Der großzügige Vermieter
Alles begann mit einem Tropfen an der Küchendecke. Wie sich kleine Fehler zu Großbaustellen auswachsen können, dafür lieferte unser Wohnhaus ein gutes Beispiel. Kürzlich habe ich geschildert, wie das missglückte Herausreißen einer Küche in der Wohnung über uns zu einem stattlichen Wasserschaden führte. In Mitleidenschaft gezogen: die Wohnung darunter. Also unsere. Die Tropfen bescherten uns ein 14 Tage lang brummendes Trocknungsgerät, das Ende der Holzdecke und eine ungeplante Flucht in die Sommerfrische, am Ende aber auch frisch gestrichene Wände. In unserer Wohnung war bereits alles gut, als es oben so richtig losging. Der Sanierung der Küche schloss sich dort die des Bades an – und jeder kann sich vorstellen, was das heißt: Fliesen abschlagen, Wanne raus, Leitungen, die neu verlegt werden. Was genau passierte, wissen wir nicht. Wir haben es nur gehört. Spätestens, wenn Mörtelklumpen durch die Leitungsschächte polterten.
Von Ephraim Kishon gibt es eine wunderbare Satire, in der sich ein Mann (Kasimir Blaumilch) mit einem Presslufthammer in Tel Aviv daran macht, die Straße aufzureißen. Keiner kennt Sinn und Zweck seiner Tätigkeit. Da die Baustelle aber nun einmal da ist, werden von offizieller Seite immer mehr Arbeiter hinzubeordert, bis sich schlussendlich ein Kanal zum Mittelmeer mit Wasser füllt und als neue Attraktion eingeweiht wird. Den Blaumilch-Kanal und den damit beschriebenen Einbruch der Absurdität in den Alltag vor Augen machte ich mir in den letzten Tagen etwas Sorgen um die Zukunft unserer Wohnung. Auch am Berliner Flughafen soll ja bereits länger gebaut werden. Es muss ja nicht so weit kommen, dass eines Tages in die Terminals eine Pilzzucht einzieht. Sicher aber ist, dass VW dort bereits Flächen angemietet hat, um Neuwagen zwischenzuparken.
Ein Ereignis bremste die galoppierende Fantasie. Ein Brief unseres Vermieters.
Er entschuldigte sich aufrichtig und mehrmals für alle Unannehmlichkeiten und gab uns einen Teil der Miete zurück. Für diese Fairness: großer Respekt – gerade angesichts dessen, was man über Sanierungen und aus dem Ruder gelaufene Mieter-Vermieter-Verhältnisse sonst manchmal hört.