Kleiner Käfer – tödliche Gefahr für Fichten
Der trockene Sommer bietet dem Borkenkäfer im Forstbetrieb Weißenhorn beste Bedingungen. Bei der Bekämpfung des Schädlings greifen die Förster inzwischen auch auf modernste Technik zurück
Krumbach Die saftig grüne Baumkrone verfärbt sich langsam rötlich. Ihre Nadeln hat die Fichte bereits verloren. Die Rindenstücke in der Krone lösen sich ab. Betrachtet man den Stamm des Baumes genauer, sieht es aus, als wäre braunes Kaffeepulver verstreut worden. „Es ist das Bohrmehl des Borkenkäfers“, erklärt Förster Josef Jäckle. Von Juli bis August ist der Schädling das Hauptthema im Wald. „In dieser Zeit müssen wir Obacht geben auf den Borkenkäfer“, sagt Volker Fiedler, Leiter des Forstbetriebs Weißenhorn.
Fiedler und Jäckle blicken auf ihr Smartphone. „Sind die Anzeichen für einen Borkenkäferbefall da, schalten wir um auf die Digitalisierung“, sagt der Förster und öffnet die betriebsinterne App ZE-Insekt. „ZE-Insekt steht für zufällige Ergebnisse Insekten.“Auf dem Display erscheint eine Landkarte. Inmitten der grün gekennzeichneten Flächen der Wälder sind vermehrt rote Punkte zu sehen. „Die roten Punkte zeigen die Bäume an, die vom Borkenkäfer befallen sind“, erklärt Fiedler. Vergangene Woche hatten wir 600 Festmeter Neubefall. „Das ist noch wenig“, sagt er. Die trockenen Jahre und die milden Winter begünstigen den Zuwachs der kleinen Käfer.
Wenn die Wärme in den kommenden Tagen zunimmt, die Temperaturen über 30 Grad klettern und kein Regen kommt, mehren sich die Befallsmeldungen. „Dann haben wir eine richtige Borkenkäferwelle in Deutschland“, betont Fiedler. Mit ein Grund für den massiven Befall, sind die Fehler der Vergangenheit. Damals wurden in den deutschen Wäldern fast ausschließlich Fichten gepflanzt. Erst in den vergangenen Jahren nimmt die Baumvielfalt zu. „Das Oberrohrer Waldgebiet mit den vielen verschiedenen Bäumen ist nicht nur für den Klimawandel gerüstet, sondern sagt auch dem Borkenkäfer den Kampf an“, sagt Fiedler.
Fiedler und Jäckle zeigen auf einen roten Punkt in der Karte: Baum 400. „Hier werden wir dem Borkenkäfer auf den Leib rücken. Diesen Baum werden wir fällen.“
Schon aus weiter Entfernung sieht man die rote Farbe in den Baumkronen leuchten. An dem gelben Wegweiserband bleibt die Gruppe stehen. „Der Weg zum befallenen Baum wurde von den Suchern bereits markiert“, erklärt Jäckle. Von Förstern, Waldarbeitern oder auch Jägern würden die Wälder regelmäßig nach Borkenkäfern abgesucht. „Haben sie einen Befall entdeckt, setzen sie einen roten Punkt auf der Landkarte der App.
Eine schlichte Landkarte aus dem Atlas ist für die genaue Standortbestimmung der Bäume zu ungenau. Jäckle schmunzelt: „Seit zwei Jahren arbeiten wir mit der App. Ich sage immer, die App ist die sinnvollste Verwendung des Smartphones.“Am befallenen Baum angekommen, fällen die Waldarbeiter Michael Mau und Jörg Bissinger den betroffenen Baum. Der Punkt an der Landkarten-App wird auf Gelb gestellt. Das heißt: Die Fläche wird bearbeitet. Beim Abspalten der Rinde des gefällten Baums sieht man im Inneren braune Linien. In der Mitte verlaufen sie gradlinig nach links und rechts geschwungen, wie Ornamente sieht es aus.
„Da war der Buchdrucker am Werk“, erklärt Jäckle und blickt auf das Innere der Rinde. „Die beiden geradlinig verlaufenden Strecken sind die Muttergänge des Buchdruckers. Dort legt er seine Eier ab. Die geschwungenen Seiten sind die Larvengänge.“
Er blickt auf die Larvengänge und zeigt auf einen weißen Punkt. „Da waren Feinde des Borkenkäfers wie Pilze oder Schlupfwespen am Werk“, erklärt er. Doch selbst bei starkem Auftreten der natürlichen Feinde würden sie nicht gegen die Massenvermehrung des Borkenkäfers ankommen. Um die Ausbreitung des gefährlichen Baumkäfers zu stoppen, werden die Waldböden stark bewässert. Das hilft den Fichten laut Jäckle aber nur bedingt, „denn die warmen Temperaturen fördern die Käfer“. Volker Fiedler zeigt auf einen kleinen dunkelbraunen Punkt auf der Rinde. „Da ist er. Eigentlich sieht der kleine Käfer recht putzig aus. Nur bringt er unsere Fichten zum Absterben.“
Neben dem Buchdrucker gibt es noch eine weitere Art des Borkenkäfers, den Kupferstecher. Fiedler erklärt: „Der Kupferstecher macht in unserer Region nicht die großen Probleme. Er ist etwas kleiner als der Buchdrucker und bringt nur die Kronenteile des Baums zum Absterben.“Das Absterben des Baumes bedeutet aber nicht gleich einen Qualitätsverlust am Holz. „Der Borkenkäfer beschädigt nur die Rinde des Baums. Wenn der befallene Baum schnell verarbeitet wird, merkt man dem Holz keine Fehler an.“Innerhalb von drei bis vier Tagen würde der gefällte Baum im Sägewerk landen. Wenn das Holz vom Wald abtransportiert wird, ändert der erstmals rote Punkt der App seine Farbe in Grau. „Dann ist der Borkenkäfer zwar nicht besiegt, aber die Gefahr zumindest eingedämmt“, sagt Fiedler.
Im Kampf gegen den Baumschädling werden alle Register gezogen. „Es wurden auch schon Hunde speziell für das Aufsuchen von Borkenkäfern ausgebildet.“Fiedler blickt zu Jäckle und den Hunden Axel und Ilvy. Er schmunzelt: „Unsere zwei aber nicht. Die suchen noch nach Wildschweinen.“