Flutpolder: Umweltminister wartet auf Studien
Aus der Flutkatastrophe 2013 speist sich Marcel Hubers Überzeugung, Bayern „hochwasserfest“zu machen
Günzburg/Leipheim Eines hat CSUPolitiker Marcel Huber beim Gespräch in den Redaktionsräumen der versprochen: Wenn er nach der Landtagswahl noch Umweltminister sein sollte, wird er nach Leipheim kommen und mit den Menschen über den geplanten Flutpolder sprechen.
Ob die potenziellen Überflutungsflächen so kommen werden und wie sie gegebenenfalls dimensioniert sind, das vermochte der Minister am Donnerstagabend nicht vorherzusagen. Denn noch fehlten die Ergebnisse zweier wichtiger Gutachten, die sich – einfach formuliert – unter anderem mit den Fragen befassen, ob die Flutpolder entlang der Donau an den vorhergesehenen Stellen sinnvoll sind und ob durch den Bau jemandem Nachteile entstehen könnten. Die beiden Expertisen seien erst bis Ende des Jahres fertig. „Eine Bewertung jetzt zu treffen, dafür ist es noch zu früh. Die Bedenken der Menschen nehmen wir sehr ernst.“Huber gab auch zu: „Die Leute machen sich Sorgen. Es gibt an vielen Stellen Widerstand gegen solche Großprojekte. Nicht alle sind begeistert, dass wir so etwas machen.“Das habe auch mit dem zeitlichen Abstand zu diesem „großen katastrophalen Ereignis 2013“zu tun. „14 Tage später wäre jeder zu allem bereit gewesen, dann kann es nicht schnell genug gehen. Aber wenn es fünf Jahre her ist, dann sagt man: ,Braucht’s denn das überhaupt?’ Aber Hochwasserschutz ist damals wie heute eine drängende Aufgabe.“
Huber will auf der Grundlage wissenschaftlich fundierter Ergebnisse entscheiden. „Und erst dann gehen wir ins Verfahren.“Während einer Planfeststellung würden die Beteiligten in mehreren Stufen berücksichtigt. „Verpflichtend ist eine saubere Abwägung der einzelnen Interessen.“Der Umweltminister spricht von einer „ergebnisoffenen Planung“.
Klar ist für den 60 Jahre alten Oberbayern, dass es zu einem effektiven Schutz vor einem Hochwasser, das statistisch betrachtet alle einhundert Jahre auftreten könnte, keine Alternative gibt. Huber war nach eigenen Worten beim Juni-Hochwasser 2013 „jeden Tag draußen“, um sich einen Überblick zu verschaffen. Neben den wirtschaftlichen Schäden hätten die Fluten „unheimliches Leid“verursacht. Für Menschen, die damals innerhalb kürzester Zeit aus ihren Häusern fliehen mussten „nur mit dem Gwand auf dem Leib“, tagelang nicht zurück durften und danach sehen mussten, was von ihrem Hab und Gut übrig war, sei das ein riesiger Schicksalsschlag gewesen. Einige hätten ihr Trauma bis heute nicht überwunden. Aus diesen Ereignissen („Das hat mich persönlich geprägt“) ist Marcel Hubers Überzeugung gereift: „Ich mache in meinem Verantwortungsbereich alles Menschenmögliche, um so etwas zukünftig weitestgehend zu vermeiden.“Der Freistaat sei mit einer „relativ großen Finanzsumme“(3,4 Milliarden Euro) im „Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020 plus“dabei, Bayern hochwasserfest auszubauen. Dazu gehöre der Rückhalt in der Fläche, technischer Hochwasserschutz (Deiche aufrüsten) und gesteuerte Flutpolder. Im niederbayerischen Niederalteich sei 2013 der Deich bereits gerutscht. Nur weil davor ein Damm brach und die dahinter liegende Fläche geflutet wurde, ist der Flusspegel nach den Worten des Ministers innerhalb kurzer Zeit um 15 Zentimeter gesunken.
Huber dachte zunächst an einen Messfehler. Es war die Geburtsstunde einer konsequenten Polderstrategie, wie sie an der Elbe und am Rhein bereits intensiv angewendet werde. „Wenn in Niederalteich der Deich gebrochen wäre, dann wäre eine meterhohe Tsunamiwelle auf das Dorf zugekommen und hätte sehr sicher Menschenleben gekostet.“Deshalb will Huber Flächen schaffen, die bei einem Katastrophenhochwasser gezielt geflutet werden können.
Gerüchte, zum Beispiel, dass Flutpolder regelmäßig geflutet würden, um deren Funktionstüchtigkeit zu überprüfen, kann der Umweltminister nicht nachvollziehen und verweist das in den „Bereich der Mythen“. Die Gebiete hinter dem Damm könnten – sofern geeignet – sogar weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Nur falls Auwälder Teil des Überflutungsgebiets seien, wird geprüft, ob eine regelmäßige Vernässung sinnvoll ist, „sonst würde der Auwald ja seine Funktion verlieren“.
„Ich mache in meinem Verantwortungsbereich alles Menschenmögliche, um so etwas zukünftig weitest gehend zu vermeiden.“Marcel Hubers Konsequenzen