Wohin mit den Milliarden des Staats?
Überschuss von Bund und Ländern beträgt 48 Milliarden Euro
Frankfurt am Main Der deutsche Staat schwimmt im Geld: Steuern und Sozialbeiträge sprudeln dank des Daueraufschwungs kräftig. Der Überschuss von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen stieg im ersten Halbjahr auf den Rekordwert von 48,1 Milliarden Euro. Das weckt Begehrlichkeiten. Die Wirtschaft fordert Entlastungen bei Steuern und Sozialabgaben. Ökonomen mahnen zur Vorsicht, denn die Risiken für die Exportnation Deutschland sind gestiegen.
„Seit Jahren nimmt sich der Staat einen größeren Anteil der Einkommen von Bürgern und Unternehmen“, kritisiert DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Entlastungen sind sehr gut möglich und dringend nötig.“Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert weniger Unternehmenssteuern und einen schnellen Abbau des Solidaritätszuschlages. „Dass die Große Koalition Leistungsausweitungen kann, wissen wir, dass sie auch Entlastung kann, könnte sie jetzt beweisen“, sagt auch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will aber trotz steigender Ausgaben auch 2019 einen Haushalt ohne neue Schulden („schwarze Null“). Entsprechend zurückhaltend reagiert sein Ministerium auf die Forderungen. Ökonomen mahnen ebenfalls zur Vorsicht. „Das deutsche Wachstum bleibt solide, aber die globalen Risiken sind beachtlich“, sagt KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Vor allem die von den USA angeheizten Handelskonflikte bereiten Sorge. Eine Verschärfung der Streitigkeiten könnte der gesamten Weltwirtschaft schaden und das Wachstum der exportorientierten deutschen Wirtschaft dämpfen. Die Folge wären weniger Steuereinnahmen und Sozialbeiträge.
Die deutsche Exportindustrie ist sowohl mit den USA als auch China eng verwoben. „Bei dem Handelsstreit zwischen den beiden sind wir keine unbeteiligten Zuschauer, sondern mittendrin“, warnt Holger Bingmann, Präsident des Außenhandelsverbandes BGA. Hinzu kommt: Die Zinsflaute im Euroraum neigt sich dem Ende zu. Bislang profitiert vor allem Deutschland von der umstrittenen Nullzinspolitik der EZB. Der Staat kann sich so günstiger verschulden. Im zweiten Halbjahr 2019 könnte es jedoch eine erste Zinserhöhung geben.