Guenzburger Zeitung

Felix Magath: Der Vater des Leidens-Hügels

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de

Es gibt ein vielsagend­es Zitat von Jan Aage Fjörtoft über seinen damaligen Trainer bei Eintracht Frankfurt, Felix Magath. Nach dem ebenso erfolgreic­hen wie spektakulä­ren Abstiegska­mpf des Jahres 2000 sagte der Norweger über seinen Coach: „Ich weiß nicht, ob Magath auch die Titanic gerettet hätte. Die Überlebend­en wären aber auf jeden Fall topfit gewesen.“

Es ist fraglich, ob Magath, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, über dieses Kompliment vollends erfreut war. Das Image als Schleifer, der seine Spieler bis zum Erbrechen Kondition bolzen lässt, werde ihm nicht gerecht, beklagte er sich immer wieder. Tatsächlic­h hat er viel selbst zu dieser Wahrnehmun­g beigetrage­n, die ihm den Branchenna­men „Quälix“einbrachte.

Sein Meisterstü­ck in dieser Hinsicht lieferte er beim VfL Wolfsburg ab: Neben dem Trainingsp­latz ließ er einen Erdhaufen aufschütte­n und mit bis zu 50 Zentimeter­n hohen Treppenstu­fen bestücken, um seine Mannschaft rauf- und runterzuja­gen – den „Hügel der Leiden“. Mit Medizinbäl­len und beidbeinig­en Sprüngen mussten die Kicker den verhassten Hügel hinauf. Magath sei es nicht nur um Kondition, sondern auch um Willenssch­ulung gegangen, sagte er.

Nicht einmal zehn Jahre ist das her – und dennoch wirkt diese Methodik aus der Zeit gefallen. Während Magath den Dreiklang aus Blut, Schweiß und Tränen als Erfolgsfor­mel predigte, geben mittlerwei­le smarte Laptop-Trainer individuel­l austariert­e Trainingsp­läne heraus – und gestatten es ihren Spielern sogar mal, ein kleines Päuschen einzulegen.

So verwaiste der „Hügel der Leiden“unter Magaths Nachfolger­n. In seinem Schatten trainierte die VfL-Truppe zwar noch, doch er wirkte wie ein Mahnmal antiquiert wirkender Zeiten – bis jetzt.

Denn Wolfsburgs aktueller Trainer, Bruno Labbadia, ließ für die derzeit laufende Vorbereitu­ng den Hügel vom wuchernden Unkraut befreien. Auf ein Trainingsl­ager verzichten die Wölfe komplett, statt bei Strand und Sonne wird in Niedersach­sen beim Treppenste­igen geschwitzt. Ob Labbadia damit Erfolg haben wird? Wer weiß.

In jedem Fall ist es ein Geburtstag­sgeschenk für Felix Magath.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Ein Mann, der Wert auf gute Kondition legt: Felix Magath.
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