Ein Sprachkurs der besonderen Art
Integration Viele Frauen leben seit Langem in Deutschland, beherrschen aber die Sprache nicht. In Burgau fand jetzt ein spezieller Deutschkurs für Frauen mit Migrationshintergrund statt
Burgau „Ich komme“, „du kommst“, „er, sie, es kommt“– steht an der Schultafel, an der Kursleiterin Agnes Kotschi kurz zuvor noch auf die deutsche Grammatik eingegangen ist. Dass am Boden und im Raum daneben eine ganze Reihe kleiner Kinder spielt, ist etwas ungewöhnlich – Rahmenbedingungen, die für einen Sprachkurs eher ungewöhnlich sind.
Die Teilnehmerinnen kommen aus der Türkei, aus Somalia oder aus Eritrea, aus Afghanistan oder aus dem Kosovo. Die meisten von ihnen leben schon seit Jahren in Deutschland, sprachen jedoch vor dem Kurs nur sehr wenig oder gar kein Deutsch. Einige wenige sind Asylbewerber. Viele von ihnen haben kleine Kinder und fänden nur sehr schwer die Möglichkeit, einen Deutschkurs zu besuchen, sagt Kursleiterin Agnes Kotschi. Üblicherweise sei es die Frau, die für Heim und für die Kinder zuständig sei, und zu Hause werde eben nun einmal die Muttersprache gesprochen. Die Kursteilnehmerinnen kämen aus den verschiedensten Schichten. Seit Anfang Juni hat sich die 14-köpfige Gruppe zwei Mal in der Woche getroffen, um Deutsch zu lernen. Nun fanden die beiden letzten Unterrichtsstunden statt, denen auch eine kleine Abschlussfeier folgte.
Der Kurs war als eine Art Vorstufe für einen Integrationskurs speziell an Frauen mit Migrationshintergrund gerichtet und war eine Kooperation des Familienstützpunkts Burgau mit der Migrationsberatung der Diakonie Neu-Ulm/Günzburg, dem Landratsamt und der DitibTürkisch-Islamischen Gemeinde Burgau. Diese hatte nicht nur die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, sondern auch während des Zeitraums, in dem der Kurs stattfand, für eine Kinderbetreuung gesorgt. „Wir machen das sehr gerne und es hat gut geklappt“, sagt Halit Özer, der Vorsitzende.
Die Kontakte dazu hatte Mathias Stegmiller vom Familienstützpunkt Burgau geknüpft. Die meisten Teilnehmerinnen seien über Netzwerke oder Mundpropaganda zu dem Kurs gekommen und darin „ganz schnell zusammengewachsen“. Finanziell wurde dieser durch das Förderprogramm „Niedrigschwellige Seminarmaßnahmen zur Integration ausländischer Frauen“des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ermöglicht. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Kurs war, dass die Teilnehmerinnen auf Dauer über einen entsprechenden Aufenthaltsstatus in Deutschland verfügen, einigermaßen mit den lateinischen Buchstaben des Alphabets vertraut waren, wie auch mit dem Schreiben von links nach rechts.
Was haben die Kursteilnehmerinnen denn in den acht Wochen gelernt? „Wir beginnen immer mit der Begrüßung, das ist das Wichtigste“, erklärt Kursleiterin Agnes Kotschi. Entscheidend sei die Anrede in der Sie-Form, speziell bei Behörden wie Landratsamt oder Ausländerbehörde, oder wie sich beim Ausfüllen eines Formulars die Adresse mit Vorname, Nachname und Wohnort zusammensetze. Schwerpunkte habe das Bilden von Sätzen dargestellt, das Konjugieren von Verben oder wie man sich beim Arzt entsprechend ausdrücke. Als Grundlage habe ein Trainingsbuch gedient, gleichzeitig habe es Hausaufgaben gegeben, die beim nächsten Mal durchgesprochen worden seien, bevor man mit dem neuen Stoff fortgefahren sei. Obwohl sie schon sehr lange in Deutschland lebe, habe sie vorher „nie so richtig Deutsch können“, sagt die 32-Jährige, die mit 18 Jahren aus der Türkei nach Burgau kam. Lesen ja, verstehen nein. Jetzt sei das anders. Eine andere Teilnehmerin – sie kommt aus dem Kosovo, lebte zehn Jahre in Italien und wohnt seit drei Jahren in Deutschland – konnte anfangs gar kein Deutsch. Neben Italienisch könne sie sich jetzt auch einigermaßen auf Deutsch verständigen.
Die Teilnehmerinnen seien sehr bemüht gewesen und würden gerne weitere Kurse besuchen. Zumindest wünschten sie sich, dass dieser Kurs fortgeführt würde, sagt Agnes Kotschi. Für sie steht eines fest: Er habe nicht nur die Sprachkenntnisse, sondern auch das Selbstbewusstsein gestärkt.