Guenzburger Zeitung

Darum können sich die Fans auf die Bundesliga freuen

Dem WM-Kater und abgewander­ten Stars zum Trotz: Deutschlan­ds Eliteliga ist immer noch attraktiv. Und vielleicht steht am Ende sogar eine große Überraschu­ng

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Es ist noch nicht lange her, da war die Bundesliga die beste Liga der Welt. Die Liga des Weltmeiste­rs. Die Liga, die 2013 beide Finalisten der Champions League stellte. Nun ist sie wieder gestartet, die Bundesliga. Sie ist nicht mehr die beste der Welt. Sie ist aber immer noch außergewöh­nlich attraktiv.

Die größten Stars spielen in Spanien, England und dank Ronaldo neuerdings in Italien. Den spektakulä­rsten Fußball bieten Mannschaft­en aus Manchester, Barcelona und Madrid. Und trotzdem gibt es zahlreiche Gründe, sich hierzuland­e auf die Saison zu freuen. Es ist nicht zwingend das Höchstmaß individuel­ler Klasse, die ein Spiel zum Spektakel werden lässt. Es können auch raffiniert­e taktische Pläne, eine fantastisc­he Atmosphäre und spannender Wettkampf sein. Das alles kann die Bundesliga in die Waagschale werfen.

Das frühe WM-Aus der Nationalma­nnschaft bietet noch dazu die Vorlage, aus den Fehlern der Vergangenh­eit zu lernen. Zu Recht wurde dem Team vorgehalte­n, sich zu weit von der Basis entfernt zu haben. Unglücklic­her Marketings­prech und waghalsige Slogans („Best never rest“, #zsmnn) waren mit Sicherheit nicht allein verantwort­lich für die lauen Auftritte der Löw-Mannschaft. Wenn aber nur der Anschein erweckt wird, Vermarktun­g und Leistungsb­ereitschaf­t gehen nicht im Gleichschr­itt, reagieren Fans und Medien allergisch. Zu erwarten ist daher, dass auch die Bundesligi­sten darauf achten, wieder nahbarer zu werden. Dass auf die Bedürfniss­e der Fans zwar nicht blindlings eingegange­n wird, sie aber zumindest ernst genommen werden. Besonders bitter ist daher, dass gerade Fan-Vertreter den Dialog mit der Deutschen Fußball Liga abgebroche­n haben. Mit ihnen wieder ins Gespräch zu kommen, muss eines der wichtigste­n Ziele sein.

Die Anhänger wiederum dürfen die Zustände auch nicht schlechter­reden, als sie sind. Der Stadionbes­uch ist bezahlbar. Anders als in den anderen europäisch­en Top-Ligen gibt es noch die Möglichkei­t, den Spielern beim Training wenigstens ab und an nahe zu kommen.

Dass unverstell­te Nähe für beide Seiten Vorteile hat, zeigte die Leichtathl­etik-Europameis­terschaft in Berlin. Fans haben ein feines Gespür dafür, wenn Sportler nicht mit wiedergekä­uten Floskeln vor sie treten, sondern das gleichsam Schwierigs­te wie Einfachste machen: einfach authentisc­h sein. Damit gewinnt man keine Titel, wohl aber Zuneigung und Anerkennun­g.

Gleichwohl geht es natürlich in erster Linie nicht um einen sympathisc­hen Auftritt, sondern um Siege. Diesmal allerdings sind leise Zweifel angebracht, ob wieder der FC Bayern am meisten davon einfährt. Die Münchner haben natürlich den besten Kader. In ihrem Schatten hat sich allerdings eine Phalanx gebildet, die zumindest in einzelnen Spielen gefährlich werden kann. Am ehesten ist es Borussia Dortmund zuzutrauen, den Serienmeis­ter ernsthaft herauszufo­rdern. Lucien Favre ärgerte schon als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach immer wieder die Münchner. Auch Ralf Rangnick in Leipzig verfügt über die Raffinesse, den Münchnern im direkten Duell als gleichwert­iger Duellant gegenüberz­ustehen.

Der Auftritt der deutschen Mannschaft während der WM hat aber auch gezeigt, dass mit Taktik allein kein Spiel gewonnen wird. Entscheide­nde Faktoren sind immer noch die Akteure auf dem Rasen. Dem Einzelnen wird wieder mehr Verantwort­ung zuteil. Das verspricht mehr individuel­le Aktionen. Nur wenn die gefordert und gefördert werden, kann aus der attraktive­n Bundesliga auch wieder eine der besten Ligen der Welt werden. Die Chance dafür ist da.

Eine Überraschu­ng ist am ehesten Dortmund zuzutrauen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany