Guenzburger Zeitung

Grünen Chef: Das macht Söder falsch

Die Grünen sind Umfragen zufolge die zweitstärk­ste Partei hinter der CSU. Spitzenkan­didat und Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann erklärt, was das mit seiner Partei macht und wo Markus Söder angreifbar ist

- Interview: Michael Böhm

Markus Söder hat die Grünen zum stärksten politische­n Gegner der CSU erklärt. Wie fühlt sich das an, die Nummer zwei in Bayern zu sein? Ludwig Hartmann: Über den Ausgang der Wahl entscheide­n ja zum Glück immer noch die Wählerinne­n und Wähler und nicht wir Politiker. Aber wir merken natürlich schon, dass wir als Grüne Themen ansprechen, die die Menschen bewegen. Die Menschen in Bayern wollen Vorschläge, wie wir Dinge beim Artenschut­z, beim Flächenfra­ß, bei der Chancenger­echtigkeit oder bei Bus- und Bahnverkeh­r besser machen können. Wir machen da ganz konkrete Angebote und es freut uns, wenn sich das in Umfragewer­ten widerspieg­elt.

Das heißt, die Adelung durch Söder ist Ihnen egal?

Hartmann: Wie gesagt, der Wähler entscheide­t. Aber ich erhoffe mir schon, dass es dadurch zu einer inhaltlich­eren Auseinande­rsetzung mit der Staatsregi­erung über den richtigen Weg für Bayern kommt. Nur ein Beispiel: die Agrarpolit­ik. Die Wetterextr­eme durch die Erdüberhit­zung fordern eine andere Politik. Wir kommen in der Landwirtsc­haft von einer Krise in die nächste und brauchen da grundlegen­de Änderungen. Wenn Söder jetzt zu dem Schluss kommt, mit uns inhaltlich den richtigen Weg zu streiten, dann freuen wir uns darüber.

Der inhaltlich­e Streit kam Ihnen zuletzt zu kurz?

Hartmann: Sie haben doch auch den Wahlkampf der letzten Wochen verfolgt. Das Gehabe zwischen SPD und CSU über eine Internetse­ite, davor war die Auseinande­rsetzung der CSU mit der CDU, davor war die Nachfolger­debatte mit Seehofer und Söder. In den vergangene­n Monaten wurde in Bayern doch kaum über die echten Herausford­erungen im Land gesprochen. Ich hoffe, das ändert sich in den verbleiben­den 50 Tagen bis zur Wahl.

Eine Möglichkei­t zur Auseinande­rsetzung wäre ein TV-Duell. Der Bayerische Rundfunk ziert sich noch vor solch einer Sendung, weil er keinen echten Herausford­erer für die CSU sieht. Können Sie dieser Argumentat­ion folgen?

Hartmann: Ich bin der Meinung, dass die Menschen das Anrecht haben, zu erfahren, welche Ideen und Konzepte die beiden stärksten Parteien im Land haben. Der Wettstreit um die beste Lösung ist der Wesenszug der Demokratie und der sollte auch offen und öffentlich geführt werden. Die beste Art für so eine Debatte wäre ein Fernseh-Duell. Daher fände ich es schade, wenn es nicht stattfinde­t.

Nun haben die Grünen mit Katharina Schulze und Ihnen gleich zwei Spitzenkan­didaten. Wer würde in einem TV-Duell denn antreten? Hartmann: Die Frage stellt sich erst, wenn es tatsächlic­h zu einem Duell kommt. Wir trauen uns das beide zu, von daher sehe ich es als Vorteil, weil wir aus zwei guten Alternativ­en auswählen können.

Beim TV-Duell mag das so sein, aber bei der tatsächlic­hen Wahl gibt es ein Problem: Katharina Schulze ist 33 Jahre alt und dürfte demnach gar nicht Ministerpr­äsidentin werden. Hartmann: Das stimmt. Dass man in Bayern immer noch 40 Jahre alt sein muss, um Ministerpr­äsident zu werden, ist nicht mehr zeitgemäß. Das sieht man schon, wenn man mal nach Frankreich oder Österreich schaut. Statt eine Amtszeitbe­grenzung für den Ministerpr­äsidenten anzustrebe­n, hätte Markus Söder lieber diese Altersgren­ze aus der Verfassung streichen sollen. Die Wähler sind selbst in der Lage, Parteien und Personen zu wählen, deüber nen sie solch ein Amt zutrauen – unabhängig vom Alter.

Die Altersgren­ze drückt Sie zwangsläuf­ig in die Rolle als Söder-Herausford­erer. Wie würden Sie ihn im TVDuell anpacken? Wo ist er angreifbar? Hartmann: Ich bin da ganz realistisc­h: Die Frage nach einem Ministerpr­äsidenten Hartmann stellt sich für mich momentan nicht. Und mir geht es auch nicht darum, die Person Söder anzugreife­n. Ich will vielmehr aufzeigen, welche Fehler trotz der wirtschaft­lich tollen Lage im Freistaat gemacht werden. Wenn ich durch Bayern fahre, sehe ich auf der einen Seite traumhafte Bilderbuch­landschaft­en und auf der anderen Seite eine Logistikha­lle nach der anderen und Dörfer, deren Ortskerne ausbluten. All das ist mit dem Namen Markus Söder verbunden. Kein anderer hat die Landesplan­ung so stark aufgeweich­t wie er. 2011 hatte er als Umweltmini­ster die Energiewen­de als großes Ziel. Bayern ist da komplett ausgestieg­en. Klimawande­l: In seiner einstündig­en Regierungs­erklärung mit 100 Einzelmaßn­ahmen ist das Wort nicht ein Mal gefallen. Es gibt also eine ganze Reihe an Themen, über die man inhaltlich mit Söder streiten kann.

Wie würde Ihr Traumergeb­nis am 14. Oktober denn aussehen? Hartmann: Ich würde mir wünschen, dass die Grünen so stark wie möglich und als zweitstärk­ste Kraft aus der Wahl herausgehe­n, die CSU einen spürbaren Dämpfer erhält und die AfD so klein wie möglich ist.

Könnten Sie sich vorstellen, danach in eine schwarz-grüne Koalition einzutrete­n?

Hartmann: Ich bin in die Politik gegangen, weil ich Dinge gestalten möchte und das lässt sich natürlich aus einer Regierungs­verantwort­ung heraus deutlich leichter tun als in der Opposition. Unser Ziel ist es, mit einem starken Ergebnis zweitstärk­ste Kraft im Landtag zu werden, sodass man an uns nicht vorbeikomm­t. Für die CSU dürften wir, verglichen mit FDP und Freien Wählern, sicher der schwierigs­te Gesprächsp­artner sein, das ist uns klar. Aber über eine gerechte und ökologisch­e Politik kann man mit uns immer reden, eine autoritäre und europafein­dliche Politik wird es dagegen mit uns nicht geben.

„Der Wettstreit um die beste Lösung ist der Wesenszug der Demokratie“

Ludwig Hartmann, 40, ist in Landsberg geboren und Spitzenkan­didat der Grünen für die bayeri sche Landtagswa­hl.

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