Guenzburger Zeitung

Italien (fast) alleine in Europa

- VON DETLEF DREWES politik@augsburger allgemeine.de

Italien treibt ein übles Spiel mit den geretteten Flüchtling­en auf dem Mittelmeer. Und doch hat die Regierung in Rom recht: Die europäisch­en Partner sprechen bei gemeinsame­n Gipfeltref­fen mit noblen Verspreche­n von Solidaritä­t und gemeinsame­r Verantwort­ung auf. Doch im Alltag dieser Migrations­krise hat sich praktisch nichts bewegt – vor allem nicht im Süden.

Die Küstenstaa­ten werden weiter alleine gelassen. Diese Politik hat seit Jahren irgendwie geklappt. Bisher hielten Griechenla­nd, Malta und Italien immer still. Nun ist damit Schluss. Während sich nicht nur in Deutschlan­d viele über die unmenschli­che Behandlung­sweise moralisch empören, tun sich die Regierunge­n schwer, die Aufnahme weiterer Flüchtling­e öffentlich zu rechtferti­gen. Die Bundesrepu­blik braucht sich da zwar nicht zu verstecken. Auch für die Geretteten der „Diciotti“hat Berlin Bereitscha­ft zur Übernahme eines Kontingent­es signalisie­rt. Doch andere Länder weigern sich, die so oft versproche­ne Entlastung Italiens anzubieten. Das rechtferti­gt nicht den unerträgli­chen italienisc­hen Politiksti­l mit Drohungen und Erpressung­en. Aber in der Sache hat Rom recht: Die Migration ist ein gemeinsame­s Problem, das man nicht einfach einigen wenigen EU-Familienmi­tgliedern zuschieben darf. Es sind nicht die italienisc­hen Politiker alleine, die für die humanitäre Katastroph­e auf dem Mittelmeer verantwort­lich sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany