General fordert mehr Personal von Ministerin von der Leyen
Nur 62 Prozent der Stellen sind besetzt. Doch das könnte sich durch das neue Nato-Kommando ändern. Warum der Standort Ulm eine bedeutende Rolle spielt
Ulm Gebäude 9 ist ein unauffälliger Backsteinbau auf dem Gelände der Ulmer Wilhelmsburgkaserne. Doch wenn es zum Ernstfall kommt, werden von dort multinationale Einsätze der Nato geführt. Als eine Art militärisches Reisebüro bezeichnen Soldaten das neue Nato-Kommando JSEC, das in der Donaustadt entsteht. Drohen ihm Personalprobleme? Dem bestehenden Multinationalen Kommando jedenfalls fehlen wichtige Fachleute. Beim Besuch von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Dienstag hat Generalleutnant Jürgen Knappe, Befehlshaber des Ulmer Kommandos, seine Sorgen offen und öffentlich ausgesprochen: „Wir haben eine multinationale Besetzung, die im Routinebetrieb nicht unseren Vorstellungen entspricht“, sagte der Offizier. Im Alltag sind nur 62 Prozent der rund 400 Dienstposten besetzt.
Ursula von der Leyen unternimmt derzeit eine Sommerreise durch den Südwesten der Republik. „Das ist wichtig für die Seele der Soldatinnen und Soldaten“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Verteidigungsexperte Karl-Heinz Brunner, der wie sein CSU-Kollege Georg Nüßlein und baden-württembergische Abgeordnete aus Bund und Land am Besuch in der Wilhelmsburgkaserne am Dienstag teilnahm. Die Truppe habe oft den Eindruck, dass man in Berlin nicht wirklich wisse, was für sie wichtig sei. Was aus Sicht der Ulmer wichtig ist, sprach Befehlshaber Knappe deutlich an: den Personalmangel zu beheben. Die Ministerin versprach, sich dafür einzusetzen, dass sich das ändert: „Für mich nehme ich heute mit, als Aufgabe im internationalen Bereich bei meinen Kolleginnen und Kollegen dafür zu werben, dass das Multinationale Kommando auch besser multinational besetzt wird.“
Am Tag davor besuchte die Ministerin die Alb-Kaserne in Stetten am kalten Markt (Landkreis Sigmaringen), zum Abschluss am Dienstagnachmittag stattete die leidenschaftliche Reiterin dem Gestüt Marbach im Kreis Reutlingen einen Besuch ab. In den beiden Kasernen Ulm und Stetten versprach sie umfangreiche Investitionen. Allein in Ulm werde der Bund in den kommenden Jahren mehr als 200 Millionen Euro ausgeben, den Großteil für das Bundeswehrkrankenhaus.
den Veränderungen, die in Ulm anstehen, gehört neben den Investitionen in Infrastruktur und Bundeswehrkrankenhaus auch das neue Nato-Kommando JSEC. Ende des kommenden Jahres will von der Leyen die Voraussetzungen geschaffen haben, dass alle Dienstposten dieses Kommandos besetzt werden, 2021 soll es voll funktionsfähig sein. Schon seit 1. Juni stehen die Ulmer der Nato zur Verfügung – für ein Jahr in einer sogenannten Standby-Phase. „Das heißt, wir sind ein Kommando, das die Nato aktivieren könnte, wenn eine Situation entstehen sollte, dass die Nato sich an einem Einsatz beteiligt“, erklärte Befehlshaber Knappe.
Im unauffälligen Gebäude 9 ist das Lagezentrum des Nato-Kommandos untergebracht. Rund 25 Soldaten aus Deutschland, den Vereinigten Staaten, Tschechien, Ungarn, Österreich und anderen Ländern arbeiten im Herzstück des Nato-Kommandos an Rechnern und koordinieren im Ernstfall Einsätze. So lange, bis das Kommando ins Einsatzgebiet verlegt wird – das dauert einige Wochen. Auch danach geht die Arbeit im Ulmer Lagezentrum weiter. Die Soldaten unterstützen dann beispielsweise Hilfsorganisationen im Krisengebiet.
Von der Leyen lobte die Ulmer bei ihrem Besuch: „Man konnte heute wirklich spüren, was es beZu deutet, im Herzen Europas ein ganz wichtiger Standort zu sein“, sagte die Verteidigungsministerin. Ulm zeichne sich durch jahrzehntelange Erfahrung und breites Fachwissen aus. „Das zahlt sich inzwischen aus“, sagte von der Leyen. Deutschland komme durch die veränderte Sicherheitslage mehr Verantwortung zu. Ein Teil dieser Verantwortung sei in Ulm erkennbar, wo neben dem EU-Hauptquartier jetzt auch das Nato-Kommando entsteht. Die Verteidigungsministerin dankte Oberbürgermeister Gunter Czisch dafür, „dass wir als Bundeswehr hier so gut bei Ihnen aufgenommen und aufgehoben sind seit vielen, vielen Jahren“.