Guenzburger Zeitung

„Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen“

Wolfgang Egger, Chef des Immobilien­unternehme­ns Patrizia, verteidigt den Kauf der über 30000 Wohnungen der früheren Landesbank-Tochter GBW. Und er sagt, ob die Immobilien­preise weiter steigen

- Interview: Michael Kerler

Herr Egger, Innenminis­ter Seehofer und Ministerpr­äsident Söder sind im Landtag zum Verkauf der über 30 000 Wohnungen der früheren Landesbank­tochter GBW angehört worden. Gekauft hat die GBW ein Konsortium rund um Ihr Unternehme­n. Was sagen Sie zum Untersuchu­ngsausschu­ss? Wolfgang Egger: Drei Monate vor einer Wahl wird die GBW mal wieder als Spielball der Politik instrument­alisiert. Das scheint zur politische­n Routine zu werden – egal ob bei Bundestags-, Landtags- oder Kommunalwa­hlen. Hier findet ein politische­s Spiel statt, aus dem wir uns raushalten und bei dem niemand gewinnt.

Ein häufiger Vorwurf lautet, dass seit dem Verkauf die Mieten stark steigen. Was sagen Sie dazu?

Egger: Die GBW war immer eine Wohnungsge­sellschaft für breite Bevölkerun­gsschichte­n, und das wird sie auch in Zukunft sein. Das gilt sowohl hinsichtli­ch der Qualität der Wohnungen als auch hinsichtli­ch der Mieten: 2017 betrug die durchschni­ttliche Miete 7,22 Euro pro Quadratmet­er. Diese Zahl liest man in der aktuellen Berichters­tattung kaum. Seit Patrizia zusammen mit seinen langfristi­g orientiert­en Investoren die GBW 2013 übernommen hat, sind die Mieten für die Bestandsmi­eter von 2013 pro anno im Schnitt um 2,3 Prozent gestiegen. Das sagt, glaube ich, alles.

Bereuen Sie denn den GBW-Kauf nach all dem politische­n Wirbel? Egger: Warum sollten wir? Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen. Im Gegenteil – ohne Investoren wie Patrizia werden die Städte die Herausford­erungen der Zukunft nicht meistern. Allein die GBW wird in den nächsten Jahren 5000 neue Wohnungen bauen. In Summe sind für den Neubau und den Bestand 1,2 Milliarden Euro an Investitio­nen geplant. Nebenbei bemerkt: 30 Prozent des GBW-Wohnungsbe­stands sind geförderte Wohnungen. Die GBW ist neben den kommunalen Wohnungsge­sellschaft­en aktuell der größte Entwickler für geförderte­n Wohnraum in Bayern. Dies wäre zu Zeiten der Bayern LB aus unternehme­nsstrategi­schen Gründen überhaupt nicht möglich gewesen.

Warum werden aber die Investoren nicht offengeleg­t, die zusammen mit Patrizia die GBW kaufen?

Egger: Ihre Namen nicht zu nennen, ist der Wunsch der Investoren. Dies gehört zum Datenschut­z. Privatleut­e wollen auch nicht, dass ihre Investment­s offengeleg­t werden. Es sind alles deutschspr­achige Versorgung­swerke, Pensionska­ssen, Versicheru­ngen, Sparkassen, die sich an der GBW beteiligt haben – also Investoren, die damit beauftragt sind, die Altersvors­orgen von Privatkund­en langfristi­g anzulegen. Und aus heutiger Sicht lässt sich gut nachvollzi­ehen, dass sie sich bei all dem politische­n Wirbel richtig entschiede­n haben, ihr Engagement nicht offenlegen zu wollen.

Ein anderes Thema: Die Immobilien­preise steigen stark. Geht dies so weiter?

Egger: In der jetzigen Phase steigen die Preise, weil es aufgrund der niedrigen Zinsen keine attraktive­n Anlagealte­rnativen gibt und jeder in Immobilien investiere­n möchte. Dazu kommt, dass die ganzen letzten Jahre viel zu wenig Bauland ausgewiese­n wurde und immer mehr Nachfrage auf weniger Angebot trifft. Dieser Trend wird auch künftig anhalten, denn die Urbanisier­ung wird weiter zunehmen und der Zuzug in attraktive Städte anhalten. Insofern werden sich die Preise weiterentw­ickeln. Eine Immobilien­blase sehe ich aber aktuell nicht, da steigende Mieten steigende Kaufpreise rechtferti­gen. Was kann die Politik gegen zu hohe Preise unternehme­n?

Egger: In den Städten muss dichter gebaut werden, es muss höher gebaut werden und es muss mehr gebaut werden. Das ist die Formel! Es ist kein Wunder, dass die Mietpreisb­remse gescheiter­t ist. Die Mietpreisb­remse ist der falsche Weg. Sie hält Investoren davon ab, in den Wohnungsba­u zu investiere­n.

Wie wäre das möglich, günstige Mietwohnun­gen zu errichten?

Egger: Die Städte haben den Hebel in der Hand. Sie müssen mehr Bauland ausweisen und die Genehmigun­gsphasen kürzerhalt­en. Die Bauanforde­rungen sind außerdem viel zu hoch. Einfach formuliert: Weniger Regulierun­g wird mehr Wohnraum schaffen!

Würden Sie den Leuten bei den Preisen noch raten, eine Immobilie zu kaufen? Egger: Eine Immobilie sollte man immer langfristi­g kaufen, als Privatmann sowieso. Auch als Geldanlage kauft man Immobilien langfristi­g, um einen konstanten Rückfluss über die Miete zu haben. Der Wert der Immobilie kann natürlich mit den Zyklen am Markt schwanken. Von daher ist es wichtig, nicht verkaufen zu müssen, sondern immer in einer Position zu sein, die Immobilien behalten zu können.

Die Preise können also wieder fallen? Egger: Die Preise können immer fallen. Steigen die Zinsen, werden die Immobilien­preise zurückgehe­n. Das wird aber nur dann zu einem Problem, wenn man in der Krise verkaufen muss. Wenn Sie heute eine Immobilie kaufen, um sie in drei Jahren wieder zu verkaufen, würde ich deshalb sagen: Machen Sie es nicht!

Ein Blick auf Ihr Unternehme­n: Wie geht es denn Patrizia?

Egger: Grundsätzl­ich sind wir mit der Entwicklun­g sehr zufrieden. Wir sehen ein positives Marktumfel­d, da die Immobilie eine gesuchte Anlageklas­se ist. Unsere vor zehn Jahren vorgenomme­ne strategisc­he Aufstellun­g trägt Früchte. Wir sind heute der fünfgrößte Immobilien­investment-Manager in Europa. Wir investiere­n für rund 350 Organisati­onen – von Pensionska­ssen über Versicheru­ngen bis zu Sparkassen – Geld in Immobilien. Seit drei Jahren können auch Privatanle­ger in unsere Fonds investiere­n. Mittlerwei­le zählen wir 5000 Privatanle­ger zu unseren Kunden.

Welche Strategie verfolgen Sie bei der Expansion?

Egger: Wir können heute unseren Kunden ein breit diversifiz­iertes Investment-Spektrum anbieten: Immobilien in allen europäisch­en Län- dern und in allen Nutzungsar­ten – also Wohn-, Büro-, Handels-, Logistik-, Hotel- oder Pflegeimmo­bilien. Durch die vielfältig­en Anlagemögl­ichkeiten können Investoren ihre Investment­s diversifiz­ieren und reduzieren damit ihre Risiken. Insgesamt betreut Patrizia heute ein Immobilien­vermögen von rund 40 Milliarden Euro. Damit haben wir eine Größe erreicht, die uns auch für global tätige Investoren interessan­t macht. Diese wollen nur mit wenigen Partnern zusammenar­beiten, die aber ihrerseits breit aufgestell­t sind und große Investment-Volumina am Markt investiere­n können. Und hier zählt Patrizia zu den ersten Adressen in Europa. Über unser Netzwerk mit 21 Standorten in Europa sind wir in allen Immobilien­märkten mit eigenen Mitarbeite­rn vor Ort vertreten und können so die besten Investment-Chancen für unsere Kunden identifizi­eren.

Patrizia hat zum ersten Mal nach langer Zeit wieder eine Dividende ausgeschüt­tet. Bleibt es dabei?

Egger: Wir haben unser Geschäftsm­odell weiterentw­ickelt, sodass wir heute unabhängig vom Marktzyklu­s stabile Einnahmen verzeichne­n, die uns erlauben, künftig auch kontinuier­lich eine Bardividen­de an unsere Aktionäre zu zahlen. Wir sehen uns aber weiterhin als Wachstumsu­nternehmen. Selbst nach den Übernahmen von Triuva, Rockspring und Sparinvest 2017 haben wir noch rund 500 Millionen Euro Liquidität für den Ausbau unserer Geschäftse­ntwicklung zur Verfügung.

Planen Sie neue Firmenzukä­ufe? Egger: Zukäufe sind für uns kein Selbstzwec­k, sondern müssen für unsere Kunden immer einen Mehrwert bieten und der Zukunftssi­cherheit von Patrizia dienen. Erst dann kommen sie infrage. Denn Größe an sich ist heute nicht alles. Heute frisst nicht der Größere den Kleineren, sondern der Schnellere den Langsamen.

Können Sie sicherstel­len, dass Patrizia auch stabil bleibt, wenn der Immobilien­markt einmal dreht?

Egger: Ja. Wir sind aus jeder Krise stärker herausgeko­mmen, als wir hineingega­ngen sind. Meine Maxime ist: Das Schlimmste in der Krise ist, dass du sie versäumst. Denn in der Krise wird für die Zukunft gesät. Wir haben diesbezügl­ich unsere Hausaufgab­en gemacht: Wir verfügen heute über eine Netto-Eigenkapit­alquote von 77 Prozent. Unser Geschäftsm­odell ist so aufgestell­t, dass wir aus den laufenden Einnahmen den Betrieb sehr gut stemmen können.

Ein letzter Punkt: Bleiben Sie aktiver Vorstand bei Patrizia? Wie sehen Sie Ihre Zukunft?

Egger: Es macht mir seit über 30 Jahren Freude, bei Patrizia jeden Tag mit tollen Menschen und anderen Kulturen zusammenzu­kommen. Ich kann mir keine schönere Aufgabe und keinen spannender­en Job vorstellen. Das macht einfach Spaß. ● Person Wolfgang Egger, 52, ist Vorstandsc­hef des Augsburger Im mobilienko­nzerns Patrizia. Er hat das Unternehme­n mit rund 650 Mitar beitern (Stand: 2017) gegründet.

„Die Städte müssen mehr Bauland ausweisen.“

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Foto: PATRIZIA „Die Mietpreisb­remse ist der falsche Weg“, meint Patrizia Chef Wolfgang Egger. Um den Wohnungsma­ngel zu lösen, empfiehlt er eine andere Strategie.

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