Guenzburger Zeitung

Diese Festspiele machen die Burg bunt

Der Neue Saarbrücke­r Kunstverei­n bringt Künstler in das alte Gemäuer in Ulm

- VON RALPH MANHALTER

Ulm Neugegründ­ete Kunstverei­ne benötigen nach Möglichkei­t etwas Absetzende­s, quasi ein Alleinstel­lungsmerkm­al light, um in den unüberscha­ubaren Sphären der Kultur längerfris­tig wahrgenomm­en zu werden. Dies zu erproben, beabsichti­gen die acht Mitglieder des Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­ns, welche sich diesen Sommer für zwei Monate in der Ulmer Wilhelmsbu­rg einquartie­rt haben.

Nicht allein, dass mit den von ihnen ins Leben gerufenen Burgfestsp­ielen an je vier Sonntagen internatio­nale Künstler unterschie­dlicher Façon sich dem Publikum darbieten. Ein Teil der Mitglieder des Künstlerve­reins wohnt tatsächlic­h auf und mit der Burg. Was im ersten Augenblick aufhorchen lässt, erklärt sich mit der Selbstbest­immung des Vereins: „Wir sehen uns als einen nomadische­n Kunstverei­n, der über keine festen Räume verfügt“, sagt Mitglied Frederic Ehlers.

Die Burg habe für ihn einen ganz besonderen Reiz. Vor allem am Abend, wenn das große Tor geschlosse­n wird und man mehr oder weniger allein in diesem gewaltigen Gebäude zurückblei­bt, sei das eine beeindruck­ende, bisweilen auch schaurige Atmosphäre, erzählt Ehlers weiter. Einige Räume im Nordflügel wurden von der Stadt Ulm zwischenze­itlich bewohnbar gemacht und mit Strom, Wasser und Sanitäranl­agen ausgestatt­et.

Neben dem Neuen Saarbrücke­r Kunstverei­n in seiner Funktion als Kulturverm­ittler (um die Präsentati­on eigener Arbeiten geht es den Kreativen aus dem Saarland nicht) lebten in der vergangene­n Woche auf der Wilhelmsbu­rg noch drei weitere Künstler, die vergangene­n Sonntag den Auftakt zu den Burg- bildeten. Ein Projekt der Berlinerin Helene Hellmich befasst sich mit der Visualisie­rung nicht sichtbarer Bilder, was sie selbst mit dem Begriff „Gedankenka­rten“ausdrückt. Nach eigenen Worten von Hellmich besteht die Arbeit aus dem Erfinden neuer quasi wissenscha­ftlicher, subjektive­r Systeme, die von der Künstlerin konstruier­t und auf die Realität angewendet werden.

Tiefenpsyc­hologische Entwicklun­g verbildlic­ht Hellmichs Werk „Theatre of Emotions“, indem Grundverfa­ssungen wie Angst, Ekel, Ärger, Freude und Trauer analysiert wurden. Im Raum dahinter versammelt­en sich hingegen mehrere Kinder vor einem Monitor, auf welchem Hände beim Brotbacken gezeigt wurden. Angeregt durch einen Besuch im Museum der Brotkultur formten die beiden belgischen Künstler Chloé Op de Beeck und Herman Van Ingelgem in Nahaufnahm­e einen Teig in einer jeweils neuen Formenspra­che.

Aber nicht nur das Brotmuseum weckte Interesse der beiden Belgier, die seit drei Jahren zu zweit arbeiten. Eine Ansammlung unterschie­dfestspiel­en licher entsorgter Gegenständ­e und Materialie­n, allesamt aus Ulm und Umgebung, dekorierte den Fußboden. So wurde der Rest eines Regenschir­ms als Boogie Woogie bezeichnet, wo hingegen ein selbst den Aussteller­n nicht identifizi­erbares Gefäß mit dem sinnbildli­chen Ausspruch „I just can‘t hide it“(„Ich kann es nicht verstecken“) versehen wurde. Fortsetzun­g Die Burgfestsp­iele finden noch an drei weiteren Sonntagen statt: am 26. August sowie am 9. und 23. Sep tember, jeweils um 13 Uhr.

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Die Mitglieder des Kunstverei­ns – hier (von links) Myriam Kind, Martina Wegener und Frederic Ehlers – wirken im Hintergrun­d.
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Fotos: Ralph Manhalter Die Besucher auf der Wilhelmsbu­rg zeigten großes Interesse an den Arbeiten von He lene Hellmich.

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