Geld und die Fassung verloren
Ein Mann aus dem Landkreis geht auf eine Bekannte aus der Spielhalle los. Jetzt muss er wahrscheinlich ins Gefängnis
Memmingen/Günzburg „Da nahm das Unheil seinen Lauf“: So beschrieb Verteidiger Matthias Egger den brutalen Gewaltausbruch seines Mandanten, der ihm jetzt einen längeren Knastaufenthalt einbrachte. Der Kosovare hatte eine 33-Jährige beim Streit um Geld schwer verprügelt. Aber der Angeklagte wurde vom Memminger Schöffengericht auch wegen Drogenbesitzes verurteilt. Eine ursprüngliche Anklage wegen versuchten Mordes hatte die Staatsanwaltschaft fallen gelassen.
Am 10. Februar dieses Jahres begann die verhängnisvolle Affäre ganz harmlos. Der Angeklagte war häufiger Gast in der Spielhalle einer Diskothek. Dort traf er das spätere Opfer, eine aus Hamburg stammende 33-Jährige. Beide vertrieben sich die Zeit an einarmigen Banditen, tranken Alkohol, der Mann schnupfte laut Staatsanwalt Thomas Hörmann auch Kokain. Als die Spielothek gegen drei Uhr schloss, ließen sich die beiden in eine weitere Vergnügungsstätte nach Günzburg bringen. Dort wurde weiter getrunken und gespielt. Als der 44-Jährige an einem Automaten Geld verlor, verlor er die Fassung und zertrümmerte das Glas. Ein Mitarbeiter verlangte 250 Euro als Schadensersatz. Der Angeklagte forderte die Spielpartnerin auf, sich aus einem weiteren Automaten, der noch mehr als 600 Euro Guthaben aufwies, 500 Euro auszahlen zu lassen. Die tat wie geheißen, gab dem Angeklagten 200 Euro und steckte den Rest ein.
Kurz nach fünf Uhr verließen der Angeklagte und das Opfer die Spielhölle in der Dillinger Straße. Dann eskalierte die Situation. Während des Abends hatte der 44-Jährige der Frau Avancen gemacht: „Er hat ein Auge auf mich geworfen“, sagte das Opfer als Zeugin aus. In Günzburg bot er ihr schließlich an, mit zu ihm nach Hause zu kommen. Das lehnte die 33-Jährige ab. Sie wollte die Mutter anrufen, um abgeholt zu werden. Da riss ihr der Täter das Handy aus der Hand, es kam zum lautstarken Streit. Ein Anwohner hörte Hilferufe der Frau und „Handy her, Handy her“, der Mann brüllte: „Erst das Geld“. Der Zeuge alarmierte die Polizei. Die Beamten fanden die Frau auf der Straße: „Sie befand sich im physischen und psychischen Ausnahmezustand“, schilderte ein Polizist als Zeuge vor Gericht. Im Krankenhaus diagnostizierte ein Arzt später unter anderem einen Nasenbeinbruch mit verschobener Nase, Hautabschürfungen am Hals, Prellungen und Schwellungen.
Der Täter hatte die Frau gewürgt, ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzt und sie mehrfach getreten. Völlig eingeschüchtert hatte die 33-Jährige die restlichen 300 Euro herausgerückt. Der Mann ließ sich mit einem Taxi Richtung Ichenhausen bringen. Die Fahrt endete jedoch schon im Stadtteil Hochwang. Dort wurde das Taxi von einer Polizeistreife gestoppt, die dem Mann durch einen Zeugen rasch auf die Spur gekommen war. Der Mann wurde vorläufig festgenommen und saß seither in Untersuchungshaft. Noch am gleichen Tag kam die Taxifahrerin zur Günzburger Polizei. Sie hatte im Auto beim Saubermachen Tütchen mit weißem Pulver entdeckt. Die Analyse ergab, es war Kokain. Das brachte dem 44-Jährigen neben der gefährlichen Körperverletzung die Anklage für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen ein.
Rechtsmediziner Dr. Dieter Hagmayer sagte in seinem Gutachten, dass die Schläge und Tritte des Mannes unter ungünstigen Umständen durchaus lebensgefährliche Folgen für das Opfer hätten bewirken können. Die Frau leidet immer noch unter den Folgen der Attacke. Dass sie nach den Schlägen und trotz Alkohols – die Untersuchung ergab 1,9 Promille – noch klare Aussagen machen konnte, erklärte sie mit ihrer Vorgeschichte als „Escort-Dame“in Hamburg. Ein weiteres Gutachten besagte, dass der Täter aufgrund Alkohol- und Drogenkonsums nur eingeschränkt steuerungsfähig war.
In einem Rechtsgespräch zwischen Vorsitzendem Richter Nikolai Braun, Staatsanwalt Hörmann und Verteidiger Egger wurde eine Höchststrafe zwischen zwei Jahre und sechs Monate bis zu drei Jahren vereinbart, wenn der Angeklagte ein Geständnis ablegt. Der ließ durch seinen Anwalt die Vorwürfe in vollem Umfang einräumen. Zwölf Vorstrafen, darunter mehrfacher Knastaufenthalt, wirkten sich zusätzlich auf das Urteil des Schöffengerichts aus, das noch nicht rechtskräftig ist.
Körperlich und psychisch im Ausnahmezustand