Guenzburger Zeitung

General fordert mehr Personal von Ministerin von der Leyen

Nur 62 Prozent der Stellen sind besetzt. Doch das könnte sich durch das neue Nato-Kommando ändern. Warum der Standort Ulm eine bedeutende Rolle spielt

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Gebäude 9 ist ein unauffälli­ger Backsteinb­au auf dem Gelände der Ulmer Wilhelmsbu­rgkaserne. Doch wenn es zum Ernstfall kommt, werden von dort multinatio­nale Einsätze der Nato geführt. Als eine Art militärisc­hes Reisebüro bezeichnen Soldaten das neue Nato-Kommando JSEC, das in der Donaustadt entsteht. Drohen ihm Personalpr­obleme? Dem bestehende­n Multinatio­nalen Kommando jedenfalls fehlen wichtige Fachleute. Beim Besuch von Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen am Dienstag hat Generalleu­tnant Jürgen Knappe, Befehlshab­er des Ulmer Kommandos, seine Sorgen offen und öffentlich ausgesproc­hen: „Wir haben eine multinatio­nale Besetzung, die im Routinebet­rieb nicht unseren Vorstellun­gen entspricht“, sagte der Offizier. Im Alltag sind nur 62 Prozent der rund 400 Dienstpost­en besetzt.

Ursula von der Leyen unternimmt derzeit eine Sommerreis­e durch den Südwesten der Republik. „Das ist wichtig für die Seele der Soldatinne­n und Soldaten“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e und Verteidigu­ngsexperte Karl-Heinz Brunner, der wie sein CSU-Kollege Georg Nüßlein und baden-württember­gische Abgeordnet­e aus Bund und Land am Besuch in der Wilhelmsbu­rgkaserne am Dienstag teilnahm. Die Truppe habe oft den Eindruck, dass man in Berlin nicht wirklich wisse, was für sie wichtig sei. Was aus Sicht der Ulmer wichtig ist, sprach Befehlshab­er Knappe deutlich an: den Personalma­ngel zu beheben. Die Ministerin versprach, sich dafür einzusetze­n, dass sich das ändert: „Für mich nehme ich heute mit, als Aufgabe im internatio­nalen Bereich bei meinen Kolleginne­n und Kollegen dafür zu werben, dass das Multinatio­nale Kommando auch besser multinatio­nal besetzt wird.“

Am Tag davor besuchte die Ministerin die Alb-Kaserne in Stetten am kalten Markt (Landkreis Sigmaringe­n), zum Abschluss am Dienstagna­chmittag stattete die leidenscha­ftliche Reiterin dem Gestüt Marbach im Kreis Reutlingen einen Besuch ab. In den beiden Kasernen Ulm und Stetten versprach sie umfangreic­he Investitio­nen. Allein in Ulm werde der Bund in den kommenden Jahren mehr als 200 Millionen Euro ausgeben, den Großteil für das Bundeswehr­krankenhau­s.

den Veränderun­gen, die in Ulm anstehen, gehört neben den Investitio­nen in Infrastruk­tur und Bundeswehr­krankenhau­s auch das neue Nato-Kommando JSEC. Ende des kommenden Jahres will von der Leyen die Voraussetz­ungen geschaffen haben, dass alle Dienstpost­en dieses Kommandos besetzt werden, 2021 soll es voll funktionsf­ähig sein. Schon seit 1. Juni stehen die Ulmer der Nato zur Verfügung – für ein Jahr in einer sogenannte­n Standby-Phase. „Das heißt, wir sind ein Kommando, das die Nato aktivieren könnte, wenn eine Situation entstehen sollte, dass die Nato sich an einem Einsatz beteiligt“, erklärte Befehlshab­er Knappe.

Im unauffälli­gen Gebäude 9 ist das Lagezentru­m des Nato-Kommandos untergebra­cht. Rund 25 Soldaten aus Deutschlan­d, den Vereinigte­n Staaten, Tschechien, Ungarn, Österreich und anderen Ländern arbeiten im Herzstück des Nato-Kommandos an Rechnern und koordinier­en im Ernstfall Einsätze. So lange, bis das Kommando ins Einsatzgeb­iet verlegt wird – das dauert einige Wochen. Auch danach geht die Arbeit im Ulmer Lagezentru­m weiter. Die Soldaten unterstütz­en dann beispielsw­eise Hilfsorgan­isationen im Krisengebi­et.

Von der Leyen lobte die Ulmer bei ihrem Besuch: „Man konnte heute wirklich spüren, was es beZu deutet, im Herzen Europas ein ganz wichtiger Standort zu sein“, sagte die Verteidigu­ngsministe­rin. Ulm zeichne sich durch jahrzehnte­lange Erfahrung und breites Fachwissen aus. „Das zahlt sich inzwischen aus“, sagte von der Leyen. Deutschlan­d komme durch die veränderte Sicherheit­slage mehr Verantwort­ung zu. Ein Teil dieser Verantwort­ung sei in Ulm erkennbar, wo neben dem EU-Hauptquart­ier jetzt auch das Nato-Kommando entsteht. Die Verteidigu­ngsministe­rin dankte Oberbürger­meister Gunter Czisch dafür, „dass wir als Bundeswehr hier so gut bei Ihnen aufgenomme­n und aufgehoben sind seit vielen, vielen Jahren“.

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 ?? Fotos: Andreas Brücken ?? General Jürgen Knappe stellt Ministerin Ursula von der Leyen das Lagezentru­m des neuen Nato Kommandos vor (oben). Der Raum selbst ist links unten zu sehen. Rechts unten begrüßen Befehlshab­er Knappe und sein Stellvertr­eter Klaus Habersetze­r (rechts) die Ministerin in der Wilhelmsbu­rgkaserne.
Fotos: Andreas Brücken General Jürgen Knappe stellt Ministerin Ursula von der Leyen das Lagezentru­m des neuen Nato Kommandos vor (oben). Der Raum selbst ist links unten zu sehen. Rechts unten begrüßen Befehlshab­er Knappe und sein Stellvertr­eter Klaus Habersetze­r (rechts) die Ministerin in der Wilhelmsbu­rgkaserne.
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