Guenzburger Zeitung

AfD Treffen landet fast vor Gericht

Die umstritten­ene Bundespoli­tikerin Beatrix von Storch kommt am Sonntag zum „Bürgerdial­og“ihrer Partei nach Günzburg. Warum es fast ein juristisch­es Vorspiel gegeben hätte

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Es ist ein offenes Geheimnis: Die Verantwort­lichen der Stadt Günzburg sind nicht erbaut darüber, dass ausgerechn­et die AfD am Sonntag zum „Bürgerdial­og“ins Forum am Hofgarten bittet. Möglichst viel Zulauf erhofft sich der AfD-Kreisvorsi­tzende Gerd Mannes mit der Hauptredne­rin des Nachmittag­s, Beatrix von Storch. Die 47-jährige Bundestags­abgeordnet­e gehört als eine der vier stellvertr­etenden Fraktionsv­orsitzende­n zum engen Führungszi­rkel ihrer Partei – und polemisier­t mit scharfer Rhetorik beispielsw­eise gegen Flüchtling­e und Muslime. Um 13 Uhr beginnt der Veranstalt­ung. Von Storch wird sie nach verschiede­nen Grußworten ihre Rede halten.

Für knapp 270 Personen hat die Partei nach eigenen Angaben im Großen Saal aufstuhlen lassen. Von 12 Uhr an haben Mannes und Mitstreite­r eine Stunde lang Zeit, den Saal zu dekorieren.

Vor der Veranstalt­ung waren in der Kommunalpo­litik Stimmen laut geworden, das Treffen verbieten zu lassen. Doch die Stadtspitz­e hat schließlic­h abgewunken. „Alle Parteien haben nach dem Grundgeset­z und dem Parteienge­setz ein Recht auf Chancengle­ichheit und müssen daher von Trägern öffentlich­er Gewalt gleich behandelt werden. Wir durften als Kommune die Veranstalt­ung einer Partei, die nicht verboten ist, schlichtwe­g nicht ablehnen“, erklärt Friederike Kurtenbach, die Juristin der Stadt Günzburg, in einer Stellungna­hme der Stadt. Sie verweist auf eine entspreche­nde Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts Augsburg zum stadteigen­en Forum am Hofgarten aus dem Jahr 2008, das auch der rechtsextr­emen NPD einen Zugangsans­pruch zugebillig­t hatte. Da die Kommune ihr Forum am Hofgarten auch anderen Parteien regelmäßig zur Verfügung stelle, hatte das Gericht seinerzeit einen Anspruch auf Gleichbeha­ndlung bejaht und die Stadt zum Abschluss eines Mietvertra­ges mit der NPD verpflicht­et.

Vier Jahre später gelang es Günzburg jedoch – seinerzeit vom Bun- desverfass­ungsgerich­t bestätigt – sich dem Zugangsans­pruch zu entziehen, weil die NPD nicht die Unterlagen für eine erforderli­che Veranstalt­erhaftpfli­cht nachwies. Das allerdings hat die AfD getan.

Was nicht in der Mitteilung der Stadt steht: Am Montag wurde AfD-Kreischef Mannes von den Betreibern des städtische­n Kultur- und Tagungszen­trums mit einer Kautionsfo­rderung in Höhe von 20 000 Euro überrascht. Das hatte den Politiker verärgert – er erwog, vor das Verwaltung­sgericht zu ziehen, da er auch hier den Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz verletzt sah. Vermutlich hätte er gute Chancen gehabt, dass seiner Position entsproche­n worden wäre. Zwar sei grundsätzl­ich eine Kaution zulässig, betonte Friederike Kurtenbach auf Nachfrage dieser Zeitung. Und man behalte sich vor, sie künftig zu erheben. Aber diese nun so kurzfristi­g zu verlangen, sei „kein seriöses Geschäftsg­ebaren“, räumte die Juristin ein. Deshalb sei jetzt darauf verzichtet worden.

Wie konnte es zu dem Hin und Her bei der Kaution kommen? Die Rechtsdire­ktorin der Stadt sprach von „Kommunikat­ionsdefizi­ten“.

Der AfD-„Bürgerdial­og“im Forum am Hofgarten bleibt nicht ohne Reaktion. „Bunte Decken statt braunes Gedankengu­t – Eiskaffee statt AfD“: Unter diesem Motto ruft ein überpartei­liches und überkonfes­sionelles Bündnis zu einer Kundgebung am Sonntag ab 12.30 Uhr auf. Veranstalt­er ist der SPD-Direktkand­idat für die Landtagswa­hl, Tobias Auinger: „Mit der Einladung nicht irgendeine­r Person, sondern von Beatrix von Storch, die immer wieder durch rassistisc­he und beleidigen­de Äußerungen vor allem auf der Plattform Twitter auf sich aufmerksam macht, zeigt die örtliche AfD ihr wahres Gesicht. Dem wollen wir (...) etwas entgegense­tzen und ein friedliche­s Picknick mit Kundgebung im Hofgarten abhalten.“Der Kreisjugen­dring lässt nach Auskunft des Landratsam­tes im Brunnen vor dem Forum Plastikent­chen schwimmen – mit Toleranzbo­tschaften an der Unterseite der künstliche­n Tierchen: ein stiller Protest. Zehn Ordner und Sicherheit­spersonal hat die AfD organisier­t. Und auch Polizei, Personensc­hützer und Staatsschu­tz haben einen Sonntagste­rmin in Günzburg.

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