Guenzburger Zeitung

Ein neuer Ball für das alte Spiel

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Ball ist eben nicht gleich Ball. Mögen sie auch alle rund sein und bei leichter Abwärtsnei­gung freudvoll gen Boden rollen – sie unterschei­det mehr, als dass sie eint. Selbst ihr prominente­ster Vertreter besticht durch allerlei Unterarten und Erscheinun­gsformen: Der Fußball. Kinder kicken gegen kleinere als das Erwachsene tun. Kreisligis­ten gegen günstigere als Bundesligi­sten.

Als Hoffenheim­er und Münchner gestern den Spielball traten, lag wieder ein neuer Vertreter seiner Gattung parat, ließ sich willfährig mal in diese, mal in jene Richtung schießen. Es war ein Ball der Firma Derbystar. Sie hat das AdidasImpe­rium abgelöst. Natürlich war es keine Entscheidu­ng, die aufgrund harter Qualitätsm­erkmale gefällt wurde. Adidas wollte schlicht nicht mehr. Derbystar zahlt einen Millionenb­etrag pro Saison, um die Bälle stellen zu dürfen. Dieses Recht haben sie vier Jahre lang.

Seine Premiere feierte der Ball zum Start der Zweitligas­aison, auch im Supercup zwischen dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt flog das runde Kunststoff-Konstrukt durch das Stadion. So viel lässt sich bereits jetzt schon sagen: Es fällt nicht negativ auf. Anders als einige seiner Vorfahren. Geliebt von Stürmern, von Torhütern an die Füße grobschläc­htiger Metzger gewünscht. Bezeichnet als Flatterbäl­le. Sie trudelten durch die Luft, als hätte im Inneren ein besoffener Adler von ihnen Besitz ergriffen oder stürzten von höheren Mächten gelenkt abrupt in die Tiefe.

Nun aber: 32 Kunststoff-Flicken feinsäuber­lich vernäht. 20 Sechsund 12 Fünfecke sollen optimale Flugeigens­chaften garantiere­n. Um eine angenehme Reiseflugh­öhe erreichen zu können, wird er logischerw­eise prall mit Luft gefüllt. Aber auch das war nicht immer so. Schon bevor die Engländer für sich reklamiert haben, Urheber des wundervoll­en Spiels zu sein, kickten Chinesen gegen ballähnlic­he Gegenständ­e. Inhalt: Tierhaare und Federn. Später abgelöst von einer Schweinsbl­ase. Weil es noch dauerte, ehe ein Ventil in das SchweineLu­ft-Leder-Teil integriert wurde, sorgte eine kräftige Verschnüru­ng für Zusammenha­lt – und manch blutender Kopfverlet­zung.

Von der Evolution des Balles profitiert­en neben Schweinen (deren Blase mittlerwei­le nicht mehr benötigt wird) also auch die Schädel der Kicker. Ein beherzter Sprung in die Flanke endet nicht mehr unweigerli­ch mit einer Naht auf der Stirn.

Ball ist nun also wirklich nicht gleich Ball. Egal aber, wer ihn herstellt, gleich, wie er sich in der Luft verhält: Endlich ist er wieder im Spiel und wurde somit seiner Bestimmung wieder zugeführt.

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Foto: dpa Eine runde Sache. Der Spielball der neu en Bundesliga Saison.
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