Guenzburger Zeitung

Vettel freut sich auch über Platz zwei

Der Ferrari-Pilot hält den Schaden beim erneuten Sieg von Hamilton in Grenzen und muss in der Gesamtwert­ung einiges aufholen. Der Brite geht mit zwei Erfolgen nacheinand­er gestärkt in die Sommerpaus­e

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Budapest Nach seinem kompromiss­losen Manöver zur Schadensbe­grenzung gab Sebastian Vettel der Trophäe für den zweiten Platz beim Großen Preis ein kleines Küsschen, dem triumphale­n Mercedes-Sieger Lewis Hamilton klopfte der völlig verschwitz­te Hesse anerkennen­d auf die Schulter. Der viermalige Formel-1-Weltmeiste­r rettete am Sonntag nach einer riskanten Reifenstra­tegie und einem verpatzten Boxenstopp noch einige Punkte im WM-Duell mit Hamilton auf dem Hungarorin­g und war alles andere als zerknirsch­t. „Der Speed war da, um mehr Punkte einzufahre­n“, betonte Vettel: „Bis jetzt machen wir alles richtig.“

Fünf Runden vor Schluss zwängte er sich in seinem Ferrari am Mercedes von Valtteri Bottas vorbei, Fahrzeugte­ile flogen durch die Luft. „Ich war überrascht, weil ich schon vorn war, ich war dann innen und hab von hinten einen Schlag bekommen.“Die Rennkommis­sare nahmen nicht mal die Ermittlung­en auf. „Es war ein Rennzwisch­enfall“, betonte auch Bottas. An Hamilton kam Vettel nicht mehr ran, der ebenfalls viermalige Champion aus England raste mit einem satten Vorsprung von über 17 Sekunden zu seinem fünften Saisonsieg und dem 67. seiner Karriere. „Das war ein hartes Rennen für uns, ein hartes Wochenende. Danke an euch“, sagte Hamilton via Boxenfunk.

In der WM-Wertung verabschie­dete sich der 33-Jährige mit einer 24-Punkte-Führung in die Sommerpaus­e bis zum nächsten Grand Prix am 26. August in Spa-Francorcha­mps. „Es ist unglaublic­h“, meinte Teamchef Toto Wolff: Der Hungarorin­g galt als Mercedes-Problemstr­ecke. Kimi Räikkönen kam nach einer schweren Woche für Ferrari mit dem Tod von Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne noch auf den dritten Platz. Bottas wurde Fünfter hinter Daniel Ricciardo im Red Bull. Nico Hülkenberg fuhr im Renault auf Rang zwölf.

Bevor es losging und erst spät packend wurde, wurde es leise auf dem Hungarorin­g: In der Startaufst­ellung hielten die Piloten eine Schwei- für Marchionne ab. Vettel hätte auch zu dessen Ehren den Sieg in Ungarn gern geschafft und Wiedergutm­achung für seinen Fehler beim Heimrennen vor einer Woche auf dem Hockenheim­ring betrieben, als er in Führung liegend ausgeschie­den war. Beim Start sollte es passieren, es war Vettels einzige Chance, irgendwie an Hamilton vorbeizuko­mmen, nachdem dieser sich im Regen am Samstag mit einer erneuten Hammer-Runde seine 77. Polepositi­on gesichert hatte und Vettel nur Vierter geworden war. Doch daraus wurde nichts. Der passierte zwar seinen Teamkolleg­en Räikkönen, aber schon bei Bottas im zweiten Silberpfei­l war Schluss. Wolff hatte vorher die Siegtaktik verraten: „Einen guten Start haben und sich dann mit beiden Autos so breitmache­n wie ein Londoner Bus.“

Brauchten sie aber nicht mal bis aufs Letzte, Vettel kam mit der etwas langsamere­n Reifenmisc­hung nicht an den Briten ran. Nach sechs Runden betrug Vettels Rückstand auf Hamilton bereits 4,5 Sekunden. Die Frage war, wie sehr sich die länger haltbaren Reifen am Wagen des deutschen Ferrari-Stars auszahlen würden.

Er war der Einzige aus den Top Vier der Startaufst­ellung, der mit den soften und nicht mit den schnelgemi­nute leren ultrasofte­n Gummis unterwegs war. Ferrari versuchte mit einem sogenannte­n Undercut – ein Fahrer wird vor einem Rivalen zum Reifenwech­sel an die Box geholt –, das silber-rote Quartett neu zu ordnen. Zuerst kam Räikkönen, der in seinem Wagen wegen eines fehlerhaft­en Anschlusse­s bei brütender Hitze keine Trinkmögli­chkeit hatte. Eine Runde später folgte Bottas. Hamilton, der auf der gleichen Mischung wie Bottas und Räikkönen fuhr, blieb ebenso draußen wie Vettel, der nun Tempo machen musste, um es bei seinem Boxenstopp vor Bottas wieder auf die Strecke zu schaffen.

Als Hamilton sich in der 26. Runde die soften Reifen aufziehen ließ, übernahm Vettel erst mal die FühHeppenh­eimer rung. Runde um Runde passierte dann wenig. Vettel versuchte weiterhin, den Vorsprung auf Bottas so groß zu halten, dass er zumindest als Zweiter ins Ziel kommen würde, solange Hamilton seinerseit­s das Rennen problemlos zu Ende bringen würde. Doch auch der Plan ging zunächst nicht auf. 4,2 Sekunden dauerte Vettels Reifenwech­sel und damit rund anderthalb Sekunden zu lange. Vorne links hakte der Schrauber.

Vettel kam in Runde 40 hinter Bottas zurück auf die Strecke. Nun musste er attackiere­n, gleichzeit­ig auf seine Reifen aufpassen. Egal, er griff an und schob sich an Bottas vorbei. „Zum Glück war der Wagen nicht kaputt und wir konnten weiterfahr­en“, sagte Vettel.

Wolff verrät die Siegtaktik schon vorher

 ?? Foto: Attila Kisbenedek, afp ?? Küsschen für den Pokal: Sebastian Vettel muss sich auf dem Hungarorin­g mit dem zweiten Platz hinter Lewis Hamilton (rechts) zufriedeng­eben.
Foto: Attila Kisbenedek, afp Küsschen für den Pokal: Sebastian Vettel muss sich auf dem Hungarorin­g mit dem zweiten Platz hinter Lewis Hamilton (rechts) zufriedeng­eben.

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