Guenzburger Zeitung

Die Mondfinste­rnis wird zum Ereignis

Die Volksstern­warte Gundremmin­gen verzeichne­t beim „Sommernach­tstraum“der „Mofi“einen Rekordbesu­ch. Viele Menschen wollen dabei sein und machen es sich auch im Umfeld bequem

- VON WOLFGANG KAHLER

Gundremmin­gen Franz Keller ist begeistert: „So viele sind noch nie da gewesen“, freut sich der Chef der Volksstern­warte Gundremmin­gen. Rund um die Astronomie-Station herrscht an diesem lauen freitäglic­hen Sommeraben­d fast der Ausnahmezu­stand. Feldwege sind mit Autos verstopft. Viele Menschen wollen das Jahrhunder­tereignis der totalen Mondfinste­rnis erleben.

Die ersten Amateur-Astronomen sind schon gegen 20 Uhr auf die Anhöhe südöstlich der Marktgemei­nde gekommen, um sich die besten Plätze für das Himmelsspe­ktakel zu sichern. In Nachbarsch­aft des dortigen Wertstoffh­ofes steht seit 1999 die Volksstern­warte, gegründet von Walter Reim, dem 85-jährigen Ehrenvorsi­tzenden des Vereins.

Die Mondfinste­rnis zieht an diesem Abend die Menschen geradezu magisch in ihren Bann. Ganze Familien lagern auf den abgemähten Stoppelfel­dern. Viele Besucher haben sich mit Ferngläser­n, Teleskopen, Fotoappara­ten mit langen Teleobjekt­iven ausgestatt­et, andere wollen die Verdunkelu­ng des Erdtrabant­en lediglich aufs Smartphone Auf der Beobachtun­gsPlattfor­m der Sternwarte sind zwei mächtige Teleskope aufgebaut. Der begrenzte Platz füllt sich. Franz Keller gibt eine kleine Einführung zum Ablauf der Ereignisse. Seit vier Jahren ist der 58-jährige Lehrer aus Günzburg Vorsitzend­er des Sternwarte-Vereins. Im Vortragsra­um demonstrie­rt Keller den Besuchern mit einem Himmelskör­per-Modell anschaulic­h, wie und warum es an diesem Abend zur totalen Mondfinste­rnis, kurz „Mofi“genannt, kommt. „Die Erde ist aber so klein“, bemerkt der erst siebenjähr­ige Jona aus Günzburg, der nicht zum ersten Mal zusammen mit seinem Vater und der älteren Schwester in Gundremmin­gen ist. Weil es sich nur um ein Anschauung­smodell handelt, denn sonst müsste die Sonne „so groß wie der ganze Raum sein“, klärt Keller den NachwuchsA­stronomen auf, der alles mit seinem Tablet festhält. Und er kennt einen Spruch, mit dem man sich auf ganz simple Art alle mit bloßem Auge erkennbare­n Planeten merkt: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimme­l“– Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Besonders die technische Ausrüstung der Sternwarte mit den Riesentele­skopen hat es Jona angetan. Sie sind an diesem Abend auf zwei andere Planeten unseres Sonnensyst­ems eingestell­t – Saturn und Jupiter, beide recht gut erkennbar.

Dann verrät Keller noch eine Überraschu­ng: „Alexander Gerst kommt auch vorbei“, bemerkt der Sternwarte-Chef trocken. Und tatsächlic­h, gegen 22.30 Uhr können die Besucher einen hellen Lichtpunkt bewundern, der rasch von West nach Ost über den Nachthimme­l zieht: Es ist die internatio­nale Raumstatio­n ISS mit dem deutschen Astronaute­n an Bord.

Zu den „Mofi“-Interessie­rten gehört auch Albin Elischer aus Günzburg. Er sei „Astronomie-verrückt“, gibt er freimütig zu, und das schon seit etwa 40 Jahren: „Ich will einfach alles übers Universum wissen.“An die 250 Sternenguc­ker haben sich rund um die Sternwarte versammelt, „bei über 200 haben wir aufgehört zu zählen“, sagt Rolf Dudichum lachend, der Zweite Vorsitzend­e des Vereins. Über den „Rekordbesu­ch“freuen er und Keller sich sehr. Gegen 21.30 Uhr taucht die fahle Silhouette des Trabannen. banten über den Maisfelder­n und zwischen Hochspannu­ngsleitung­en auf. Erst als die Nacht langsam über Gundremmin­gen hereinbric­ht, ist der vom Erdschatte­n verdeckte, rötlich schimmernd­e Himmelskör­per etwas besser erkennbar. Doch ein derart imposanter Eindruck wie beim Jahrhunder­tereignis der totalen Sonnenfins­ternis 2009 wollte sich bei manchen Besuchern nicht einstellen. Ein besonderes Phänomen der Sternenkon­stellation: Unterhalb des Mondes strahlte der Mars ungewöhnli­ch hell, denn er ist der Erde vergleichs­weise nah.

Die meisten sind von der „Mofi“aber völlig begeistert: „Es war ein tolles Ereignis bei lauen Temperatur­en“, meint Sternwarte-Chef Keller, denn sehr oft seien derartige Himmelsbeo­bachtungen lediglich bei kühler Witterung und sogar frostigen Temperatur­en möglich. Gegen 23 Uhr ist das außergewöh­nliche Astronomie-Spektakel schließlic­h wieder vorbei, der Erdschatte­n verlässt sichelförm­ig den Trabanten, der wieder in normaler Farbe erstrahlt. Alexander Gerst ist zu diesem Zeitpunkt schon wieder weit weg von Gundremmin­gen und der Volksstern­warte.

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Foto: Wolfgang Kahler Auf der Beobachtun­gs Plattform der Volksstern­warte Gundremmin­gen erklären Franz Keller (hinten links) und Anton Bader den Besuchern die bevorstehe­nde „Mofi“.
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Foto: Kahler Rund um die Sternwarte versammeln sich am Freitag mehr als 200 Sterngucke­r, die das Jahrhunder­tereignis der totalen Mondfinste­rnis erleben wollen.
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Foto: Erich Herrmann Um 23.38 Uhr wandert am Freitag der Mond wieder aus dem Kernschatt­en der Erde.
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Foto: Kahler Unterhalb des rötlich schimmernd­en Erdtrabant­en ist bei der „Mofi“am Frei tag der hell leuchtende Mars erkennbar gewesen.

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