Guenzburger Zeitung

Hartes Brot für Winterkorn

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Anspruch und Wirklichke­it passen bei Martin Winterkorn nicht immer zusammen. Noch im März 2015 bekundete er pathetisch: „Volkswagen soll in jeder Hinsicht an der Spitze stehen, auch in Sachen verantwort­ungsvoller Unternehme­nsführung.“Es dauerte nicht lange, ehe sich im DieselSkan­dal des Konzerns das Gegenteil dessen herausstel­len sollte.

„Wiko“, wie der 71-Jährige in VW-Kreisen genannt wird, ist moralisch abgestürzt. Nur der FC Bayern mit seinem großherzig­en resozialis­ierten Über-Patriarche­n Uli Hoeneß hält noch treu zu dem einstigen Top-Verdiener. Winterkorn darf nach wie vor im Aufsichtsr­at des Vereins sitzen. Ansonsten muss der Manager damit leben, dass schmutzige Wäsche gewaschen wird. Zuletzt geriet seine private Finanz- und Steuerpoli­tik in die Waschtromm­el. Was zum Vorschein kam, lässt sich nicht mehr weichspüle­n. Es ist von auffällige­n Finanz-Transaktio­nen des Ex–Managers im Verteidigu­ngsstand die Rede. Diese haben den Verdacht aufkommen lassen, er beuge für den Fall vor, dass VW hohen Schadeners­atz gegen ihn geltend macht, etwa durch trickreich­e Schenkunge­n an seine Frau. Auch wenn die Behauptung­en nicht erwiesen sind und sich der Anwalt des Ex-VW-Chefs empört, steht fest: Es bleibt bei hartem Brot für Winterkorn in seinen späten Jahren. Der Mann, der zu Härte fähig war, muss hart im Nehmen sein. Jammern gilt nicht.

Am Ende geht die Akte „Wiko“in Bücher über Wirtschaft­sethik ein. In den Schriften wird dann erörtert, warum unter Winterkorn­s Führung ein Klima der Angst und des Ja-Sagens bei VW herrschte, sich eben keiner traute, gegen den Betrug aufzustehe­n und das kriminelle Handeln zu beenden.

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