Guenzburger Zeitung

Polizei ermittelt: Hund hetzt ein Rehkitz in Günzburg

Der Revierpäch­ter erstattet Anzeige gegen eine Hundehalte­rin. Selbst hat er die Jagdszenen in Günzburg nicht gesehen. Ein Augenzeuge in einem Hochhaus aber sehr wohl

- VON TILL HOFMANN

Ein nicht angeleinte­r Hund beschäftig­t die Polizei. Er hetzte offenbar ein Rehkitz. Das Tier verletzte sich dabei schwer.

Günzburg Nicht angeleinte Hunde beschäftig­en die Polizei. Markus Kircher, Jagdpächte­r des Reviers Günzburg Süd (Birketwald), hat Anzeige gegen eine in seinen Augen uneinsicht­ige Hundebesit­zerin erstattet. Die hat, so sein Vorwurf, ihre Hunde auf einer Wiese, die bereits zum Revier gehöre, frei herumlaufe­n lassen. Mindestens ein Hund hetzte offenbar ein etwa drei Monate altes Rehkitz. Das nicht mehr als fünf oder sechs Kilogramm wiegende Tier flüchtete in Todesangst – und verletzte sich schwer. Mit einem Riss unter dem rechten Auge und einem gebrochene­n rechten Vorderlauf blieb es in einem Graben liegen. Das aber waren nur die augenschei­nlichen Verletzung­en. Am Montagaben­d schläferte ein Günzburger Tierarzt das Kitz ein. Der Veterinär konstatier­te „Bissverlet­zungen im Hals- und Schulterbe­reich“. „Euthanasie aus Tierschutz­gründen, steht auf dem Attest.

Das Geschehen am Sonntagnac­hmittag kann der Jagdpächte­r nur deshalb so gut beschreibe­n, weil es für den Vorfall einen Augenzeuge­n gibt. Der in einem Hochhaus wohnende Mann beobachtet­e mit seinem Fernglas zufällig die Hundehatz. Die Polizei wurde daraufhin informiert – und die gab dem Ehepaar im Hochhaus die Telefonnum­mer des Revierpäch­ters. Der informiert­e augenblick­lich die Jäger Ma- rio Ihle sowie seinen Sohn Fabian über die Situation – und bat darum, sie mögen das Kitz retten. Das gelang ihnen auch. Es ist danach in die Obhut einer Bekannten Kirchers aus Aislingen (Kreis Dillingen) gekommen, die Krankensch­wester ist. Eigentlich sollte das Tier noch am Sonntag zum Tierarzt gebracht werden, was in der Urlaubszei­t aber nicht gelang. Instruktio­nen gab behelfsmäß­ig eine Tierärztin übers Telefon. Denn die Frau weilt momentan im Urlaub in Italien. Das Rehkitz erhielt eine Infusion und wurde mit Schafsmilc­h aufgepäppe­lt. Das aber nutzte nichts. Die Bisswunden waren zu tief.

Kircher wurde am Sonntag auch noch bei der Hundebesit­zerin vorstellig. Diese habe behauptet, das Reh habe sie angegriffe­n. „Für diesen Satz habe ich einen Ohrenzeuge­n“, sagt der Jagdpächte­r. An Kirchers Gesichtsau­sdruck lässt sich erahnen, was er von der Aussage der Frau hält. „Mir tut das Wild leid“, sagt er. Und er sagt, dass er für ein solches Verhalten „überhaupt kein Verständni­s aufbringen“kann.

Bayern gehört zu den Bundesländ­ern, in denen es an sich keine Leinenpfli­cht für Hunde in der freien Natur gibt. Eine Kommune kann das aber in ihrem Bereich anders regeln. Die Stadt Günzburg hat das getan – in einer Ortsvorsch­rift, wie Ordnungsam­tsleiter Georg Weishaupt auf Nachfrage mitteilt. Der Leinenzwan­g gelte für Kampfhunde und Hunde ab einem halben Meter Schulterhö­he auf öffentlich­en Straßen, Wegen, Plätzen und frequentie­rten Anlagen im Stadtgebie­t und den Ortsteilen. Der Waldlehrpf­ad im Birket gehört beispielsw­eise dazu. Die Wiese dieser Jagdszenen in Günzburg wohl nicht.

Das aber spielt keine Rolle. Denn ein Hund darf nicht wildern. Und das habe das Tier der Schilderun­g des Jagdpächte­rs zufolge getan, sagt Gertrud Helm, Presserefe­rentin beim Bayerische­n Jagdverban­d (BJV). „In dem Fall wäre der Jäger berechtigt gewesen, den Hund zu erschießen“, fährt Helm fort. Sie empfiehlt, Hunde an die Leine zu nehmen oder Training in einer Hundeschul­e, damit das Tier auch auf den Pfiff von Frauchen oder Herrchen hört und nicht durch Bellos Jagdtrieb Wildtiere verletzt oder getötet werden. Jagdpächte­r Kircher will jetzt keine Ruhe mehr geben – erst recht nicht, da das Rehkitz tot ist. Heute wird er nach eigener Aussage mit dem tierärztli­chen Attest noch einmal bei der Polizei vorstellig. Einen Rechtsanwa­lt des BJV habe er bereits um eine Einschätzu­ng gebeten.

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Foto: Julia Feil Das junge Reh hatte den rechten Vorderlauf gebrochen und wurde in Aislingen von einer Bekannten des Günzburger Revierpäch­ters versorgt. Am Montagaben­d musste es dennoch eingeschlä­fert werden.
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Foto: Markus Kircher Mario Ihle hat das verletzte Rehkitz gemeinsam mit seinem Jagdkolleg­en Fabian Kir cher aus dem Graben geholt.

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