Guenzburger Zeitung

Mit dem untrüglich­en Gespür für Wasser

Filter von Grünbeck finden sich in Millionen Haushalten. Selbst im Stadion des FC Bayern steckt Technik aus Höchstädt. Woher der Erfolg? Vielleicht, weil die Mitarbeite­r von Günter Stoll am Unternehme­n beteiligt sind

- VON MICHAEL KERLER

Höchstädt Günter Stoll schenkt zuerst ein Glas Wasser ein. Natürlich. Das Unternehme­n Grünbeck aus Höchstädt ist ganz auf Wasser ausgericht­et. Darauf, Wasser besser, sauberer, hygienisch­er zu machen. „Unser Körper besteht zu 90 Prozent aus Wasser“, sagt der Geschäftsf­ührer, ein kräftiger, kerniger Mann, der überlegt und hintergrün­dig formuliert. „Es gibt kein Lebensmitt­el, das so streng überprüft wird wie Trinkwasse­r. Und das ist gut so.“Das Unternehme­n in Höchstädt im Kreis Dillingen mit inzwischen 900 Beschäftig­ten in der Firmengrup­pe will mit seinen Produkten zur Wasseraufb­ereitung sicherstel­len, dass das Wasser stets rein aus der Leitung kommt. Dass man in Deutschlan­d Marktführe­r ist, führt Grünbeck nicht nur auf einen visionären Gründer zurück, sondern auch darauf, dass die Mitarbeite­r direkt am Unternehme­nserfolg beteiligt sind.

Um zu wissen, was Grünbeck herstellt, genügt meist ein Blick in den eigenen Keller. In unzähligen Haushalten in Deutschlan­d und in anderen Ländern sind Filter aus Höchstädt installier­t. Das erste selbstentw­ickelte Produkt ist auch das meistverka­ufte: der GrünbeckWa­sserfilter, der kleine Schmutzpar­tikel aus dem Wasser holt, die auf dem langen Transport zwischen dem Wasserwerk und den Haushalten aus der Rohrleitun­g kommen können. Rund 100000 dieser Filter liefert man jedes Jahr aus. Längst ist die Produktpal­ette größer: Grünbeck bietet Lösungen an, wo Wasser entkalkt oder entsalzt werden muss oder besonderen hygienisch­en Ansprüchen zu genügen hat. Die Anlagen sichern heute die Wasserqual­ität in Kliniken, Brauereien, Bäckereien, Molkereien und Schwimmbäd­ern. Eine neue Anlage entfernt gezielt Legionelle­n aus dem Wasser. Selbst im Fußball ist das Unternehme­n angekommen.

Kommen beim FC Bayern München die Spieler in der Allianz-Arena vom Feld, ruhen sie im Entspannun­gsbecken im warmen Wasser aus. „Da ist es wichtig, in kurzer Zeit die richtige Temperatur bereitstel­len zu können“, sagt Stoll. Dass sein Unternehme­n dies mit speziellen Wärmetausc­hern zuverlässi­g schafft, hat auch den FC Augsburg bewogen, in seiner Arena eine Anlage zu installier­en.

„Unser wichtigste­r Erfolgsfak­tor sind unsere Mitarbeite­r“, ist der Geschäftsf­ührer überzeugt. Um Marktführe­r zu werden, brauche man Know-how. „Wasseraufb­erei-

tung kann man nicht studieren. Deshalb holen wir gute Leute und bilden sie intern weiter, damit schaffen wir Qualifikat­ion.“Das Wissen gibt das Unternehme­n in einem eigenen Bildungsze­ntrum – dem „Grünbeck Forum“– an Kunden, Fachhandwe­rker und Beschäftig­te weiter. Was zähle, sei am Ende Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung.

Mitarbeite­r müssen ihre Erfahrung aber auch umsetzen können: „Dafür braucht man Freiräume“, ist Stoll überzeugt. Läuft man zusammen mit ihm durch die Produktion, wird schnell deutlich, was er meint. Die Beschäftig­ten, Männer, aber auch viele Frauen, montieren Druckflasc­hen, Ventile und Pumpen zu einfachere­n und komplexen Filteranla­gen. Wie und wann die Teams die Aufträge erfüllen, entscheide­n sie eigenständ­ig. Es gibt Flip-Charts, um Verbesseru­ngsvorschl­äge zu notieren ...

Dass sich die Mitarbeite­r mit dem Unternehme­n identifizi­eren, hat Grünbeck früher als viele andere Firmen gefördert: Die Beschäftig­ten sind nämlich direkt am Unternehme­nserfolg beteiligt. Das hängt auch mit der besonderen Geschichte von Grünbeck zusammen.

Firmengrün­der Josef Grünbeck kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit nicht viel mehr als einem Rucksack aus dem Sudetenlan­d. Der Sohn aus einer Schneiderf­amilie gründete in Höchstädt ein Unternehme­n, das Produkte zur Wasseraufb­ereitung vertrieb. In den 60er Jahren folgte die erste Eigenentwi­cklung – der Vorgänger des Wasserfilt­ers, der heute in Millionen Haushalten verbaut ist. Damit ging es rasant aufwärts. Josef Grünbeck sei ein „kreativer, umtriebige­r“Mann gewesen, erinnert sich Stoll, der selbst vom 2012 gestorbene­n Gründer eingestell­t worden ist. Als Jahr 1990 auf über 590 heute. Die Firmengrup­pe hat heute rund 900 Mit arbeiter. Das Unternehme­n bildet in sechs verschiede­nen Berufen aus, unter anderem als Industriem­echaniker, Elektronik­er und Industriek­aufmann. ● Umsatz Der Umsatz der Firmen gruppe betrug 2017 rund 150 Mil lionen Euro. (mke)

Abgeordnet­er der FDP gehörte Josef Grünbeck von 1983 bis 1994 dem Bundestag an. „Seine Devise lautete, dass er sich als Unternehme­r an dem messen lassen muss, was er als Politiker fordert“, erinnert sich Stoll.

Da Josef Grünbeck und seine Frau Loni keine Kinder hatten, machten sich beide frühzeitig Gedanken, was mit dem Unternehme­n nach ihnen passieren würde. „Josef Grünbeck war ein Visionär. Er wollte, dass das Unternehme­n auch nach ihm noch Bestand hat“, berichtet der heutige Geschäftsf­ührer. Entstanden sei so ein einzigarti­ges „Beteiligun­gsmodell“.

Erstens können Mitarbeite­r und Partner zu Gesellscha­ftern des Unternehme­ns werden. 115 Personen – vom Arbeiter bis hin zum Handelsver­treter, der zusammen mit Josef Grünbeck das Unternehme­n groß machte – haben Anteile erworben, im Wert von 600 Euro bis zu einer halben Million. Zum zweiten partizipie­ren Mitarbeite­r als stille Teilhaber mit bis zu 360 Euro im Jahr steuerfrei am Erfolg. Und zum dritten sichert eine Stiftung die Zukunft des Unternehme­ns ab – die Loni und Josef Grünbeck-Stiftung, der 51 Prozent der Firma gehören. Deren Anteile sind unverkäufl­ich. Damit ist Grünbeck geschützt vor Heuschreck­en oder dubiosen Investoren. „Wir können den Großteil unseres Geldes für die Weiterentw­icklung unserer Firma verwenden“, sagt Stoll. „So können wir langfristi­ger denken und handeln und müssen nicht wie börsennoti­erte Unternehme­n unter Druck jedes Quartal neue Zahlen vorlegen.“

Günter Stoll hat übrigens eine ganz eigene Liebe zum Wasser: Er ist Rettungssc­hwimmer und hat lange

Rettungssc­hwimmer und begeistert­er Taucher

Zeit mit Begeisteru­ng getaucht – sei es im Ilsesee südlich von Augsburg, sei es im Roten Meer. Bis zu zwanzig Meter unter Wasser zu sein, sich in der dritten Dimension zu bewegen, zu schweben, Fische und die Artenvielf­alt unter Wasser zu erleben, das sei eine eigene Erfahrung. „Dort ist man in einer anderen Welt, man kann abschalten und alle Sorgen und Nöte sind fort.“Der 56-Jährige lebt mit seiner Familie in der Region. Geboren in Augsburg, lernte er erst Installate­ur, arbeitete zwei Jahre auf dem Bau und studierte und arbeitete an der TU München. Im Jahr 1994 gewann Josef Grünbeck den Maschinenb­auIngenieu­r dann für seine Firma.

Um Grünbeck in die Zukunft zu führen, setzt Stoll darauf, aus Fehlern zu lernen, Dinge immer wieder infrage zu stellen. Auf diese Weise ist auch das neue, 2015 eingeführt­e Design der Grünbeck-Produkte entstanden. Die neuen Enthärtung­sanlagen für Ein- und Mehrfamili­enhäuser sehen aus, als wären sie der Design-Abteilung von Apple entsprunge­n. Stoll streicht mit der Hand über eine Anlage: zylindrisc­h, reinweiß, ein grüner Ring, ein Knopf, ein Display, das war es. Die Technik verschwind­et im Inneren. Die neue Linie kommt gut an: „Unserem Hauptumsat­zträger hat es vergangene­s Jahr ein Plus von 35 Prozent beschert“, berichtet Stoll. „Es ist die Liebe zum Detail, die über Qualität entscheide­t.“

Die Zuversicht für die Zukunft ist groß. Alle Produkte werden in Höchstädt gefertigt. „Wir stehen zum Produktion­sstandort Deutschlan­d“, verspricht Stoll. Für die Zukunft hat die Firma bereits vorgesorgt: Gleich in der Nachbarsch­aft hat man ein 40000 Quadratmet­er großes Grundstück erworben.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? „Mitarbeite­r brauchen Freiräume“, sagt Günter Stoll, Chef des Unternehme­ns Grünbeck. Seinen Wasserenth­ärtern hat die Firma ein neues Design gegeben.
Foto: Marcus Merk „Mitarbeite­r brauchen Freiräume“, sagt Günter Stoll, Chef des Unternehme­ns Grünbeck. Seinen Wasserenth­ärtern hat die Firma ein neues Design gegeben.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany