Ist Günzburgs Gastronomie durch Legoland zu teuer?
Seit der Eröffnung des Legolands sind die Preise deutlich gestiegen. Das meint zumindest mancher Einheimischer und fühlt sich mitunter „abgezockt“. Die Kritik wollen Restaurant-Chefs und auch andere aber nicht so stehen lassen
Mancher Günzburger mag in seiner eigenen Stadt nicht mehr Essen gehen, weil die Preise zu hoch seien. Ist das gerechtfertigt?
Günzburg Die Günzburger Gastronomie ist zu teuer: Diese Beschwerde ist immer wieder zu hören, und das vor allem von Einheimischen. So hat sich jetzt Gaby Zweck aus Denzingen an unsere Zeitung gewandt. Denn als sie in der Brasserie Maximilian’s war, habe sie für eine 0,75-Liter-Flasche Wasser 7,20 Euro zahlen müssen. „Bier ist hier billiger als Wasser.“Doch auch in anderen Lokalen habe sie beobachtet, dass die Preise in den vergangenen Jahren stark erhöht worden seien. Und zwar, seit es das Legoland gibt. Touristen würden vielleicht einfach die hohe Rechnung zahlen, aber die Einheimischen würden mit „abgezockt“. Ständig werde betont, wie wichtig der Freizeitpark für die Region sei, aber die Bürger aus Stadt und Landkreis litten auch darunter.
Das sagen die Bürger
Wir haben uns bei Passanten auf dem Günzburger Marktplatz umgehört. Ist Essengehen hier im Vergleich zu anderen Städten wirklich teurer? „Da ist schon was dran“, meint Peter Wahl aus Günzburg. Als das Legoland in die Region kam, habe man die Preissteigerung deutlich gemerkt, sagt der 60-Jährige. Kürzlich habe er mit seiner Frau Friedrichshafen am Bodensee besucht, ein beliebtes Urlaubsziel. Ein Mittagessen auf der dortigen Promenade sei günstiger als auf dem Günzburger Marktplatz. „Aber was wird schon günstiger?“, fragt er. Immerhin seien die Bedienungen hier seiner Erfahrung nach „überaus freundlich“. Und die müssten ja auch etwas verdienen.
Harald Wagner sagt, er finde nicht, dass die Gastronomie in Günzburg auffällig teuer sei. „Seit dem Euro sind die Preise überall gestiegen“, meint der 66-jährige Günzburger. Er gehe aber ohnehin selten aus, und mit dem Preis habe das nichts zu tun. „Wenn man sich abends verabredet und Essen geht, spielt es nicht wirklich eine Rolle, ob es 18 oder 20 Euro kostet.“Anders sei das natürlich, „wenn man auf jede Mark schauen muss.“Außerdem zahle man das Ambiente mit– das in Günzburg sehr gut sei.
Susanne Lang aus Bibertal sagt hingegen: „Ich finde es relativ teuer.“Hauptursache sei die hohe Anziehungskraft des Legolands auf Touristen. Doch in Günzburger Restaurants ziehe es die 57-Jährige fast nie. „Aber nicht infolge des Preises, sondern des Angebots. Ich bin Veganerin“, verdeutlicht sie.
Ursula Hoffmann aus Heidenheim macht mit ihrer Tochter einen Tagesausflug nach Günzburg – leider ist er etwas in Wasser gefallen. „Gerade wenn wir mal unterwegs sind, scheint keine Sonne“, sagt die 75-Jährige. Anders als am Wetter kann sie an ihrem Restaurantbesuch aber nichts aussetzen. „Es hat gut geschmeckt, der Service war sehr freundlich und der Preis war einwandfrei.“Außerdem falle ihr auf, dass es in Günzburg ausgesprochen viel Gastronomie gebe – und ein großes Angebot sei auch etwas wert. „Wir fahren zufrieden nach Hause.“
Das sagen die Gastronomen
Die rechte Hand des Maximili an’s-Pächters, Michael Mandel, kann die Kritik so mancher Günz- burger nicht nachvollziehen. Die Preise für Speisen seien bei ihm seit sieben bis acht Jahren nicht erhöht worden, bei den Getränken seien sie ein wenig gestiegen, weil auch die Lieferanten mehr verlangten. Bei Getränken gebe es eine Mischkalkulation. Je mehr er davon verkaufe, desto günstiger könne das Essen angeboten werden. Die 0,75-LiterFlasche für 7,20 Euro sei übrigens von Selters gewesen. Grundsätzlich müsse für gute Qualität und gutes Personal auch ein entsprechender Preis verlangt werden. Das Legoland sei Fluch und Segen, er vergleicht Günzburg mit einem Skigebiet. In der Hauptsaison gebe es ein Wahnsinnsgeschäft, und es brauche gute Mitarbeiter, die man nicht jedes Jahr aufs Neue anlernen könne.
Im Gegensatz zum Maximilian’s seien bereits einige Mitarbeiter zum Legoland abgewandert, sagt Gerhard Keil vom Oberen Riedwirts haus. „Ich habe keine gute Meinung zu dem Park.“Gäste kämen von dort kaum, sein Lokal lebe vor allem von den Stammkunden. Dass die Preise in der Günzburger Gastronomie stark gestiegen seien, könne er nicht bestätigen. Das sieht Tieu Muoi Leong vom China-Restaurant am Markt genauso. Sie habe jetzt seit 20 Jahren erstmals erhöht. Ein Problem sei, dass im Sommer für zwei Monate viel Betrieb herrsche und dann „tote Hose“sei. Dabei müsse sie für 100 Quadratmeter gut 3000 Euro Miete im Monat zahlen. Auch der Pächter des Indischen Restaurants Safran am Markt, Satwant Kaur, sieht in Günzburg über Jahre das gleiche Preisniveau, „die Gäste sind mit den Preisen zufrieden. Und Antonio Sabella, Koch sowie Lebensgefährte der Chefin von der Ristorante-Pizzeria Cavallino, sieht beispielsweise das nicht weit entfernte Ulm als wesentlich teurer. Seit zehneinhalb Jahren sei er in Günzburg, seither seien die Preise bei ihnen vielleicht um wenige Cent angehoben worden. Auch bei ihnen lebe man vor allem vom Stammpublikum, bei der Kalkulation spielten die Wertigkeit der Ware und der Mietpreis eine Rolle. Er habe eine Aushilfe gehabt, die vom Legoland zum Cavallino gewechselt sei.
„Hier war es schon immer relativ teuer.“
Eva Flemisch, Wirtschaftsvereinigung
„In Günzburg ist es äußerst günstig.“Johann Britsch, Dehoga
Das sagen Stadt & Co.
Wie die Gastronomen kann auch die Stadtverwaltung kein Problem erkennen. Dass sich Günzburg zu einem attraktiven Ziel von Touristen entwickelt und eine prosperierende Wirtschaft mit einer sehr geringen Arbeitslosenquote – mit 1,6 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 30 Jahren – habe, wirke sich auf die Preisgestaltung aus. „Im Wirtschaftskreislauf bestimmt die Nachfrage den Preis mit.“Das Preisniveau sei zwar nicht niedrig, aber überall, wo Tourismus und Wirtschaft florieren, sei das so. Höhere Lohnkosten bei gleichzeitigem Personalmangel in der Gastronomie spielten da auch eine Rolle. Höhere Preise nur aufs Legoland zurückzuführen, sei aber nicht valide. Außerdem belebe die vielfältige Auswahl an Lokalen die Innenstadt; offizielle Beschwerden lägen keine vor. Die Cityinitiative schließt sich dieser Ansicht an. Man werde sich des Themas aber noch innerhalb der Lenkungsgruppe annehmen, erklärt Citymanagerin Nikola Gamm.
Auf die „sehr schwierige Frage“, ob die Gastronomen zumindest im Günzburger Innenstadtbereich den Gästen zu tief in die Tasche griffen, kann Eva Flemisch, die Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Günzburg, nur aus eigener Erfahrung berichten. Und da wisse sie, „dass es hier schon immer relativ teuer war“.
Natürlich sieht sie auch die Schwierigkeiten, mit der die Branche zu kämpfen habe – etwa eine Arbeitszeitregelung, die es nicht erlaube, Mitarbeiter mehr als 48 Stunden in der Woche zu beschäftigen.
Dieses Argument führt auch Johann Britsch, der schwäbische Bezirksvorsitzende des Deutschen Ho tel und Gaststättenverbandes (Dehoga) an. Bürokratische Hürden, Mangel an Fachpersonal und gesetzliche Anforderungen etwa an den Brandschutz verdrängten die Traditionsgastronomie zusehends. Trotz all dieser Schwierigkeiten und angesichts der Tatsache, dass gerade auch in Günzburg ein Großteil des Umsatzes im Sommerhalbjahr erwirtschaftet werden müsse, empfindet Britsch die gastronomischen Preise in Günzburg alles andere als astronomisch. Das Fazit des Wirtes vom Landgasthof Hirsch in Finningen aus dem Landkreis Neu-Ulm ist auch ziemlich eindeutig: „In Günzburg ist es äußerst günstig – und das im Vergleich zum restlichen Schwaben.“ » Welche Meinung haben Sie? Stimmen Sie ab bei uns im Internet unter guenzburger zeitung.de/lokales