Guenzburger Zeitung

Wenn der Schlosshof rockt

Der Rockabend am Freitag knüpft nahtlos an das „Classic Opening“am Donnerstag an. Nicht nur die Zuhörer hoffen, dass das nicht das angekündig­te „letzte Stündlein“von Härte 2010 war

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Burgau Mancher hatte noch etwas skeptisch in den Himmel geschaut. Aber: Die dunklen Wolken waren schnell woanders hingezogen. Was dem grandiosen Auftakt des Vortags dann am Freitag folgte, das hatte wohl selbst das Burgauer Schloss nicht erwartet: ein Abend musikalisc­hen Kulturerbe­s aus Klassikern der Spitzenkla­sse.

Zugegeben, „I can see you“, Don Henleys „Boys of Summer“, von denen 78 Special zunächst erzählte, hörte sich noch recht brav an. Doch das sollte sich mit einigen „Klassikern der Klassik“ganz schnell ändern. Ludwig van Beethoven hätte gestaunt, wenn er gehört hätte, wie „Freude schöner Götterfunk­en“auf der E-Gitarre von Hermann Skibbe klingt. Und wenn sich darin auch noch Deep Purples „Smoke on the Water“breit macht, dann erst recht. Wahrschein­lich hatte Hermann Skibbe tatsächlic­h recht, indem er Beethoven als einen der ältesten Rocker bezeichnet­e.

Aber es kam noch besser: Jozsef Balogh, Paganini der Klarinette und Teil des Ensembles Interclari­net, das beim Classic Opening schon für Furore gesorgt hatte, hatte nämlich noch einen Tag in der Markgrafen­stadt mit angehängt. Was ist das Ergebnis, wenn eine virtuose E-Gitarre auf eine exzellente Klarinette zu Mozarts Türkischem Marsch trifft? Ein „Mozart Bullet“– so der Titel des Arrangemen­ts – und gleich so präsentier­t, dass die Mozartkuge­ln nur noch über die Bühne rollten. Spätestens jetzt blieb für die Besucher nur noch eines zu sagen: „Sensatione­ll.“Nach all der Schnelligk­eit durfte es dann auch einmal kurz etwas ruhiger werden. Bruno Brunello brachte mit Chris Issaks wunderschö­nem Liebeslied „Wicked Love“möglicherw­eise dann doch das eine oder andere Herz zum Schmelzen. 78 Special gab noch einmal Gas: Golden Earring’s „Radar Love“und ein bisschen „Whole Lotta Love“nach Led Zeppelin stimmte auf das ein, was nun folgte.

Wer erinnert sich nicht an die Zeiten der legendären Bands, die vor gut 30 Jahren in der alten Burgauer TSV-Turnhalle, heute die Kapuziner-Halle, auftraten? Am Freitag kamen diese mit Härte 2010, sozusagen quasi die Reanimatio­n von „Härte 10“vor acht Jahren, wieder in den Schlosshof zurück – und genau so wie früher: Kaum hämmerten die ersten Takte von Neil Youngs „Keep on running in a free world“den Besuchern entgegen, war klar: Da kommt noch mehr. Und erst recht, wenn Urgesteine wie ein Günter Storr (Gesang, Querflöte) und ein Volker Pöhlmann (Gesang) auf der Bühne stehen. Das Ganze kreiert mit Johann Eberle (Gesang, Gitarre), Martin Kapfer am Bass, Tobi Wiedenmann an den Drums und Tastenvirt­uosin Beatrice Kahl, die bereits bei 78 Special hinter den Keys gestanden hatte. Und natürlich auch mit Hermann Skibbe an der Gitarre.

Jetzt waren sie wieder da, die Rock-Hämmer, wie „I was made for loving you (Kiss), Journeys „Wheels in the Sky“oder ZZ Tops „La Grange“. Fast schon unheimlich wurde es bei David Bowies „Heroes“, die Felicitas Storr, übrigens die Tochter von Günter Storr, mit der Violine begleitete. Ach ja, Günter Storr und seine Flöte: Der gab Jethro Tulls „Locomotive Breath“mit seiner Flöte „just like Ian Anderson“noch einmal richtig Dampf. Gut, manche Songs hatte es vor 30 Jahren noch nicht gegeben, dafür schmettert­en Storr, Pöhlmann und Co Grönemeyer­s „Kinder an die Macht“oder Billy Idol’s „Don’t forget about me“dem Publikum umso intensiver unter die Haut.

Apropos Publikum: Das tanzte mit, rockte mit und war in etwa dasselbe wie vor drei Jahrzehnte­n, nur eben ein kleines bisschen älter geworden. Ein gigantisch­es „With a little Help from my friends“donnerte von der Bühne, einmal noch die „Stairway to Heaven“hinauf und Härte 2010 verabschie­dete sich. Aber: Sollte an diesem Abend tatsächlic­h, so wie angekündig­t, das letzte Stündlein von Härte 2010 geschlagen haben?

„Es war ein wunderschö­ner Abend. Das haben wir Euch zu verdanken“, so wandte sich Skibbe am Ende an das Publikum. „Wir diskutiere­n jetzt, ob es unser Letzter war.“Hoffentlic­h nicht. Denn das, was am Freitag im Schlosshof mit Härte 2010 stattfand, war nicht nur ein Auftritt vom Allerfeins­ten, sondern auch ein „Back to Rock“der Extraklass­e.

Genau wie früher: Da kommt noch mehr

 ?? Foto: Peter Wieser ?? Am Freitag verwandelt­en 78 Special und Härte 2010 (im Bild) den Burgauer Schlosshof in eine gewaltige Rockarena. Ein Zurück in das Weltkultur­erbe der Rockmusik, bis hin zu Klassikern der Klassik.
Foto: Peter Wieser Am Freitag verwandelt­en 78 Special und Härte 2010 (im Bild) den Burgauer Schlosshof in eine gewaltige Rockarena. Ein Zurück in das Weltkultur­erbe der Rockmusik, bis hin zu Klassikern der Klassik.

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