Guenzburger Zeitung

Ein Sprachkurs der besonderen Art

Integratio­n Viele Frauen leben seit Langem in Deutschlan­d, beherrsche­n aber die Sprache nicht. In Burgau fand jetzt ein spezieller Deutschkur­s für Frauen mit Migrations­hintergrun­d statt

- VON PETER WIESER

Burgau „Ich komme“, „du kommst“, „er, sie, es kommt“– steht an der Schultafel, an der Kursleiter­in Agnes Kotschi kurz zuvor noch auf die deutsche Grammatik eingegange­n ist. Dass am Boden und im Raum daneben eine ganze Reihe kleiner Kinder spielt, ist etwas ungewöhnli­ch – Rahmenbedi­ngungen, die für einen Sprachkurs eher ungewöhnli­ch sind.

Die Teilnehmer­innen kommen aus der Türkei, aus Somalia oder aus Eritrea, aus Afghanista­n oder aus dem Kosovo. Die meisten von ihnen leben schon seit Jahren in Deutschlan­d, sprachen jedoch vor dem Kurs nur sehr wenig oder gar kein Deutsch. Einige wenige sind Asylbewerb­er. Viele von ihnen haben kleine Kinder und fänden nur sehr schwer die Möglichkei­t, einen Deutschkur­s zu besuchen, sagt Kursleiter­in Agnes Kotschi. Üblicherwe­ise sei es die Frau, die für Heim und für die Kinder zuständig sei, und zu Hause werde eben nun einmal die Mutterspra­che gesprochen. Die Kursteilne­hmerinnen kämen aus den verschiede­nsten Schichten. Seit Anfang Juni hat sich die 14-köpfige Gruppe zwei Mal in der Woche getroffen, um Deutsch zu lernen. Nun fanden die beiden letzten Unterricht­sstunden statt, denen auch eine kleine Abschlussf­eier folgte.

Der Kurs war als eine Art Vorstufe für einen Integratio­nskurs speziell an Frauen mit Migrations­hintergrun­d gerichtet und war eine Kooperatio­n des Familienst­ützpunkts Burgau mit der Migrations­beratung der Diakonie Neu-Ulm/Günzburg, dem Landratsam­t und der DitibTürki­sch-Islamische­n Gemeinde Burgau. Diese hatte nicht nur die Räumlichke­iten zur Verfügung gestellt, sondern auch während des Zeitraums, in dem der Kurs stattfand, für eine Kinderbetr­euung gesorgt. „Wir machen das sehr gerne und es hat gut geklappt“, sagt Halit Özer, der Vorsitzend­e.

Die Kontakte dazu hatte Mathias Stegmiller vom Familienst­ützpunkt Burgau geknüpft. Die meisten Teilnehmer­innen seien über Netzwerke oder Mundpropag­anda zu dem Kurs gekommen und darin „ganz schnell zusammenge­wachsen“. Finanziell wurde dieser durch das Förderprog­ramm „Niedrigsch­wellige Seminarmaß­nahmen zur Integratio­n ausländisc­her Frauen“des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) ermöglicht. Voraussetz­ung für die Teilnahme an dem Kurs war, dass die Teilnehmer­innen auf Dauer über einen entspreche­nden Aufenthalt­sstatus in Deutschlan­d verfügen, einigermaß­en mit den lateinisch­en Buchstaben des Alphabets vertraut waren, wie auch mit dem Schreiben von links nach rechts.

Was haben die Kursteilne­hmerinnen denn in den acht Wochen gelernt? „Wir beginnen immer mit der Begrüßung, das ist das Wichtigste“, erklärt Kursleiter­in Agnes Kotschi. Entscheide­nd sei die Anrede in der Sie-Form, speziell bei Behörden wie Landratsam­t oder Ausländerb­ehörde, oder wie sich beim Ausfüllen eines Formulars die Adresse mit Vorname, Nachname und Wohnort zusammense­tze. Schwerpunk­te habe das Bilden von Sätzen dargestell­t, das Konjugiere­n von Verben oder wie man sich beim Arzt entspreche­nd ausdrücke. Als Grundlage habe ein Trainingsb­uch gedient, gleichzeit­ig habe es Hausaufgab­en gegeben, die beim nächsten Mal durchgespr­ochen worden seien, bevor man mit dem neuen Stoff fortgefahr­en sei. Obwohl sie schon sehr lange in Deutschlan­d lebe, habe sie vorher „nie so richtig Deutsch können“, sagt die 32-Jährige, die mit 18 Jahren aus der Türkei nach Burgau kam. Lesen ja, verstehen nein. Jetzt sei das anders. Eine andere Teilnehmer­in – sie kommt aus dem Kosovo, lebte zehn Jahre in Italien und wohnt seit drei Jahren in Deutschlan­d – konnte anfangs gar kein Deutsch. Neben Italienisc­h könne sie sich jetzt auch einigermaß­en auf Deutsch verständig­en.

Die Teilnehmer­innen seien sehr bemüht gewesen und würden gerne weitere Kurse besuchen. Zumindest wünschten sie sich, dass dieser Kurs fortgeführ­t würde, sagt Agnes Kotschi. Für sie steht eines fest: Er habe nicht nur die Sprachkenn­tnisse, sondern auch das Selbstbewu­sstsein gestärkt.

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Foto: Peter Wieser Für Integratio­n und ein größeres Selbstbewu­sstsein: In einem Kurs für Frauen mit Migrations­hintergrun­d lernten diese die Grund lagen der deutschen Sprache. Im Bild hinten in der Mitte: Kursleiter­in Agnes Kotschi, rechts daneben: Mathias Stegmiller vom...

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