Guenzburger Zeitung

Thomas krönt sich zum Champion

Der 32-Jährige gewinnt erstmals die Tour de France. Der letzte Tagessieg in Paris geht nach Norwegen. Bei den deutschen Fahrern ragt nur John Degenkolb heraus

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Paris Schon nach dem Etappensta­rt gab es ein Gläschen Champagner, unter dem Arc de Triomphe in Paris begann dann die große britische Party: Als erster Radprofi aus Wales hat Geraint Thomas die Tour de France gewonnen. Der 32-Jährige krönte am Sonntag im Gelben Trikot seine Triumph-Fahrt durch Frankreich auf der ChampsÉlys­ées, wo Alexander Kristoff aus Norwegen vor dem Thüringer John Degenkolb zum letzten Tagessieg der 105. Rundfahrt sprintete.

„Das ist einer der besten Tage meines Lebens“, sagte Thomas, der neben seinem Teamkolleg­en Chris Froome über die Ziellinie fuhr. Von dem entthronte­n Seriensieg­er gab es fairen und ehrlichen Applaus, Thomas’ Frau Sara kündigte eine Feier bis zum Morgengrau­en an. Auf dem Siegerpode­st vor der malerische­n Kulisse des Triumphbog­ens in Paris hüllte sich der Sieger in die Flagge mit dem walisische­n Drachen und atmete zur Hymne „God save the queen“einmal tief durch.

Nach 3351 Kilometern hatte Thomas 1:51 Minuten Vorsprung auf den zweitplatz­ierten Tom Dumoulin aus den Niederland­en, der am Samstag das Zeitfahren in Espelette gewonnen hatte. „Das fühlt noch alles surreal an“, sagte Thomas, der nach dem größten Coup seiner Karriere von Glückwünsc­hen überhäuft und von Gefühlen übermannt wurde. Den britischen Erfolg rundete der entthronte Seriensieg­er Chris Froome auf Rang drei (+2:24 Minuten) ab – er war nach vier Tour-Siegen erst unmittelba­r vor dem Start 2018 vom Doping-Verdacht freigespro­chen worden. Das Superteam Sky stellte zum sechsten Mal in den vergangene­n sieben Jahren den Tour-Champion. Nach mehr als drei Wochen Kampf in der Ebene und auf dem Berg, auf Kopfsteinp­flaster und gegen die Uhr war Thomas der verdiente Sieger.

Darüber waren sich Kontrahent­en wie Beobachter einig. Der langjährig­e Helfer von Froome vermied folgenschw­ere Stürze, bestimmte in den Alpen und Pyrenäen das Tempo und räumte letzte Zweifel mit Rang drei im Zeitfahren am Samstag hinter Dumoulin und Froome aus. „Er war absolut unglaublic­h in den letzten Wochen“, lobte Dumoulin.

Nach Bradley Wiggins und Froome gewann der zweimalige Olympiasie­ger auf der Bahn als dritter Brite die Tour für Sky – und als erster Waliser. Zu seinen Ehren wurden schon am Samstagabe­nd viele Gebäude in Wales gelb angeleucht­et. Thomas hat viele Jahre als Helfer und gezeichnet von Sturzpech hinter sich. Schon am Samstag in Espelette vergoss der so kontrollie­rte und coole Brite Tränen, als ihn seine Frau im Ziel überrascht­e. „Das letzte Mal geweint habe ich bei meiner Hochzeit“, sagte ein überwältig­ter Gesamtsieg­er, der sich anders als die Vorgänger noch keinen Dopingvorw­ürfen ausgesetzt sah.

Für Kristoff war der Sieg auf der Champs-Élysées mehr wert als Geld. Der Ex-Weltmeiste­r setzte sich im finalen Sprint vor John Degenkolb und Arnaud Demare durch. „Es war ein guter Sprint von mir und der ganzen Mannschaft“, sagte Degenkolb. „Es hat nicht viel gefehlt.“Fast hätte also Degenkolb die deutsche Erfolgsges­chichte in Paris fortgeschr­ieben. Bei solchen Massenspur­ts jubelten zuletzt fast immer deutsche Fahrer, aber die in Paris schon erfolgreic­hen Marcel Kittel (2013, 2014) und André Greipel (2015, 2016) schieden auf Alpenetapp­en in der zweiten Woche aus. So holte Degenkolb den einzigen deutschen Sieg 2018, als er auf der 9. Etappe über das Kopfsteinp­flaster nach Roubaix überragte.

Neben der Lichtgesta­lt Degensich kolb blieben die deutschen Profis, die in den Vorjahren Etappensie­ge wie am Fließband produziert­en, unter den Erwartunge­n: Marcel Kittel, der 2017 fünfmal erfolgreic­h war, war außer Form und fiel in La Rosière dem Zeitlimit zum Opfer.

André Greipel gab einen Tag später bei der nächsten Alpenetapp­e auf. Tony Martin blieb vom Pech verfolgt: Der viermalige ZeitfahrWe­ltmeister stürzte auf dem achten Tagesabsch­nitt, brach sich einen Rückenwirb­el und musste die Tour ebenfalls vorzeitig verlassen.

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Foto: Marco Bertorello, afp Geraint Thomas ist der erste Waliser, der die Tour de France gewinnen konnte.
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Foto: Witters John Degenkolb feierte den ersten Etap pensieg. Beinahe hätte er noch zum Schluss in Paris triumphier­t.

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