Barockserenade im Romantiksound
Das Jugendstreichorchester Intonation zeigt auf dem Weg „Vom Barock zur Romantik“ihr musikalisch vielsaitiges Können
Günzburg „Und der Himmel hängt voller Geigen?“Schon lange nicht mehr. Eher könnte man diese Art von Instrumenten als Relikt aus vergangener Zeit bezeichnen. An Gymnasien, auch an musischen, bereits weitgehend ausgestorben. Ja selbst an Musikschulen sind es mehr die Gitarren oder bigband-befähigten Blasinstrumente, die das Sagen haben. In jugendlicher Orchesterform haben sie sich nur sporadisch in unsere Zeit megawattverstärkter Klangbeschallung hinübergerettet. So konnte das einzige Jugendstreichorchester der Region dank des unermüdlichen Einsatzes ihres Leiters, Geigenlehrers, Komponisten und Dirigenten Wei Guo Mao seinen Status der Einzigartigkeit beibehalten. Um ihn, gewöhnlich ein Mal im Jahr, mit einem anspruchsvoll unterhaltsamen Sonntagnachmittagskonzert in der evangelischen Auferstehungskirche Günzburg unter Beweis zu stellen.
Was allein schon erstaunte: Nicht weniger als drei Geschwisterpaare konnten sich als Solisten innerhalb der rund 20-köpfigen Orchesterbesetzung beweisen. Marie und Lilli Kugler eröffneten, spielten sich mit zarten Tupfern und fein aufeinander abgestimmten Lasuren durch den musikalischen Anspruch von Maestro Maos Eigenkomposition, bearbeitet für die Geschwisterinstrumente Violine und Cello.
Nicht weniger schöne Bögen wölbte Lilly, mit Cellokollegin Tabea Hitzler und ihrer Schwester Jana am Klavier, in der Romanze eines prachtvoll über den See gleitenden weißen Wasservogels, den berühmtesten Schwan der Musikliteratur, aus Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“. Mit Piotr Tschaikowskys, von Geigentönen umschmeichelter, gehobener Salonmusik seines „Chanson Triste“, ließ Anna Hieber ihr Cello Wogen der Traurigkeit und unendlicher Melancholie verströmen. In orchestralem Tutti, vom mitgeigenden Dirigenten verstärkt, wurden mit breitem Klangpinsel die Divertissements der Ouvertüre zu Glucks „Iphigenie in Aulis“gemalt, wurde in schwelgerischen Tönen Boccherinis weltberühmtes „Menuett“mit nostalgischem Flair und forschem Tempo zum Fast-Food-Zuckerl, zur höchst erfrischenden Barockserenade im Romantiksound.
Ein echtes Wagnis dann Bachs kontrapunktisch dichtes Satzgefüge im d-Moll Doppelkonzert für zwei Violinen (BWV 1043), das – von Mao technisch entschärft – des von allen geleisteten, wochenlangen Probeneinsatzes durchaus gerecht wurde. Erstaunlich das Ausdrucksniveau des Orchesters in der Auseinandersetzung mit kantigen Fugenexpositionen, perlenden Triolenund Achtelketten. Präzise verwoben im idealen Gleichgewicht mit den satzweise wechselnden Solisten. Flüssig, im innigen Zwiegespräch über Sechzehntelfiguren hinweg, Carolin Hanika und Marie Kugler im beginnenden Vivace-Satz. Abgeklärt und weit ausschwingend der schwebende Rhythmus, den Frieda Zielinski und Sofia Staudacher in das berühmte Largo einbrachten. Manuel und Mario Mößlang brillierten, routiniert und mit technischer Bravour, im dramatisch stürmischen Kontrast des finalen Allegro-Satzes. Setzten ihn brillant und schnittig in Szene.
„Eine kleine Nachtmusik“, Wolferl Mozarts Heiterkeit sprühende und herzbewegende Bravournummer von Weltkulturerbe-Format, war das schmusigste Schmankerl im Serenadenmodus. Kultivierte Coolness, die alle Farben der RokokoRomantik zum Glänzen brachte und jegliche Sehnsucht nach jeglichen Gefühlen dauerhaft wach hielt. Bis zu Franz Schuberts abschließendem Militärmarsch, bearbeitet für Streichorchester.
Ohne Pauken, ohne Trompeten! Geht das denn? Geht, solange der Marsch nicht auf preußisch gedrillte, zackig aufmarschierende Paradetruppe abzielt, sondern mehr auf fröhlich Wiener Walzer im Zweivierteltakt tänzelndes Soldatenballett. Ein tröstliches Gebaren. Mit lang anhaltendem, stehenden Beifall belohnt.