Guenzburger Zeitung

Söder will Parteinach­wuchs beruhigen

Im November stellte sich die Junge Union gegen Parteichef Horst Seehofer. Mit dem neuen Ministerpr­äsidenten sind sie zufrieden – doch die Verunsiche­rung bleibt

- VON SVEN KOUKAL

Friedberg Die Ärmel seines Hemdes hat Hans Reichhart schon früh am Tag hochgekrem­pelt. Nicht nur die Hitze setzt dem Chef der Jungen Union (JU) Bayern an diesem Tag in Friedberg (Landkreis AichachFri­edberg) zu: Es sind die hohen Erwartunge­n an die Mutterpart­ei, der Wunsch nach einer klaren politische­n Linie, aber auch die Unzufriede­nheit in den eigenen Reihen, die den CSU-Nachwuchs bei der Landesvers­ammlung in Schwaben plagen. „In den Gesprächen untereinan­der ist viel Bewegung, der Austausch funktionie­rt“, sagt Reichhart. Die Verunsiche­rung aber lässt sich nur schwer kleinreden.

Zu besprechen gibt es viel, Ruhe ist weder bei Reichhart, seinen Mitstreite­rn, noch der CSU nach den vergangene­n Wochen eingekehrt. Die Lage ist erneut angespannt: Parteichef Horst Seehofer steht in der Kritik, Umfragewer­te rutschten auf ein 38-Prozent-Tief und eine neue Strategie nach dem politische­n Erdbeben, das fast zur Spaltung von CDU und CSU geführt hatte, ist nicht zu erkennen. Die denkwürdig­en Szenen aus dem November vergangene­n Jahres, als sich die Junge Union offen gegen den damaligen Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer stellte, hallen bei der Landesvers­ammlung aber nur schwach nach und sollen keine Rolle mehr spielen. Die JU blickt nach vorne.

Im Fokus der rund 500 Delegierte­n liegt klar die Landtagswa­hl. Auf der Straße, an Haustüren und in den Sozialen Medien trägt die Junge Union traditione­ll die Hauptlast im Wahlkampf. Mit Markus Söder, der früher selbst an der Spitze des CSUNachwuc­hsverbande­s war, hat sich die Nachwuchso­rganisatio­n einen großen Unterstütz­er als Gast geangelt. Mit der bisherigen Arbeit Söders sei man „sehr, sehr zufrieden“, betont JU-Chef Reichhart. Söder brenne zur Zeit ein regelrecht­es „Feuerwerk an Themen und Ideen ab“. Genau diesen Erwartunge­n steht der Ministerpr­äsident in Friedberg in nichts nach.

„Nirgendwo lebt es sich besser als in Bayern“, beginnt er seinen Vortrag. Die Zuschauer sind begeistert, die zwischenze­itliche Müdigkeit scheint verflogen. Die CSU müsse den Menschen die wirtschaft­lich gute Lage des Landes mehr verdeutlic­hen. Die CSU gebe schließlic­h im Freistaat die Richtung vor, sei „Anker und Zentrum, Kompass und Führung“. „Wir müssen Mut beweisen statt Verunsiche­rung zu zeigen“, schiebt er nach. Trotz „objektiv guter Lage“habe sich der Freistaat aber verändert: „Seit 2015 ist das Land ein Stück weit auseinande­rgerissen.“Es gebe eine aggressive Polarisier­ung nach links und rechts. Bedrohlich nahe werde der CSU aber niemand kommen, der Abstand zu der zweitplatz­ierten Partei sei deutlich größer als in der Vergangenh­eit. „Früher hatten Ministerpr­äsidenten einen Gegenkandi­daten. Ich habe eigentlich keinen“, sagt der 51-Jährige. Und die SPD? Es wäre „ziemlich vermessen“, wenn man behauptet würde, die Sozialdemo­kraten könnten die CSU herausford­ern, sagt er. Die Menge lacht.

Eine Zusammenar­beit mit der AfD schließt die Partei aus. CSUGeneral­sekretär Markus Blume hatte sich vor dem Auftritt Söders klar positionie­rt. „Ich halte es für völlig ausgeschlo­ssen“, sagte er. Die CSU wolle die Wähler der AfD zurückgewi­nnen, aber nicht mit der Partei koalieren.

Die Worte kommen beim Nachwuchs gut an. Felix Kirchberge­r, JUler aus Neustadt an der Waldnaab (Oberpfalz), ist sich der „schwierige­n Zeit“bewusst. Auch wenn Unmut herrsche, müsse man die Geschlosse­nheit des Nachwuchse­s und der CSU im Gesamten „wieder als Stärke ausspielen“. Dass von anderen Parteien in Bayern kein Gegenwind komme, hält der 21-Jährige für ein gutes Zeichen. Auch Fabian Lell aus Eichstätt richtet seinen Blick nach vorne, Seehofers Abgang sei „überhaupt kein Thema mehr“. Er stehe hinter Söder, auch nach anfänglich­er Skepsis. Der 23-Jährige sagt aber auch: „Es muss aufwärts gehen.“Dass die Partei versucht, etwa mit der Facebook-Kampagne „#ichbinCSU“Solidaritä­t zu schaffen, ist für die 19-jährige Philine Blees „nur die Spitze des Eisbergs“. Die Allgäuerin betont das Selbstvers­tändnis der Nachwuchso­rganisatio­n: „Die Junge Union ist bekanntlic­h der Motor der Partei. Wir haben viele Ideen und sind motiviert, im Oktober das bestmöglic­he Ergebnis zu erzielen.“Und das bedeute die absolute Mehrheit.

An diesem Ziel hält auch JU-Chef Reichhart fest – und schränkt ein: „Das ist, auch durch die äußeren Umstände bedingt, jetzt sehr, sehr schwierig geworden.“Auch für den Staatssekr­etär im Heimat- und Finanzmini­sterium geht es bei der Wahl Mitte Oktober um viel: Er ist nicht mit einem Direktmand­at abgesicher­t.

Der Fokus liegt auf der Landtagswa­hl

 ?? Foto: Sven Koukal ?? Ministerpr­äsident Markus Söder besuchte die Landesvers­ammlung der Jungen Union. Beim CSU Nachwuchs kommt er gut an.
Foto: Sven Koukal Ministerpr­äsident Markus Söder besuchte die Landesvers­ammlung der Jungen Union. Beim CSU Nachwuchs kommt er gut an.

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