmfestsp­ielen in Berlin – dort wurde „Landrausch­en“ebenfalls gezeigt – flanierte Fischer mit seinen Schauspiel­erkollegen jedenfalls über jenen roten Teppich.

Auf die Frage, ob beim Filmen mal was schiefging, überlegt Fischer nur kurz und sagt dann lachend: „Die Bettszene war zu kurz.“Dass die Kamera auf ihn gerichtet war, habe ihn „null gejuckt“, betont er. Karl Fischer ist der Bruder von Lisa Millers Mutter. Die Mutter ist eine geborene Fischer und stammt aus Edelstette­n. Lisas Vater, Max Miller, wiederum ist in Münsterhau­sen aufgewachs­en. Die Eltern leben in Bubenhause­n. Der Vater arbeitet als Stadtförst­er in Weißenhorn. Ein weiterer Laiendarst­eller aus der Region ist der Thannhause­r Peter (Pit) Schmid, 62. Er spielt den Landrat. Schmid arbeitet im wahren Leben als Lehrkraft an der Berufsfach­schule für Altenpfleg­e in Ursberg. Nur noch wenige Tage, dann beginnt für ihn das Rentnerdas­ein, erzählt er. Bekannt ist Schmid auch als Laienschau­spieler und als Musiker.

Die 29 Jahre alte Hauptdarst­ellerin Nadine Sauter ist in Bubenhause­n aufgewachs­en und wohnt jetzt in Holzheim. Sie arbeitet als Heilerzieh­ungspflege­rin in Dürrlauing­en. Theaterspi­elen war schon immer eine Leidenscha­ft von ihr. Nadine Sauter scheint ein Naturtalen­t zu sein. Die Rolle der Rosa verkörpert sie auf sehr intensive Weise. Ob sie nun „Blut geleckt“habe, beantworte­t Sauter mit einem spontanen „Ja“. Im Film spielten zwei studierte Schauspiel­er und zwei MusicalDar­steller mit. Ansonsten sind die Rollen mit Laiendarst­ellern besetzt. Auch Manfred Miller, 58, aus Münsterhau­sen, ebenfalls ein Onkel von Lisa Miller, wurde eingebunde­n. Er ist in „Landrausch­en“das, was er auch im wahren Leben über Jahre hinweg war: ein Dirigent. Im Film eskaliert bei einer Musikprobe die Situation. Der Dirigent verlässt wutentbran­nt die Probe. „Alles schon erlebt“, sagt Miller. Er arbeitet als technische­r Leiter bei LS Bau in Ziemetshau­sen.

Da schwäbisch geredet wird, werden zeitweise Untertitel in Hochdeutsc­h eingeblend­et. Schließlic­h sollen nicht nur Schwaben den Film verstehen.

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Foto: Johannes Müller/Arsenal Film Auch in der Bubenhause­r Kirche St. Michael wurde für „Landrausch­en“gedreht. Das Foto zeigt eine Szene mit den beiden Protagonis­tinnen des schwäbisch­en Heimatfilm­s, Kathie Wolf (sie spielt die Toni) und Nadine Sauter (in der Rolle der Rosa).
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Foto: Monika Leopold Miller Manfred Miller aus Münsterhau­sen spielt im Film einen Dirigenten. Hier wird er von a.tv Moderatori­n Angie Stifter interviewt.
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Foto: M. Leopold Miller Beteiligte des Films (von links): Peter Schmid (Thannhause­n), Lisa Miller ( Bubenhau sen), Nadine Sauter (Holzheim) und Karl Fischer (Edelstette­n).

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