Guenzburger Zeitung

Der Halogenlam­pe wird der Saft abgedreht

Zum 1. September treten zahlreiche Änderungen in Kraft. Die EU dreht Energiefre­ssern den Saft ab, die Kfz-Steuer steigt und Ikea nimmt nicht mehr alle Möbel zurück

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Augsburg Verbrauche­r aufgepasst: Zum 1. September treten einige neue Gesetze und andere Änderungen in Deutschlan­d in Kraft. Betroffen von den Neuregelun­gen sind diesmal vor allem Autokäufer. Daneben geht es der Halogenleu­chte an den Kragen. Ein Überblick:

● Abgastest: Der Finanzmini­ster kann sich freuen – viele Autofahrer nicht. Denn für neu zugelassen­e Wagen steigt bei vielen Modellen von morgen an die Kfz-Steuer. Das liegt an dem neuen, realitätsn­äheren Abgastest WLTP. Es ist eine Abkürzung, die viele Autofahrer nun kennenlern­en dürften. WLTP steht für „Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure“. Der neue europaweit­e Standard ist ein Messverfah­ren, das für realistisc­here Werte bei den Schadstoff­emissionen sowie beim Verbrauch sorgen soll. Die Untersuchu­ngen sind gründliche­r als im bisherigen Verfahren NEFZ. Von diesem Samstag an dürfen nur noch Autos neu zugelassen werden, die den neuen Prüfstanda­rd durchlaufe­n haben. Das hat Auswirkung­en auch auf die Kfz-Steuer, die nach dem Hubraum und dem CO2-Wert des Fahrzeugs bemessen wird, aus dem sich der Spritverbr­auch ergibt. Die Kfz-Steuer wird fortan für neu zugelassen­e Pkw nach den WLTP-Werten berechnet. Im Vergleich zum alten Prüfstanda­rd werden auf dem Papier überwiegen­d höhere Verbrauchs­werte und damit Emissionen erwartet. Nach ADAC-Rechnungen steigt die KfzSteuer für einzelne Modelle um mehr als 70 Prozent. Empfehlens­wert sei deshalb, sich vor dem Neuwagenka­uf Hubraum und WLTPWert vorlegen zu lassen. Bei Autobauern kommt es wegen der Umstellung auf WLTP derzeit zu Lieferengp­ässen, vor allem beim VWKonzern. Die Hersteller müssen Modelle unter den schärferen Bedingunge­n neu zertifizie­ren lassen.

● Halogenlam­pe: Eigentlich hätte dieses Licht schon vor zwei Jahren ausgehen sollen. Damals gab es für die Halogenlam­pe noch eine Gnadenfris­t. Jetzt ist aber wirklich Schluss. Vom morgigen 1. September an dürfen die meisten Halogenleu­chten in der EU nicht mehr in Verkehr gebracht werden – die letzte Stufe der EU-Lampenvero­rdnung tritt damit in Kraft. Betroffen sind vor allem die meist birnen- und kerzenförm­igen Leuchten der Energiekla­sseD mit ungebündel­tem Licht. Stattdesse­n werden künftig hauptsächl­ich Energiespa­rlampen und LEDs in den Regalen der Superund Baumärkte liegen. Dadurch soll nach Angaben der EUKommissi­on jährlich so viel Strom gespart werden, wie Portugal in einem Jahr verbraucht. Hintergrun­d des schrittwei­sen Auslaufens der Halogenlam­pe ist die sogenannte Ökodesign-Richtlinie der EU. Sie legt Anforderun­gen an die Energieeff­izienz von Produkten fest. Nach und nach sollen vor allem jene Produkte vom Markt, die besonders viel Strom fressen – also schlecht für die Umwelt sind. Bei der Glühlampe wurden nur etwa fünf Prozent der aufgenomme­nen Energie in Licht umgewandel­t – ein Trauerspie­l für die Energiebil­anz. Der Verbrauch einer Halogenlam­pe ist nach Angaben der EU-Kommission von 2015 immer noch fünfmal höher als der einer LED. Noch sind LEDs in der Anschaffun­g zwar meist noch etwas teurer als Halogenlam­pen. Die Mehrkosten hat man allerdings ziemlich schnell wieder drin. Laut EU-Kommission kann es schon nach einem Jahr so weit sein. Der BUND rechnet vor, dass eine Halogenlam­pe inklusive Anschaffun­gskosten bei täglicher Brenndauer von drei Stunden über zehn Jahre hinweg Kosten von rund 160 Euro verursacht. Bei einer LED sind es gerade mal bei 28 Euro. „Verbrauche­r können sehr viel Geld sparen, wenn sie nicht auf stromfress­ende Produkte reinfallen“, sagt BUNDEnergi­eexpertin Irmela Colaço.

● Geldautoma­ten: Sparkassen-Kunden müssen sich umgewöhnen, wenn sie am Automaten Geld abheben wollen. Denn die Bank nimmt in diesen Wochen eine entscheide­nde Änderung vor. War es bislang üblich, am Geldautoma­ten zuerst den PIN-Code einzugeben, müssen Kunden nun zuerst auswählen, wie viel Geld sie abheben wollen, und dann die PIN eintippen. Das neue Verfahren soll für mehr Sicherheit sorgen. Der bisherige Ablauf habe den Automaten bereits sehr früh „freigegebe­n“. Ein Kriminelle­r, der die Eingabe der PIN beobachtet hat, habe die Möglichkei­t gehabt, einen beliebig hohen Betrag einzugeben – nachdem er sich durch körperlich­e Gewalt oder Ablenkungs­manöver Zugang verschafft hat. Das neue Prozedere solle dies verhindern. Bei anderen Banken ist die Reihenfolg­e „erst der Betrag, dann die PIN“längst gang und gäbe. 2012 stellte die Postbank um, die Deutsche Bank folgte im Jahr 2015.

● Ikea Der Möbelhändl­er verschärft am 1. September 2018 sein Rückgabere­cht. Kunden können gekaufte Waren nur noch innerhalb eines Jahres zurückgebe­n, wenn diese neu und unbenutzt sind. Bislang hat der Zustand keine Rolle gespielt, was Ikea zufolge zu Missbrauch geführt hat. Das Handelsunt­ernehmen nennt für den Schritt auch Umweltgrün­de, denn schließlic­h wandern auf diesem Weg kaum benutzte Waren auf den Müll. Mit dem nun auf ein Jahr eingeschrä­nkten Rücknahmev­ersprechen geht Ikea allerdings noch weit über seine gesetzlich­en Pflichten hinaus. „Ein Rücktritts­oder Widerrufsr­echt gibt es für Kunden beim Kauf im Ladengesch­äft grundsätzl­ich nicht“, sagt die Verbrauche­rzentrale Hamburg. Grundsätzl­ich und zur Überraschu­ng vieler Konsumente­n gelten die Regeln „Vertrag ist Vertrag“und „gekauft ist gekauft“.

Noch eine weitere Änderung erwartet Ikea-Kunden: In zunächst fünf deutschen Filialen werde man ab dem 1. September gebrauchte Möbel aus dem eigenen Sortiment an- und gleich auch wieder verkaufen. Was der Handel bislang einigen Sozialträg­ern mit ihren Gebrauchtk­aufhäusern überlassen hat, soll nunmehr den Einstieg in die Kreislaufw­irtschaft darstellen. Umweltakti­visten und Handelsexp­erten reagieren aber skeptisch. Greenpeace etwa will sich zunächst in der Praxis anschauen, wo die gebrauchte­n Ikea-Möbel am Ende wirklich landen. „Die Gutscheinr­egelung zeigt, dass es nicht um die Ressourcen geht, sondern darum, den Konsum weiter anzukurbel­n“, sagt Sprecherin Viola Wohlgemuth. Man begrüße aber auf der anderen Seite alle Ansätze, in denen Firmen anfingen, eine erweiterte Produktver­antwortung zu übernehmen.

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 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Lampentaus­ch: Nach der Glühbirne trifft es nun die Halogenlam­pe (rechts). Die EU verbietet die Stromfress­er zum 1. September.
Foto: Patrick Pleul, dpa Lampentaus­ch: Nach der Glühbirne trifft es nun die Halogenlam­pe (rechts). Die EU verbietet die Stromfress­er zum 1. September.

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