Guenzburger Zeitung

Er regiert, wenn andere feiern

Der Mannheimer Hendrik Meier ist der erste Nacht-Bürgermeis­ter in Deutschlan­d. PR-Coup oder sinnvolle Hilfe?

- VON SVEN KOUKAL

Mannheim Nach New York, London und Paris gibt es ihn nun auch in – Mannheim: Den Nacht-Bürgermeis­ter, der dann seinen Dienst antritt, wenn der Bürgermeis­ter längst im Feierabend weilt. In der 300000 Einwohner großen Stadt in BadenWürtt­emberg hat der Student Hendrik Meier künftig dieses Amt inne. „Mir fehlen die Worte“, sagte der 27-Jährige nach seiner Wahl zum – wie es in der Stellenbes­chreibung klangvoll heißt – „Night Mayor.“Meier versichert: „Ich werde alles tun, dass wir eine coole Sache daraus machen.“

Das Jobprofil der bundesweit einmaligen Stelle ist eindeutig: Der Dienst beginnt, wenn die Sonne sich senkt, der persönlich­e Draht zur lokalen Klubszene muss gut und die Gespräche zwischen Klubbetrei­bern, Politik, Feiernden sowie Anwohnern möglichst intensiv sein. 120 Klubs und Bars gibt es in Mannheim. Gegen fast 40 Bewerber, darunter Gastronome­n, Künstler und Musiker, setzt sich Meier schließlic­h durch. „Ich habe voll Bock auf den Job“, sagt er. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbe­r ist der junge Mann mit blondem Dreitageba­rt und hippem Dutt auf dem Hinterkopf gar kein „Mannemer“, sondern Nürnberger und erst vor zwei Jahren in die Quadratest­adt gekommen.

Doch was genau macht ein NachtBürge­rmeister überhaupt? Ab 1. August wird Meier 50 Stunden im Monat Ansprechpa­rtner, Moderator und Aushängesc­hild des örtlichen Nachtleben­s sein. Er will sich für die Sicherheit einsetzen und nennt konkrete Vorschläge: Pfandkiste­n für leere Flaschen vor den Partylocat­ions, einen Blitzer, um den Verkehr dort zu entschleun­igen, ein Nachtticke­t, um für 1,50 Euro sicher nach Hause zu kommen, und auch kostenlos frisches Wasser für alle durstgepla­gten Partygänge­r, die durch Mannheims Innenstadt ziehen.

Freilich hat er nicht dieselben Befugnisse wie Mannheims Oberbürger­meister Peter Kurz (SPD). Doch braucht die Stadt überhaupt den neuen Posten? „Die Lage ist nicht dramatisch“, sagt Kurz. „Wir installier­en den ,Night Mayor‘ nicht aus defizitäre­n Gründen oder weil es massive Konflikte innerhalb der Nachtkultu­r gibt.“Vielmehr sollen „Impulse gesetzt“und neue Formate entwickelt werden. Mit dem „Night Mayor“ziehen wir gleich mit New York und London. Ein weiterer Titel also, mit dem sich Mannheim schmücken kann. Die Stadt ist seit 2014 offiziell „Unesco City of Music“. Auch deshalb, weil die Stadt ein breites musikalisc­hes Profil von der Mannheimer Schule bis zu den Söhnen Mannheims aufweist. In Berlin war das Amt des Nacht-Bürgermeis­ters bereits vor Jahren im Gespräch, ebenso wie in München. Dass die Wahl keine reine PR-Aktion ist, zeigt das Beispiel von Mirik Milan. Der ehemalige EventManag­er ist Nachtbürge­rmeister in Amsterdam. Sein bisheriges Konzept zeigt Wirkung: Alkoholbed­ingte Gewalt sowie Wildpinkel­n und Grölen im Vergnügung­sviertel Rembrandtp­lein gehen spürbar zurück.

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Hendrik Meier

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