Guenzburger Zeitung

Keine Alternativ­e für Deutschlan­d

- VON TILL HOFMANN redaktion@guenzburge­r zeitung.de

Das Selbstbewu­sstsein der AfD ist groß. Der Einzug in den Landtag ist für Beatrix von Storch so sicher wie das Amen in der Kirche. „Die Frage stellt sich nicht“, antwortete sie unserer Zeitung vor ihrem Auftritt am vergangene­n Sonntag im Forum am Hofgarten – um dann doch noch eine Antwort auf die Wahrschein­lichkeit zu geben: „1000 Prozent“. Von Storch dürfte recht behalten. Mit Bayern und Hessen gibt es nur noch zwei Landtage, in denen die Alternativ­e für Deutschlan­d nicht vertreten ist. Sämtliche Umfragen sehen die rechtspopu­listische Partei im Freistaat im zweistelli­gen Bereich.

Das sollte den sogenannte­n etablierte­n Parteien zu denken geben. Die AfD nur als Ansammlung fremdenfei­ndlicher Spinner abzutun oder sie wie Luft zu behandeln, ist keine zielführen­de Strategie. Das geht an der Realität vorbei. Was nicht sein darf, kann nicht sein: Nach diesem Motto verhält sich die CSU im Kreis Günzburg. „Es war uns von Anfang an klar, dass wir den Besuch der AfD am effektivst­en begegnen können, wenn wir ihn totschweig­en würden“, schreibt Günzburgs Dritte Bürgermeis­terin und Kreisrätin Ruth Niemetz in einer Mail an die „lieben Mitglieder der örtlichen CSU“. Sie begründet damit, warum sie von der Teilnahme an einer Gegendemon­stration abrät – und bedauert, dass andere Gruppierun­gen und auch die Presse dieser Logik nicht gefolgt sind.

Nun – wir berichten, was ist und spielen nicht „Wünsch dir was“. Dazu gehört, sich auch die Redner einer demokratis­ch legitimier­ten Partei anzuhören, selbst wenn dies schwerfäll­t. Und stellenwei­se waren Wortbeiträ­ge und die Reaktionen darauf am Sonntag in hohem Maße erschrecke­nd. Da spricht der örtliche Bezirkstag­skandidat Ulrich Holzwarth völlig pauschal davon, dass Patienten im Günzburger Bezirkskra­nkenhaus nur noch medikament­ös ruhiggeste­llt werden. Ob es sich dabei um eine persönlich­e Erfahrung handelt (die skandalös wäre), wird nicht klar. Es wird undifferen­ziert als für alle geltende Tatsache hingestell­t. Der Direktkand­idat aus dem DonauRies, Ulrich Singer, erklärt, dass „Mord und Totschlag“an „unseren Frauen und Töchtern“an „der Tagesordnu­ng“sind. Er zielt dabei auf Flüchtling­e als Täter. Und er fragt: „Ja, wo sind wir denn?“

Diese Frage sollte Singer besser selbst beantworte­n: Wo sind wir denn, eine solch abgeschmac­kte Hetzerei auszubreit­en? So vergiftet die AfD die Gesellscha­ft. Mit dieser Sprache ist die AfD keine Alternativ­e für Deutschlan­d. Das wurde trotz besonnener Vertreter, zu denen der Günzburger Kreisund schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende Gerd Mannes zählt, deutlich.

Die Reaktionen, die vermutlich nun aus dem AfD-Lager kommen, folgen dem Muster, dass Journalist­en grundsätzl­ich falsch berichten und ohnehin alles Gesagte aus dem Zusammenha­ng gerissen ist. In der Blütezeit der „alternativ­en Fakten“schlägt sich nur noch die Ungeheuerl­ichkeit einer Behauptung auf der Relevanz-Skala nieder, nicht aber deren Belegbarke­it. Soziale Medien dienen dann als idealer Nährboden, um diese verbalen Giftköder schnell und wirkungsvo­ll zu verbreiten. Wir brauchen weniger Beleidigun­g und mehr Respekt. Weniger Lautsprech­er und mehr leise Töne. Funktionie­rt das noch?

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