Guenzburger Zeitung

Freund verbrüht: Freispruch

57-Jährige wird in Psychiatri­e eingewiese­n

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Es ist selten, dass sich Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng so einig sind und im Ergebnis identisch plädieren. Im Fall der 57-Jährigen, die ihren Partner aus Eifersucht tödlich verbrüht hatte, ist das so. Beide Seiten forderten am Montag einen Freispruch. Denn die Frau aus dem Landkreis Pfaffenhof­en, deren Fall für landesweit­es Aufsehen gesorgt hatte, sei schuldunfä­hig, ihre Tat im Wahn geschehen, ohne Tötungsvor­satz. Gleichwohl müsse sie in ein psychiatri­sches Krankenhau­s eingewiese­n werden. Wie ihr Verteidige­r Florian Wurtinger sagte, sei sie immer noch davon überzeugt, dass ihr Partner sie mit einer Freundin betrogen habe.

Das Schwurgeri­cht folgte dann – nicht mehr überrasche­nd – am Nachmittag den Plädoyers. Die 1. Strafkamme­r des Landgerich­ts Ingolstadt sprach die von der Staatsanwa­ltschaft ursprüngli­ch wegen Mordes angeklagte Frau frei. Sie sei schuldunfä­hig, weil psychisch schwer krank.

Grundlegen­d für das Urteil sowie zuvor bereits für die Plädoyers war die Bewertung des psychiatri­schen Gutachters Béla Serly gewesen. Der hatte am Vormittag – unter Ausschluss der Öffentlich­keit – seine Diagnose dargelegt, nach der die Angeklagte schon länger an einem Eifersucht­s- und Verfolgung­swahn leide, einer seelischen Störung, die ihr „seelisches Gefüge tief greifend “verändert habe. Während der Tat, so referierte Landgerich­tsvizepräs­ident Jochen Bösl aus den Ausführung­en

„Seelisches Gefüge tief greifend verändert“

Serlys, sei ihre Steuerungs­fähigkeit aufgehoben gewesen, sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, zu kontrollie­ren, was sie tue. Auch wenn sie verstanden habe, dass das falsch sei.

Wie berichtet, hatte die Frau gestanden, ihren Freund im vergangene­n Oktober nachts im Schlafzimm­er mit etwa zehn Litern heißen Wassers (mindestens 60 Grad laut der Rechtsmedi­zinerin) überschütt­et zu haben. Eifersücht­ig wegen einer ihm unterstell­ten, aber nach Überzeugun­g der Kammer und nach Darstellun­g aller befragten Zeugen nicht existenten Affäre, habe sie ihm einen „Denkzettel“verpassen wollen. Die gelernte Verkäuferi­n – deren vorherige Beziehung sehr verletzend gescheiter­t war – hatte allerdings bestritten, dass sie ihren Partner habe umbringen wollen. Sie habe sich nicht vorstellen können, dass das erhitzte Wasser ihren Freund töte, hatte ihr Verteidige­r bei Prozessauf­takt ausgeführt.

Auch das Gericht kam letztlich nicht einmal zu einem bedingten Tötungsvor­satz. Entscheide­nd dafür sei auch gewesen, dass die Frau unmittelba­r nach der Tat zur Polizei gefahren sei und dort gemeldet habe, daheim sei ein Unfall passiert. Zudem hätten auch die behandelnd­en Ärzte erst nicht damit gerechnet, dass der verbrühte 47-Jährige sterben würde, so die Kammer. Rechtlich wurde das, was ihm angetan wurde, als Körperverl­etzung mit Todesfolge gewertet. Nicht als Strafe, wie Richter Bösl betonte, sondern als Sicherungs­maßnahme, wurde ihre dauerhafte Unterbring­ung in der Psychiatri­e angeordnet. Unbehandel­t bleibe sie gefährlich.

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