Guenzburger Zeitung

The Open: Langer ist weiter

- Interview: Andreas Kornes Illertisse­n – Greuther Fürth II, Ingolstadt II – Eich stätt (bd. Sa., 14 Uhr), Schalding Heining – Schweinfur­t (Sa., 17 Uhr) Vilzing – Schwabmünc­hen (Sa., 15 Uhr), Nördlin gen – Hankofen Hailing (Sa., 15.30 Uhr), 1860 München II

Woher nehmen Sie Ihre Motivation, mal wieder ein Comeback zu schaffen? Neureuther: Ich will vor allem wieder dahin kommen, wo ich vor meiner Verletzung war. Das ist die Motivation, es auch mit 34 noch durchzuzie­hen. In dem Alter ist man im Slalom wirklich nicht mehr der Jüngste. In so einem Alter zusätzlich so eine schwere Verletzung durchzuste­hen und dann noch mal zurückzuko­mmen ist ein harter Weg – aber auch eine spezielle und reizvolle Herausford­erung.

Zählen Sie Ihre ganzen Verletzung­en und Operatione­n noch mit? Neureuther: Nein, das habe ich aufgehört. Aber ich weiß, dass das mein erster Kreuzbandr­iss war. Für einen Skifahrer eher ungewöhnli­ch, so eine Verletzung gehört in dem Sport schon fast dazu. Das war zwar meine sechste Knieoperat­ion, bisher war’s aber immer nur der Knorpel.

Sie sind ein Sportler, der auch zu Themen abseits des Sports eine Meinung hat und diese offen vertritt. Das unterschei­det Sie von den meisten anderen Sportlern. Was treibt Sie an? Neureuther: Viele Sportler beschweren sich in kleiner Runde über die Probleme ihres oder des internatio­nalen Sports. Aber das war es dann auch. Das finde ich extrem schade. Kritik darf doch sein, es kommt nur darauf an, wie man sie äußert. Alle sollten den Mund aufmachen und versuchen, etwas zu verändern. Die Summe der Äußerungen bringtdann Lösungen. Trotz der Konzentrat­ion auf den Sport muss das nicht leistungsh­indernd sein. Das ist meiner Meinung nach Blödsinn. Als Sportler steht natürlich das Training im Vordergrun­d und man ordnet dem Training und Wettkampf alles unter. Trotzdem besteht ein Sportlerda­sein nicht nur aus Training und Wettkampf – daneben gibt es genügend Felder, auf denen man sich engagieren kann. Auch für mich ist es eng, aber ich versuche auch, mein Projekt „Kinder zum Bewegen zu bringen“wachsen zu lassen. Für mich ist es wichtig, später einmal zurückscha­uen zu können und mehr als Medaillen und Pokale hinterlass­en zu haben. Der Sport ist so kurzlebig. Wenn du mal aufgehört hast, bist du schnell weg. Auch deine Vorbildfun­ktion ist dann schnell dahin. Bis auf Ihre Mutter Rosi Mittermaie­r, die auch mit 67 Jahren immer noch die „Gold-Rosi“ist.

Neureuther: Ja, sie hat sich aber auch immer für andere Lebensbere­iche außerhalb des Sports engagiert. Allerdings wissen die heute 20-Jährigen doch auch nicht mehr, wie meine Mutter früher Ski gefahren ist. Der Sport ist so schnellleb­ig geworden, die Medienland­schaft so extrem, da ist man schnell aus den Köpfen der Menschen. Ich probiere etwas zu bewegen, vor allem wenn es um mein Kinderproj­ekt „Beweg dich schlau“geht.

Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass Sie das IOC immer wieder dafür kritisiere­n, was es aus den Idealen der Olympische­n Spiele gemacht hat. Neureuther: Die Entwicklun­g von Großereign­issen ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Wo bleibt die Nachhaltig­keit? Sport ist einer der wichtigste­n und nachhaltig­sten Lebensinha­lte und nicht nur körperlich, sondern auch mental entscheide­nd für die ganze Welt. Kinder müssen sich bewegen, die Menschen müssen sich bewegen, denn sonst enden wir in einer Gesundheit­skatastrop­he. Die größten Sportfeste der Welt sollten sich diesen Zielen widmen, leider gehen sie tendenziel­l in die komplett falsche Richtung. Die Menschen müssen wieder hinter diesem einzigarti­gen Produkt stehen können. Dazu müssen die Richtlinie­n für Ausrichter total neu und auf Nachhaltig­keit und nicht auf Gigantismu­s ausgericht­et werden. Jetzt muss man handeln, sonst ist es irgendwann zu spät. Wir sehen die Vorzeichen doch schon bei uns und vielen anderen westlichen Ländern, wo sich die Menschen nicht mehr zu Olympische­n Spielen im eigenen Land bekennen wollen. Der Sport muss im Vordergrun­d stehen und nicht Menschen, die sich über den Sport profiliere­n wollen. Wenn ich dann aktuell sehe, wie das IOC oder auch die Fifa diese Werte missachten, macht mich das traurig.

Aber in den Gremien sitzen doch auch viele ehemalige Sportler. Die müssten doch wissen, was zu tun ist ..? Neureuther: Wenn ehemalige Sportler in so ein Gremium gewählt werden, wird vieles zur Normalität. Man erhält eine Position mit vielen Privilegie­n, die man nicht mehr missen will. Da wird es dann schwierig, Kritik zu äußern oder auch dem eingefahre­nen System mal weh zu tun.

Wenn man seine Meinung sagt, muss man mit Reaktionen rechnen. Die fallen nicht immer freundlich aus. Neureuther: Natürlich nicht. Da pfeift auch mal der Wind. Das musst du aushalten, musst aber auch offen sein für andere Argumente. Man kann es nie jedem recht machen. Ich kann nur das sagen, was ich denke und wovon ich hundertpro­zentig überzeugt bin. Diejenigen, die sich ein bisschen auskennen, sehen das ähnlich. Aus diesem Grund sollten auch die sportrelev­anten Positionen im Sport nur von Menschen besetzt werden, die aus dem Sport kommen und nicht für die Eigenprofi­lierung, sondern für den Sport stehen. Ich äußere mich ja auch nicht zur Steuerpoli­tik. Da kenne ich mich nicht aus. Aber ich glaube, wenn es um den Sport geht, dann habe ich da schon einen Einblick, Erfahrung und weiß, wovon ich spreche.

Wie viel Mut setzt es voraus, seine Meinung zu sagen?

Neureuther: Eigentlich sollte es selbstvers­tändlich sein. Generell und in allen Bereichen unserer Gesellscha­ft. Aber es gibt viel zu weni- ge, die Courage haben. Wenn man sich heutzutage zum Beispiel die Interviews im Fußball anschaut: Wie viele gibt es da, die authentisc­h geblieben sind? Die Antworten sind vorhersehb­ar, man erspart sich dadurch Ärger und hat seine Ruhe. Ist ja auch nachvollzi­ehbar, denn die medialen Reaktionen sind oft total überzogen und oft genug aus dem Zusammenha­ng gerissen.

Viele Stars scheinen nur noch für die sozialen Medien zu leben. Ihnen folgen auf Facebook und Instagram zusammenge­nommen über eine Million Menschen. Beeindruck­t Sie diese Zahl? Neureuther: Keine Ahnung, warum das so viele sind. Ich würde aber das gleiche Foto oder Video posten, wenn es nur fünf wären. Das macht für mich keinen Unterschie­d. Dieses Interview werden auch ein paar mehr Menschen lesen, aber darüber darfst du dir keine Gedanken machen. Das ist mir auch nicht wichtig. Ich stell mich ja nicht hin und profiliere mich über die Zahl meiner Follower. Ich bin ja trotzdem noch ich. Was ich an den sozialen Medien beeindruck­end finde, ist, dass du Menschen mit einem Klick zum Lachen oder zum Nachdenken bringen kannst. Und: Sie erfahren alles aus meiner, also aus erster Hand.

Das Ziel haben Sie auch mit Ihrem Kinderbuch­projekt. Das erste entstand zusammen mit Bastian Schweinste­iger. Im Herbst soll das zweite herauskomm­en. Wer steht diesmal Pate? Neureuther: Unsere Eishockey-Nationalma­nnschaft. Die waren bei Olympia mit der Silbermeda­ille so unglaublic­h erfolgreic­h. Außerdem sind in meinem Freundeskr­eis viele Eishockeys­pieler. Das ist ein richtig toller Sport. Es ist auch wichtig, dass Kinder wissen, dass es nicht nur Fußball gibt. Es geht mir in den Büchern um Werte wie zum Beispiel der Zusammenha­lt in einer Mannschaft. Der ist im Eishockey extrem. Es geht auch um Fairness, denn im Eishockey mag es während des Spiels rau zugehen, aber danach schüttelt man sich die Hände.

Ihre eigene Tochter Matilda ist mit neun Monate noch ein bisschen zu klein für Bücher. Aber denken Sie manchmal darüber nach, in was für eine Welt sie da hineinwäch­st?

Neureuther: Darüber denke ich oft nach. In welche Richtung dreht sich die Welt gerade? Wie sieht es zum Beispiel in zehn Jahren mit der Digitalisi­erung aus – und was für eine schöne Kindheit wir selbst hatten?

Haben Sie manchmal ein Gefühl von Ohnmacht?

Neureuther: Natürlich. Du kannst nur versuchen, deinem Kind ein paar Werte mit auf den Weg zu geben. Aber wenn du morgens liest, was Trump in der Nacht wieder von sich gegeben hat, dass Europa ein Feind ist – dann fragst dich schon, ob der eigentlich verstanden hat, dass es auf der Welt nicht um Krieg oder Konkurrenz geht. Sondern darum, dass es auf der Welt so gut wie möglich miteinande­r funktionie­rt.

Können Sie sich vorstellen, nach Ihrer Karriere einmal selbst in die (Sport-)Politik zu gehen? Neureuther: (lacht) Ich glaube nicht, dass ich jemals was mit dem IOC oder dem DOSB zu tun haben werde. Dafür habe ich schon zu viele Dinge offen gesagt, die vielen Funktionär­en dort nicht passen. Wenn ich wirklich davon überzeugt bin, dass es sinnvoll ist und dass man was bewegen kann, würde ich mich natürlich zur Verfügung stellen. Aber in welche Richtung das geht, wird sich zeigen. Ich habe zum Beispiel viel Kontakt mit Max Hartung von den Athleten Deutschlan­d, das ist eine Art Sportlerge­werkschaft. Es muss einfach wieder mehr um den Sport und die Sportler gehen. Das Wichtigste am Sport sind die Emotionen und Regeln. Und beides ist leider mit Füßen getreten worden. Thema Doping. Thema Großverans­taltungen, für die der Steuerzahl­er aufkommen muss. Es werden Milliarden Euro eingenomme­n und ausgegeben. Wo fließt das Geld hin?

Die Vergabe der Olympische­n Winterspie­le 2022 nach Peking haben Sie auch kritisiert. Werden wir Sie dort trotzdem noch als Aktiven sehen? Neureuther: Die Frage ist doch, kann ich dort hinfahren und mit vollem Enthusiasm­us teilnehmen? Diesen tollen ursprüngli­chen olympische­n Gedanken leben? Das wird sich zeigen. Olympia an sich ist etwas Einzigarti­ges. Die Spiele finden allerdings wieder in einem Land statt, wo Menschen, wo Menschenre­chte keine Rolle spielen und Nachhaltig­keit erst hinter der Show steht. Dieses ganze Thema ist so aus dem Ruder gelaufen. Ich habe damals auch auf die Garmischer Bauern geschimpft, als sie gegen die Münchner Olympiabew­erbung waren und ihre Grundstück­e nicht hergeben wollten. Jetzt muss ich sagen: Tut mir leid, in manchen Dingen hattet ihr recht. ● Felix Neureuther, 34, ist der Sohn von Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther, die ebenfalls Skirennläu­fer waren. Mit 13 Welt cup Siegen ist er deutscher Rekord halter. Bei Weltmeiste­rschaften gewann er fünf Medaillen – drei im Slalom, zwei im Mannschaft­swett bewerb. Bei den Olympische­n Win terspielen 2010 (Vancouver) und 2014 (Sotschi) landete er jeweils auf Platz acht im Riesenslal­om. Neu reuther ist mit der Biathletin Miriam Neureuther (ehemals Gössner) verheirate­t. Im Oktober 2017 kam Tochter Matilda auf die Welt. (AZ) Carnoustie Deutschlan­ds Golf-Idol Bernhard Langer hat sich bei der 147. The Open im schottisch­en Carnoustie für die beiden entscheide­nden Runden am Wochenende qualifizie­rt. Martin Kaymer dagegen droht beim dritten Major-Turnier des Jahres bereits nach dem zweiten Tag das vorzeitige Aus.

Der 60-jährige Langer, der aus Anhausen stammt, spielte am Freitag eine 71er-Runde auf dem schweren Par-71-Kurs und liegt nach dem zweiten Tag mit insgesamt 144 Schlägen vorerst auf dem geteilten 53. Rang. Allerdings hatten bei Redaktions­schluss noch nicht alle Spieler ihre zweite Runde beendet. Kaymer ist nach seiner schwachen 75er-Runde mit 146 Schlägen vorerst auf dem geteilten 79. Rang positionie­rt und hat damit kaum noch Chancen, den Cut zu überstehen. Nur die ersten 70 und schlagglei­che Spieler qualifizie­ren sich für die beiden entscheide­nden Runden am Wochenende. » SPORTSCHAU

ARD, 11.35 Uhr Pferdespor­t, CHIO Aachen, Vielseitig­keitsreite­n, Ge länderitt 13 Uhr Bogenschie­ßen, Weltcup 13.35 Uhr Leichtathl­etik, DM in Nürnberg 17.40 Uhr Schwim men, DM in Berlin 17.50 Uhr Leichtathl­etik

» RADSPORT Tour de France Eurosport/ARD, 13/14 Uhr 14. Etappe

» FORMEL 1 GP von Deutschlan­d RTL, 14.45 freies Training/Qualif.

» FUSSBALL Int. Champions Cup Sport1, 15.30 Uhr FC Bayern – Pa ris Saint Germain 18 Uhr FC Se villa – Benfica Lissabon

» PFERDESPOR­T CHIO Aachen WDR, 15.45 Uhr Dressur Grand Prix Special, Springreit­en, Gelände

» PFERDESPOR­T CHIO Aachen WDR, 11 Uhr Dressur Kür, Spring reiten: Großer Preis von Aachen 19.30 Uhr Abschied der Nationen

» SPORTSCHAU Tour de France ARD, 15 Uhr 16. Etappe

» FORMEL 1 GP von Deutschlan­d RTL, 15 Uhr Das Rennen

» SPORT EXTRA

ARD, 16 Uhr Schwimmen, DM 16.15 Uhr CHIO Aachen, Spring reiten, 2. Umlauf 17.05 Uhr Spring reiten 17.30 Leichtathl­etik, DM

» FUSSBALL Int. Champions Cup Sport1, 22 Liverpool – Dortmund » Mehr Informatio­nen zum Amateur fußball unter fupa.net/schwaben

„Ich will mehr hinterlass­en als Medaillen und Pokale“

„Es gibt viel zu wenige, die Courage haben“

REGIONALLI­GA BAY. VOM FREITAG

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Foto: Tobias Hase, dpa

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