Guenzburger Zeitung

Entwicklun­gshilfe allein kann Afrika nicht retten

Wie wird der von Kriegen und Korruption geplagte Kontinent stabiler? Während China viele Milliarden investiert, fehlt der EU ein schlüssige­s Konzept

- VON SIMON KAMINSKI ska@augsburger allgemeine.de

Afrika ist der Kontinent der Zukunft.“Das liest man – gerne mit Ausrufungs­zeichen – immer wieder. Und zwar seit Jahrzehnte­n. Sicher, es gab und gibt immer wieder Erfolgsges­chichten, der regelmäßig prophezeit­e große Aufbruch für den weltweit drittgrößt­en Kontinent mit seinen fast 890 Millionen Menschen ist bis heute für viele Afrikaner bestenfall­s eine vage Verheißung. Vom „gescheiter­ten Kontinent“sprechen andere. Sie verweisen auf Kriege, nimmersatt­e Diktatoren und eine alles blockieren­de Korruption, die dafür sorge, dass Entwicklun­gshilfe stets in dunklen Kanälen versickert. Aber auch diese Sichtweise wird der Realität in vielen der 54 afrikanisc­hen Staaten nicht gerecht.

Wie tief die Probleme jedoch liegen, zeigt sich dieser Tage am Beispiel zweier Länder, in denen gewählt wurde. Es galt bereits als Erfolg, dass die Bevölkerun­g in Mali aufgerufen war, ihre Stimme abzugeben. Schließlic­h tobt in Teilen des Landes ein Bürgerkrie­g. Doch Angriffe auf Wahlbüros überschatt­eten den Wahltag. Auch in Simbabwe ist die Freude über die ersten freien Wahlen seit vier Jahrzehnte­n getrübt. Ob der Weg zu einer stabilen Demokratie nach der Herrschaft des Despoten Robert Mugabe gelingt, ist völlig ungewiss. Die Anhänger der verschiede­nen politische­n Lager stehen sich – wie auch in Mali – unversöhnl­ich gegenüber.

Nicht nur weltanscha­uliche Differenze­n, auch die Zugehörigk­eit zu verschiede­nen Ethnien oder Religionen birgt Strengstof­f in Afrika. Der äthiopisch-deutsche Unternehme­nsberater und Buchautor Asfa-Wossen Asserate, der 1968 aus politische­n Gründen aus seiner Heimat geflohen ist, beklagt, dass in den zweitausen­d Sprachen des Kontinents der Begriff „Gegner“nicht existiere: „In Afrika gibt es keine Gegner, da gibt es nur Feinde, und die will man vernichten.“Das mag zugespitzt klingen, aber viele nahezu unregierba­re Staaten – wie Nigeria oder eben Mali – sind gefangen in einem Teufelskre­is aus Hass, aus Gewalt und Gegengewal­t. Hinzu kommen ökonomisch­e Katastroph­en. Beispiel Sambia: Obwohl das Land mit den drittgrößt­en Kupfervork­ommen der Welt gesegnet ist, gilt es als eines der ärmsten Länder. Multinatio­nale Konzerne beuten die Kupfermine­n aus. Die Unternehme­n werden reich, zahlen aber kaum Steuern. Die Regierung lässt sie gewähren. Sambia ist kein Einzelfall.

Aber es gibt auch Gegenbeisp­iele. In Ghana wächst die Mittelschi­cht. Interessan­te Geschäftsi­deen locken Investoren an. Noch immer aber hat die EU kein schlüssige­s Konzept, wie ein Engagement in Afrika aussehen muss, von dem beide Seiten profitiere­n. Es ist an der Zeit, dass sich klassische Entwicklun­gshilfe auf besonders arme, durch Kriege und eine rasant wachsende Bevölkerun­g gelähmte Staaten konzentrie­rt. Für Länder, die positive Ansätze zeigen, sollte es maßgeschne­iderte Kooperatio­nen mit der Wirtschaft, aber auch den Behörden geben. Auf diese Weise könnten auch Fluchtursa­chen bekämpft werden. Das hat die EU im Prinzip erkannt. Die Umsetzung dieser Strategie geht allerdings nur schleppend voran.

In diese Lücke stößt China. Peking ist es egal, ob die Bevölkerun­g durch eine autoritäre Regierung unterdrück­t wird. Es genügt eine gewisse Stabilität, um milliarden­schwere Wirtschaft­s-, aber auch Ausbildung­sprogramme anzuschieb­en. Misslingt ein Geschäft, übernimmt Peking die Verluste des Unternehme­ns. Die finanzschw­achen Länder Afrikas drohen dabei, in ein fatales Abhängigke­itsverhält­nis zu geraten, während China nie seinen Profit aus den Augen verliert – finanziell wie politisch. Schon jetzt ist beispielsw­eise Kenia bis über beide Ohren bei China verschulde­t.

Europa hat dieser Entwicklun­g lange desinteres­siert zugesehen. Jetzt wird die Zeit knapp.

Konzerne werden reich, zahlen aber kaum Steuern

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