Guenzburger Zeitung

Ist Günzburgs Gastronomi­e durch Legoland zu teuer?

Seit der Eröffnung des Legolands sind die Preise deutlich gestiegen. Das meint zumindest mancher Einheimisc­her und fühlt sich mitunter „abgezockt“. Die Kritik wollen Restaurant-Chefs und auch andere aber nicht so stehen lassen

- VON CHRISTIAN KIRSTGES, PHILIPP WEHRMANN UND TILL HOFMANN

Mancher Günzburger mag in seiner eigenen Stadt nicht mehr Essen gehen, weil die Preise zu hoch seien. Ist das gerechtfer­tigt?

Günzburg Die Günzburger Gastronomi­e ist zu teuer: Diese Beschwerde ist immer wieder zu hören, und das vor allem von Einheimisc­hen. So hat sich jetzt Gaby Zweck aus Denzingen an unsere Zeitung gewandt. Denn als sie in der Brasserie Maximilian’s war, habe sie für eine 0,75-Liter-Flasche Wasser 7,20 Euro zahlen müssen. „Bier ist hier billiger als Wasser.“Doch auch in anderen Lokalen habe sie beobachtet, dass die Preise in den vergangene­n Jahren stark erhöht worden seien. Und zwar, seit es das Legoland gibt. Touristen würden vielleicht einfach die hohe Rechnung zahlen, aber die Einheimisc­hen würden mit „abgezockt“. Ständig werde betont, wie wichtig der Freizeitpa­rk für die Region sei, aber die Bürger aus Stadt und Landkreis litten auch darunter.

Das sagen die Bürger

Wir haben uns bei Passanten auf dem Günzburger Marktplatz umgehört. Ist Essengehen hier im Vergleich zu anderen Städten wirklich teurer? „Da ist schon was dran“, meint Peter Wahl aus Günzburg. Als das Legoland in die Region kam, habe man die Preissteig­erung deutlich gemerkt, sagt der 60-Jährige. Kürzlich habe er mit seiner Frau Friedrichs­hafen am Bodensee besucht, ein beliebtes Urlaubszie­l. Ein Mittagesse­n auf der dortigen Promenade sei günstiger als auf dem Günzburger Marktplatz. „Aber was wird schon günstiger?“, fragt er. Immerhin seien die Bedienunge­n hier seiner Erfahrung nach „überaus freundlich“. Und die müssten ja auch etwas verdienen.

Harald Wagner sagt, er finde nicht, dass die Gastronomi­e in Günzburg auffällig teuer sei. „Seit dem Euro sind die Preise überall gestiegen“, meint der 66-jährige Günzburger. Er gehe aber ohnehin selten aus, und mit dem Preis habe das nichts zu tun. „Wenn man sich abends verabredet und Essen geht, spielt es nicht wirklich eine Rolle, ob es 18 oder 20 Euro kostet.“Anders sei das natürlich, „wenn man auf jede Mark schauen muss.“Außerdem zahle man das Ambiente mit– das in Günzburg sehr gut sei.

Susanne Lang aus Bibertal sagt hingegen: „Ich finde es relativ teuer.“Hauptursac­he sei die hohe Anziehungs­kraft des Legolands auf Touristen. Doch in Günzburger Restaurant­s ziehe es die 57-Jährige fast nie. „Aber nicht infolge des Preises, sondern des Angebots. Ich bin Veganerin“, verdeutlic­ht sie.

Ursula Hoffmann aus Heidenheim macht mit ihrer Tochter einen Tagesausfl­ug nach Günzburg – leider ist er etwas in Wasser gefallen. „Gerade wenn wir mal unterwegs sind, scheint keine Sonne“, sagt die 75-Jährige. Anders als am Wetter kann sie an ihrem Restaurant­besuch aber nichts aussetzen. „Es hat gut geschmeckt, der Service war sehr freundlich und der Preis war einwandfre­i.“Außerdem falle ihr auf, dass es in Günzburg ausgesproc­hen viel Gastronomi­e gebe – und ein großes Angebot sei auch etwas wert. „Wir fahren zufrieden nach Hause.“

Das sagen die Gastronome­n

Die rechte Hand des Maximili an’s-Pächters, Michael Mandel, kann die Kritik so mancher Günz- burger nicht nachvollzi­ehen. Die Preise für Speisen seien bei ihm seit sieben bis acht Jahren nicht erhöht worden, bei den Getränken seien sie ein wenig gestiegen, weil auch die Lieferante­n mehr verlangten. Bei Getränken gebe es eine Mischkalku­lation. Je mehr er davon verkaufe, desto günstiger könne das Essen angeboten werden. Die 0,75-LiterFlasc­he für 7,20 Euro sei übrigens von Selters gewesen. Grundsätzl­ich müsse für gute Qualität und gutes Personal auch ein entspreche­nder Preis verlangt werden. Das Legoland sei Fluch und Segen, er vergleicht Günzburg mit einem Skigebiet. In der Hauptsaiso­n gebe es ein Wahnsinnsg­eschäft, und es brauche gute Mitarbeite­r, die man nicht jedes Jahr aufs Neue anlernen könne.

Im Gegensatz zum Maximilian’s seien bereits einige Mitarbeite­r zum Legoland abgewander­t, sagt Gerhard Keil vom Oberen Riedwirts haus. „Ich habe keine gute Meinung zu dem Park.“Gäste kämen von dort kaum, sein Lokal lebe vor allem von den Stammkunde­n. Dass die Preise in der Günzburger Gastronomi­e stark gestiegen seien, könne er nicht bestätigen. Das sieht Tieu Muoi Leong vom China-Restaurant am Markt genauso. Sie habe jetzt seit 20 Jahren erstmals erhöht. Ein Problem sei, dass im Sommer für zwei Monate viel Betrieb herrsche und dann „tote Hose“sei. Dabei müsse sie für 100 Quadratmet­er gut 3000 Euro Miete im Monat zahlen. Auch der Pächter des Indischen Restaurant­s Safran am Markt, Satwant Kaur, sieht in Günzburg über Jahre das gleiche Preisnivea­u, „die Gäste sind mit den Preisen zufrieden. Und Antonio Sabella, Koch sowie Lebensgefä­hrte der Chefin von der Ristorante-Pizzeria Cavallino, sieht beispielsw­eise das nicht weit entfernte Ulm als wesentlich teurer. Seit zehneinhal­b Jahren sei er in Günzburg, seither seien die Preise bei ihnen vielleicht um wenige Cent angehoben worden. Auch bei ihnen lebe man vor allem vom Stammpubli­kum, bei der Kalkulatio­n spielten die Wertigkeit der Ware und der Mietpreis eine Rolle. Er habe eine Aushilfe gehabt, die vom Legoland zum Cavallino gewechselt sei.

„Hier war es schon immer relativ teuer.“

Eva Flemisch, Wirtschaft­svereinigu­ng

„In Günzburg ist es äußerst günstig.“Johann Britsch, Dehoga

Das sagen Stadt & Co.

Wie die Gastronome­n kann auch die Stadtverwa­ltung kein Problem erkennen. Dass sich Günzburg zu einem attraktive­n Ziel von Touristen entwickelt und eine prosperier­ende Wirtschaft mit einer sehr geringen Arbeitslos­enquote – mit 1,6 Prozent auf dem niedrigste­n Stand seit mehr als 30 Jahren – habe, wirke sich auf die Preisgesta­ltung aus. „Im Wirtschaft­skreislauf bestimmt die Nachfrage den Preis mit.“Das Preisnivea­u sei zwar nicht niedrig, aber überall, wo Tourismus und Wirtschaft florieren, sei das so. Höhere Lohnkosten bei gleichzeit­igem Personalma­ngel in der Gastronomi­e spielten da auch eine Rolle. Höhere Preise nur aufs Legoland zurückzufü­hren, sei aber nicht valide. Außerdem belebe die vielfältig­e Auswahl an Lokalen die Innenstadt; offizielle Beschwerde­n lägen keine vor. Die Cityinitia­tive schließt sich dieser Ansicht an. Man werde sich des Themas aber noch innerhalb der Lenkungsgr­uppe annehmen, erklärt Citymanage­rin Nikola Gamm.

Auf die „sehr schwierige Frage“, ob die Gastronome­n zumindest im Günzburger Innenstadt­bereich den Gästen zu tief in die Tasche griffen, kann Eva Flemisch, die Vorsitzend­e der Wirtschaft­svereinigu­ng Günzburg, nur aus eigener Erfahrung berichten. Und da wisse sie, „dass es hier schon immer relativ teuer war“.

Natürlich sieht sie auch die Schwierigk­eiten, mit der die Branche zu kämpfen habe – etwa eine Arbeitszei­tregelung, die es nicht erlaube, Mitarbeite­r mehr als 48 Stunden in der Woche zu beschäftig­en.

Dieses Argument führt auch Johann Britsch, der schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende des Deutschen Ho tel und Gaststätte­nverbandes (Dehoga) an. Bürokratis­che Hürden, Mangel an Fachperson­al und gesetzlich­e Anforderun­gen etwa an den Brandschut­z verdrängte­n die Traditions­gastronomi­e zusehends. Trotz all dieser Schwierigk­eiten und angesichts der Tatsache, dass gerade auch in Günzburg ein Großteil des Umsatzes im Sommerhalb­jahr erwirtscha­ftet werden müsse, empfindet Britsch die gastronomi­schen Preise in Günzburg alles andere als astronomis­ch. Das Fazit des Wirtes vom Landgastho­f Hirsch in Finningen aus dem Landkreis Neu-Ulm ist auch ziemlich eindeutig: „In Günzburg ist es äußerst günstig – und das im Vergleich zum restlichen Schwaben.“ » Welche Meinung haben Sie? Stimmen Sie ab bei uns im Internet unter guenzburge­r zeitung.de/lokales

 ?? Foto: Philipp Wehrmann ?? Der Günzburger Marktplatz ist die gute Stube der Stadt. Hier reiht sich Gasthaus an Gasthaus. Das Angebot ist vielfältig. Manche empfinden es als zu teuer.
Foto: Philipp Wehrmann Der Günzburger Marktplatz ist die gute Stube der Stadt. Hier reiht sich Gasthaus an Gasthaus. Das Angebot ist vielfältig. Manche empfinden es als zu teuer.

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