Ehemann attackiert nach Ehestreit die Polizei
Ehefrau will mit zwei Polizisten ihre Sachen aus der gemeinsamen Wohnung holen. Dann wird’s handgreiflich
Günzburg Es war in der Nacht vom 15. auf den 16. Februar dieses Jahres, als es in den Abendstunden gegen 23 Uhr an der Haustür des Angeklagten klingelte. Vor der Tür standen seine Ehefrau und zwei Polizisten. Die Frau war verletzt, geschlagen von ihrem Mann. Nachdem sie ihren Partner bei der Polizei angezeigt hatte, wollte sie nur noch kurz ihre wichtigsten Sachen aus dem gemeinsamen Haus abholen. Doch die Angst, ihrem brutalen Ehemann nochmals alleine gegenüberzustehen, war zu groß.
Als der 38-jährige Elektrotechniker die Haustür öffnete, versperrte er dem Trio den Weg in die Wohnung. „Er war aggressiv und abweisend uns gegenüber“, erinnern sich die beiden Polizisten. Sie hätten ihm die Vorgehensweise und die Rechtslage ausführlich erklärt, aber „wir konnten ihn einfach nicht beruhigen.“Selbst als die beiden Beamten seinen Kopf und seine Arme fest im Griff hatten, folgte er nicht deren Anweisungen. Stattdessen schupste er die Polizisten die Treppenstufen vor dem Hauseingang hinunter. Ein Polizist erlitt beim Sturz eine Schürfwunde am Kopf, der andere eine Knieverletzung. Mit den Beamten fiel auch der Angeklagte die Treppen hinunter, er erlitt eine Gehirnerschütterung und mehrere Prellungen.
„Nach dem Vorfall habe ich die Polizisten angezeigt“, sagte der Angeklagte überzeugt. „Sie hatten ja auch keinen Durchsuchungsbeschluss.“Nicht nur der fehlende Durchsuchungsbeschluss machte den Angeklagten stutzig, sondern auch die fehlende Kopfbedeckung der Beamten. „Polizisten, die keine Hüte aufhaben, haben sowieso keine Rechte“, schrie er an der Wohnungstür. Als Richter Henle den Angeklagten fragt, ob er wisse, dass die Polizei das Recht dazu hatte, seine Wohnung zu betreten, schüttelt dieser nur den Kopf. „Als ich nicht von meiner Wohnungstür wich, drohte mir ein Polizist sogar Gewalt an“, erzählt der Ehemann empört. „Die Polizisten hätten mich besser über ihre Rechte informieren müssen.“
Walter Henle schüttelt den Kopf: „Ich verstehe, Sie sind jetzt das Opfer, oder?“Henle fragt weiter: „Stimmt es, dass Sie auch noch versucht haben, die Polizisten zu filmen? „Ja“, lautet seine Antwort. „Na ja, es ist mein Haus und ich hatte Angst. Ich meine, ich hatte noch nie etwas mit einer Schlägerei zu tun. Und schon gar nicht, wenn die beteiligten Schläger Polizisten sind.“Als der Angeklagte die Polizeibeamten versuchte zu filmen, wurde er von einem der Polizisten gestoppt, indem er seine Arme hinunter drückte. „Ich wollte, dass mich die Beamten loslassen, aber stattdessen haben sie mich am Kopf gepackt. Ich wurde angegriffen“, rechtfertigt er sich weiter. Richter Henle ist empört: „Das war keine Schlägerei. Die Polizei darf das.“Er schaut den Angeklagten eindringlich an und fragt ihn: „Warum haben Sie die Beamten grundlos angezeigt?“Nach dem Sturz sei er von den Polizisten gefesselt worden, obwohl er kaum Luft bekommen hätte. „Selbst als ich um Hilfe geschrien habe, hat mich die Polizei nicht losgebunden. Das ist eine Körperverletzung“, betont der 38-jährige.
Für die Polizisten sah die Situation nach dem Sturz anders aus. „Als er gefesselt am Boden lag, hat er noch einen epileptischen Anfall vorgetäuscht“, berichtet einer der Beamten.
Mit seinem ganzen Körper hätte der Angeklagte gezuckt, während er seine Augen geschlossen hielt. „Ich habe ihn hochgenommen und seine Atmung kontrolliert. Die war aber ganz normal.“Auch der später untersuchende Arzt konnte keine Auffälligkeiten feststellen. Walter Henle blickt zum Angeklagten und ist sauer: „Ihnen tut hier nichts leid. Sie sind uneinsichtig und sehen sich selbst als das Opfer der Tat an.“
Für den Widerstand an den Polizisten wurde der Angeklagte zu drei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Seine Anzeige wurde eingestellt. Er muss jeweils 500 Euro Schmerzensgeld an die Beamten bezahlen. Nach dem Gerangel ging die verletzte Ehefrau schließlich alleine ins Haus, um ihre Sachen zu packen. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass der Angeklagte seine Frau geschlagen hat. „Letztes Jahr kam es auch schon zu einer Anzeige“, sagte ein Polizist. Trotz der Vorfälle sei die Frau allerdings wieder in das gemeinsame Haus eingezogen und hat ihre Anzeige zurückgezogen.