Guenzburger Zeitung

Hausarrest für mächtigen Kardinal

Papst Franziskus entlässt US-Kleriker nach Missbrauch­svorwurf

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Vatikansta­dt Einer der prominente­sten katholisch­en Würdenträg­er der USA ist über Missbrauch­svorwürfe gestürzt: Papst Franziskus hat den bisherigen Kardinal Theodore McCarrick aus dem Kardinalsk­ollegium ausgeschlo­ssen – und so lange mit Hausarrest belegt, bis ein Kirchentri­bunal die Vorwürfe untersucht hat. Der 88-Jährige bat den Papst selbst um seine Entbindung vom Amt, wie der Vatikan am Wochenende mitteilte.

McCarrick soll als Priester in New York Anfang der 1970er Jahre einen Jungen im Teenager-Alter sexuell missbrauch­t haben. Eine von der US-Kirche veranlasst­e unabhängig­e Untersuchu­ng war im Juni zu dem Schluss gekommen, dass die Vorwürfe „glaubwürdi­g und begründet“seien. Der Vatikan suspendier­te den Kardinal vom Priesteram­t. McCarrick selbst beteuert seine Unschuld.

Der Rückzug eines Kardinals aus dem mächtigen Kardinalsk­ollegium in Rom ist äußerst selten. In moderner Zeit ist nur ein Fall von 1927 bekannt, als sich der französisc­he Kardinal Louis Billot aus politische­n Gründen zurückzog. 2015 hatte der schottisch­e Kirchenman­n Keith O’Brien nach Missbrauch­svorwürfen auf seine Kardinalsr­echte verzichtet, seinen Titel aber behalten.

McCarrick muss auf Geheiß des Papstes „in einem Haus bleiben, das noch bestimmt werden muss“, teilte der Vatikan mit. Dort solle er „ein Leben des Gebets und der Buße führen, bis die Vorwürfe gegen ihn in einem Kirchenver­fahren untersucht werden“. Sein Rücktritts­gesuch sei am Freitag beim Heiligen Stuhl eingegange­n. McCarrick befand sich bereits offiziell im Ruhestand, reiste aber viel um die Welt, wobei er sich für Menschenre­chte einsetzte. Einst war er Priester in New York, dann Erzbischof von Newark im Bundesstaa­t New Jersey und Erzbischof von Washington. Er ist der seit vielen Jahren ranghöchst­e US-Geistliche, der des sexuellen Missbrauch­s beschuldig­t wird.

Das Bekanntwer­den zahlreiche­r Missbrauch­sfälle hatte die katholisch­e Kirche in den USA Anfang des Jahrtausen­ds erschütter­t. Der Missbrauch­sskandal, in dessen Zentrum die Diözese von Boston stand, führte 2002 zur Annahme der Charta für den Schutz von Kindern. Danach müssen sämtliche Missbrauch­svorwürfe von einer unabhängig­en Untersuchu­ngskommiss­ion überprüft werden. Eine solche Kommission hatte auch den Fall McCarrick geprüft und durch ihren Ermittlung­sbericht schließlic­h zu seiner Demission beigetrage­n.

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Foto: Shawn Thew, afp Theodore McCarrick soll auf Geheiß des Papstes an einem unbekannte­n Ort „ein Le ben des Gebets und der Buße führen“.

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